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Grünen-Schreck Rendi-Wagner

©APA/GEORG HOCHMUTH
Gastkommentar von Johannes Huber. Dürften sich die Ökos eine Parteichefin wünschen, sie müssten sich für die Sozialdemokratin entscheiden. Umso schlimmer für sie, dass sie schon vergeben ist.

Das hat den Grünen gerade noch gefehlt: Zunächst das Aufatmen darüber, das Christian Kern als SPÖ-Vorsitzender zurücktritt. Der 52-Jährige hat ihnen bei der Nationalratswahl den letzten Rest gegeben. Zu viele urbane Bobos hat er angesprochen. Doch dann folgt Kern nicht irgendein vorgestriger Genosse nach. Nein, es handelt sich ausgerechnet um die ehemalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner: Sie könnte in den Städten und vor allem auch im eher linken Wählersegment noch erfolgreicher sein als Kern. Und das ist ganz bedrohlich für die Grünen.

Zunächst jedoch eine Klarstellung, damit kein Missverständnis entsteht: Die zukünftige Entwicklung der designierten SPÖ-Chefin ist schwer abzuschätzen. Sie kann grandios scheitern, aber auch triumphieren. Eines aber ist gewiss: Könnten sich die Grünen jemanden wünschen, der das Zeug dazu hat, sie aus der Krise zu holen, sie müssten sich für den Typ Rendi-Wagner entscheiden: Diese Person verfügt über Sympathiewerte, die vielversprechend sind. Das verdeutlicht schon allein die „Heute“-Schlagzeile, dass sie den schier unerreichbaren Kanzler und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz „überholt“ habe (demnach ist sie im September relativ vielen Österreichern positiv und nur wenigen negativ aufgefallen). Die 47-jährige ist im Übrigen bekannt. Und ihre größten Kritiker aus den eigenen Reihen werfen ihr vor, dass sie eher sozialliberal sei. Das jedoch kommt dem klassischen Grünen-Wähler sehr nahe.

Womit es für die Grünen gefährlich wird: Sie haben weder auf Bundes- noch auf Wiener Ebene eine Führungspersönlichkeit für die Zukunft, die über vergleichbare Qualitäten verfügt. Werner Kogler (Bund) sowie David Ellensohn, Peter Kraus und Birgit Hebein (Wien) haben ihre jeweils eigenen Fähigkeiten, die der Partei in unterschiedlicher Art und Weise nützen. Alles in allem aber kommen sie nicht an die Sympathie-, Bekanntheits- und sonstigen Werte von Rendi-Wagner heran.

Das kann spannend werden. Man darf ja nicht vergessen, dass der Ausgang der Wiener Gemeinderatswahl 2020, aber auch der Nationalratswahl 2022 für die Grünen schon im kommenden Frühjahr ein maßgebliches Stück weit vorentschieden wird: Am 26. Mai 2019 findet die EU-Wahl statt. Das wird ein knallharter Test für die Partei: Kann sie sich überhaupt noch in einem größeren Parlament halten? Wie wird sie in der Bundeshauptstadt abschneiden? Zumindest Achtungserfolge werden überlebensnotwendig für die Eva Glawischnig- und Maria-Vassilakou-Erben.

Wobei ihr Abschneiden eben nicht nur von ihnen selbst abhängen wird: Sie werden gewissermaßen in direkter Konkurrenz zu Rendi-Wagner stehen. Auch sie braucht ein gutes Ergebnis, auch sie wird daher mit oder ohne Christian Kern als Spitzenkandidat alles tun, damit ihre Partei jubeln kann. Gelingt ihr dies, schaut’s schlecht aus für die Grünen; dann nämlich werden wieder einmal 100-prozentig zu viele ihrer Anhänger rot wählen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründen zur Politik.

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