Das Ergebnis ist keine Überraschung: Als Vertreter Wiens und der hiesigen SPÖ ist Verkehrsminister Peter Hanke angetreten, den Lobautunnel zu bauen. Er habe mehr als 20 Varianten für die Außenring-Schnellstraße prüfen lassen, am Ende sei der Tunnel als optimale Lösung herausgekommen, sagt er. Was für ein Zufall.
Für die SPÖ geht es um viel. Bei weitem nicht nur darum, ein Infrastrukturprojekt durchzuziehen, das aus ihrer Sicht zur Erhaltung des Wirtschaftsstandortes notwendig ist. Es geht ihr auch um ein sichtbares Signal gegen die Grünen.
Der Widerstand der Grünen gegen den Lobautunnel war im Jahr 2020 einer der Gründe für Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), die Regierungszusammenarbeit mit ihnen zu beenden und sich lieber den Neos zuzuwenden. Bereut haben dürfte er’s nicht. Im Gegenteil: In Teilen der Gesellschaft hat sich in Zeiten der Krisen eine Abwehrhaltung gegenüber den Grünen im Allgemeinen sowie der Umwelt- und Klimaschutzbewegung im Besondern verstärkt.
Damit arbeitet vor allem, aber nicht nur die FPÖ: Sie stellt diese Bewegungen als Feinde gewohnter Lebensweisen dar, zu denen das eigene Auto genauso zählt wie eben der Straußenbau, der erforderlich ist, um einen staufreien Individualverkehr zu ermöglichen.
Auch die ÖVP hat sich vor diesem Hintergrund demonstrativ an Klimaklebern abgearbeitet, ja, Ex-Parteichef und Kanzler Karl Nehammer hat Österreich sogar zu einem Autoland erklärt. Es war der Anfang vom Ende der schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene. Zum endgültigen Bruch ist es hier vier Jahre nach dem auf der kommunalen Ebene in Wien gekommen. Und zwar, als die damalige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) einer EU-Renaturierungsverordnung zustimmte – woraus die ÖVP eine Staatsaffäre machte.
Die SPÖ tickt in solchen Fragen nicht vollkommen anders als ÖVP und FPÖ: Sie ist ebenfalls eine Volkspartei in dem Sinne, dass sie Menschen ansprechen möchte, die der Mittelschicht angehören und für die ein eigenes Auto ganz einfach sein muss. Ihnen will sie entsprechen. Ihr Anspruch ist es nicht, für Alternativen zu werben, wie es die Grünen tun.
Für die Grünen von Leonore Gewessler ist das in machtpolitischer Hinsicht alarmierend: Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ kommt für sie grundsätzlich nicht in Frage und an einer solchen mit ihnen ist weder die ÖVP noch die SPÖ interessiert; die beiden Parteien fürchten, mit ihnen an ihrer Seite nur verlieren zu können. Dass Gewessler unter diesen Umständen noch einmal Ministerin wird, ist daher nahezu ausgeschlossen.
Umgekehrt aber steht der Lobautunnel aus ihrer Sicht für ein Hainburg 2: Aus der Protestbewegung gegen ein Donaukraftwerk bei Hainburg sind sie im Jahr 1983 entstanden. Der Lobautunnel stärkt sie in einer schwierigen Zeit für sie: Auch wenn nur eine Minderheit der Wähler wie sie gegen den Tunnel sein mag, sind sie die einzigen, die sich dieser Minderheit anbieten. Das kann sie auf Jahre hinaus tragen.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik