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Häupl steht im Weg

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Gastkommentar von Johannes Huber. So lange der Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzende im Amt ist, kann die Wiener Sozialdemokratie nicht aus ihrer Krise herauskommen.

Die Landeshauptleute von Wien, Nieder- und Oberösterreich, Michael Häupl, Erwin Pröll und Josef Pühringer, bringen es zusammen auf siebzig Amtsjahre. Das muss man sich einmal vorstellen: Als die drei anfingen, gab es in den Haushalten noch kein Internet und auf den Straßen war kaum ein Mensch mit einem Handy zu sehen. Im Falle von Pröll bildeten Tschechien und die Slowakei noch einen gemeinsamen Staat, die Tschechoslowakei. Und Österreich war von einem EU-Beitritt noch weit entfernt.

Nun ist Erfahrung zwar ein großer Wert, irgendwann aber beginnt die Zeit auch einen Landeshauptmann zu überholen. Da gibt es immer mehr, bei dem er nicht mehr mitkommt. Josef Pühringer beispielsweise erlitt im Herbst 2015 ein schlimmes Wahldebakel. Seither teilt er sich die Macht mit den Freiheitlichen. Und Umfragen zufolge könnten diese (aus heutiger Sicht) sogar selbst einmal den Landeshauptmann stellen. Das ist dramatisch für Josef Pühringer. Also hat er nun die Konsequenzen gezogen: Im Laufe des Jahres werde er zurücktreten, ließ er über die Feiertage wissen. Nachsatz: „Es braucht mich niemand aus dem Amt zu tragen.“

Bei Pröll, vor allem aber auch Häupl kann man sich da nicht so sicher sein: Wiens Landeshauptmann und Bürgermeister denkt ganz offensichtlich nicht daran, zu weichen. Dabei wäre die Notwendigkeit dafür in seinem Fall besonders groß. Aus zwei Gründen:

Erstens, die Sozialdemokratie befindet sich in der Bundeshauptstadt in einem Flügelkampf: Linke gehen gegen Rechte vor und umgekehrt. Das Gesicht der einen ist Sonja Wehsely, das der anderen Michael Ludwig. Als gäbe es kein anderes Thema, streiten sie vor allem darüber, ob man auf Dauer mit den Grünen zusammenarbeiten soll oder es nicht eher mit den Freiheitlichen versuchen sollte. Häupl steht hilflos zwischen den Fronten und versucht nun, die Sache über eine Regierungserklärung zu klären. Letztstand dabei ist jedoch, dass er die linke Wehsely rausschmeißen und den rechten Ludwig, seinen Intimfeind, in der Regierung belassen wird. Grund: Andernfalls würde es noch größere Unruhen geben. Die Entscheidung soll kommende Woche fallen. Bleibt es dabei, wäre das eine bittere Niederlage für Häupl.

Zweitens, die Sozialdemokratie entwickelt sich zumindest auf Bundesebene weiter. Siehe die Grundsatzrede von Christian Kern. Dass Häupl einer der wenigen führenden Funktionäre war, die dem Kanzler nicht vor Ort in der Welser Messehalle zuhörten, mag auf seinen derzeitigen Urlaub im salzburgischen Flachau zurückgeführt werden. Es ist jedoch bezeichnend: Mit Kerns Kurs kann er nicht viel anfangen, geht dieser doch auf Distanz zu einem starken, alles regulierenden Staat und setzt stattdessen mehr auf Privatinitiative. Das mag ein Widerspruch zur Stadt Wien bzw. Häupls Vorstellungen sein, ist sehr wahrscheinlich aber der einzige Hoffnungsschimmer für die SPÖ: Gerechtigkeit und soziale Sicherheit lassen sich auf Dauer nicht auf Pump gewährleisten; man muss vielmehr schauen, dass die Leute selbst in die Lage kommen, genug zu verdienen. Vor diesem Hintergrund orientiert sich Kern denn auch bei dem, was sein Vor-Vorgänger Alfred Gusenbauer einmal als „solidarische Hochleistungsgesellschaft“ bezeichnet hat; im Unterschied zu Häupl, der da nicht mehr mitkann oder vielleicht sogar will.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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