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„Hatte plötzlich nichts mehr im Griff“

Der Tag danach: Betroffene haben oft gravierende Gedächtnislücken
Der Tag danach: Betroffene haben oft gravierende Gedächtnislücken ©W&W/Sams/SYMBOLBILD
K.o.-Tropfen: W&W-Redakteurin Lisa ­wurde vor Kurzem selbst zum Opfer und möchte ­andere Frauen warnen.

Man hört immer wieder davon und sie machen vielen Mädchen Angst: Die sogenannten „K.o.-Tropfen“. W&W-Redakteurin Lisa hat den Albtraum am eigenen Leib erfahren: „Ich verbrachte einen gemütlichen Abend in einer Dornbirner Bar und trank mit einer Freundin zwei Bier“, erzählt die 21-Jährige. „Plötzlich wurde mir jedoch total schwindlig und schlecht und ich weiß noch, dass meine Freundin sagte, dass wir nach Hause gehen sollen.“ An mehr kann sich die Dornbirnerin nicht mehr erinnern.

„Wurde abgeholt und ­­­nach Hause gebracht“

Am nächsten Tag wachte sie in ihrem Bett auf und fühlte sich noch immer schlecht. „Ich war extrem müde, hatte Kopfschmerzen und Bauchschmerzen. Nach Rücksprache mit meiner Freundin erfuhr ich, dass ich mich übergeben hatte und wir dann ins Taxi nach Hause eingestiegen waren. Auf halbem Weg wurde mir jedoch erneut schlecht und wir mussten aussteigen“, so Lisa. „Ich wurde dann abgeholt und nach Hause gebracht.“ Auch in den nächsten Tagen war ihr noch anzusehen, wie tief der Schock saß. „Auch wenn ich stets auf mein Glas achte, weiß ich nun: So etwas ist in Sekundenbruchteilen passiert. Man kann also nicht genug aufpassen“ erzählt die 21-Jährige. Grund genug fürs W&W-Team, dieses Thema genauer zu hinterfragen!

Vielzahl von Substanzen kommt infrage

Als „K.o.-Tropfen“ werden narkotisierend wirkende Stoffe bezeichnet, die Opfer willenlos oder gefügig machen sollen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist das aber nicht eine alleinige Substanz, es kommen sogar sehr viele Mittel infrage. Von Schlaf- und Beruhigungsmitteln über Liquid Ecstasy bis hin zu Antihistaminika, welche eigentlich gegen Allergien eingesetzt werden, kann eine Vielzahl von Substanzen benutzt werden. Diese werden unbemerkt und oft in überhöhter Menge in Getränke oder Nahrungsmittel gemischt. Wieder bei sich, können sich die Opfer oft nicht mehr an den Tathergang erinnern. Meist ist auch nicht klar, wer für die Tat infrage kommt.

Rechtzeitig Arzt aufsuchen!

Einige Substanzen lassen sich nur innerhalb von etwa sechs bis 12 Stunden im Körper nachweisen, sodass rechtzeitig ein Arzt aufgesucht werden sollte. Falls dies innerhalb der angegebenen Zeit nicht möglich ist, besteht auch die Möglichkeit, selber eine Urinprobe zu entnehmen und bis zum Arztbesuch aufzubewahren. Auch wenn dies vor Gericht unter Umständen keine juristische Beweiskraft hat, kann es dem Opfer doch zumindest persönliche Gewissheit verschaffen. Da eingenommene Stoffe außerdem Gesundheitsschäden bis hin zum Kreislaufsstillstand hervorrufen können, gilt: Bei Verdacht oder auch nur, wenn man sich nicht gut fühlt, lieber einmal zu viel zum Arzt als einmal zu wenig!

Strohhalme und Nagellack gegen K.o.-Tropfen?

In den letzten Jahren machten Berichte die Runde, laut denen die Markteinführung von Strohhalmen, Trinkgläsern oder sogar Nagellack geplant sei, an denen man das Vorhandensein von Substanzen in Drinks erkennen könne. Leider ist dies bisher nicht geschehen, es bleibt aber zu hoffen, dass sich die Forschung in den nächsten Jahren noch weiterentwickelt!

Markus Kornberger, do it yourself/taktisch klug:

„Solche Fälle kommen immer wieder vor. Deshalb: Getränke beaufsichtigen oder während eines WC-Gangs Freunde darauf achten lassen und nicht von Fremden einladen lassen – auch nicht unter einem Vorwand wie ‚ich habe ein Getränk zu viel bestellt‘. Bei Verdacht ins Spital!“

Peter Gruber, Chefinsp. des LKA:

„Wir hatten in der letzten Zeit glücklicherweise keinen Fall von einem solchen Übergriff. Die Dunkelziffer ist aber sicher hoch, da die Stoffe im Körper nicht lange nachweisbar sind. Meist erfolgt eine Anzeige im Nachhinein.“

Katharina Buhri, Amazone:

„K.o.-Tropfen sind in der Mädchenberatung der Amazone immer wieder Thema. Mädchen berichten über eigene Erfahrungen, viele haben Angst, damit in Berührung zu kommen. Es ist untragbar, dass es diese Übergriffe gibt. Initiativen wie ‚Ist Lotta da?‘ sind wichtig und schaffen Bewusstsein.“

Bist du in einer unangenehmen Situation? Frag nach Lotta!

WANN & WO und der Verein „Amazone“ haben in Zusammenarbeit mit der Polizei Vorarlberg und der WKV die Aktion „Ist Lotta da?“ ins Leben gerufen. Mädchen und Frauen, die sich aus irgendeinem Grund bedroht, belästigt oder auch nur unsicher fühlen, können sich mit dem Code „Ist Lotta da?“ in teilnehmenden Bars und Diskotheken an das Personal wenden. Wenn jemand nach „Lotta“ fragt, weiß das Barpersonal Bescheid und kann reagieren.

Wann & Wo
Wann & Wo ©Wann & Wo

Kommentar von Lisa Purin:

„Kein Verständnis für solch eine Tat”

Unserer Jugend wird immer wieder gesagt, dass es wichtig ist, beim Weggehen auf die Getränke aufzupassen. Kommt es dennoch zu einer solchen Situation, kann man nur hoffen, dass man Freunde dabei hat, die aufpassen und einen sicher nach Hause bringen. Ich habe kein Verständnis für solch eine Tat. Geschieht es aus Spaß? Langeweile? Oder ist manch einer tatsächlich so verzweifelt, dass er versucht, über diesen Weg Mädels gefügig zu machen?

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