Wenn es gar nicht mehr anders gehe, sei die EU zwar schon dazu imstande, zu Entscheidungen zu kommen. “Aber aus rein wirtschaftlicher Sicht muss man sagen, dass dieses taktische Herumgespiele im letzten Jahr das Ganze enorm verteuert hat”, sagt Gusenbauer in einem Interview im “Standard”.
Ob die Kritiker recht behalten werden, die meinen, dass man in einem halben Jahr die gleichen Probleme haben werde, werde sich zeigen. “Das ist wie bei einer Krankheit. Je später man eingreift, umso massiver muss der Eingriff sein. Und umso unwahrscheinlicher wird es, dass die getroffenen Maßnahmen auch wirklich helfen.”
Dass Griechenland die Zinsen reduziert und die Zeitdauer der Kredite verlängert wurden und dass es eine freiwillige Beteiligung der Finanzindustrie gibt, sei ein Schritt. Es fehle aber noch ein wichtiges Element: Nämlich, wie Griechenland wieder auf Wachstumskurs kommen könne. Das sei unbeantwortet. Damit stehe und falle auch die Frage nach der politischen Akzeptanz.
Alle sitzen in einem Boot
In den Augen von Gusenbauer greifen die Maastricht-Kriterien viel zu kurz. Selbst wenn sie eingehalten worden wären, “bilden sie nicht die Gesamtheit einer Ökonomie ab.” Im übrigen sei Europa seit Beginn eine Transferunion. Der Sinn der Übung sei immer gewesen: Die Reichen zahlen mehr ein, und die Schwächeren bekommen mehr heraus; mit der Zielsetzung, dass sich der Reichtum insgesamt vermehre.
“Mag sein, dass Euro- und Schuldenkrise dazu führen, dass jetzt auch die Letzten wahrnehmen, dass wir in einem Boot sitzen”, meint Gusenbauer in dem Interview. Alle Maßnahmen, die dazu führten, dass die gesamte Eurozone stabil bleibe, seien jetzt in jedem Fall wirtschaftlich günstiger als der Zusammenbruch einzelner.