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"Grey": E.L. James schildert Perspektive des Peitschenmannes in "Fifty Shades"

E. L. James beweist Geschäftstüchtigkeit: Mit "Grey" setzt sie noch eins drauf
E. L. James beweist Geschäftstüchtigkeit: Mit "Grey" setzt sie noch eins drauf ©AP/AP
Wer kennt die Geschichte inzwischen nicht? In der "Fifty Shades"-Trilogie schmilzt Hauptfigur Anastasia förmlich dahin, wenn ihr Liebster sie malträtiert. Jetzt hat die britische Autorin E.L. James in ihrem neuen Buch aufgeschrieben, wie der Mann mit der Peitsche sich dabei fühlt. "Grey" ist unser Buch-Tipp der Woche.
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“Dieses Buch ist den Lesern gewidmet, die darum gebeten… und gebeten … und gebeten … und gebeten haben”, steht auf einer der ersten Seiten. Und jetzt haben sie den Salat: Die Autorin E.L. James hat ihren Bestseller “Fifty Shades of Grey” noch einmal geschrieben – dieses Mal aus Sicht des dominanten Millionärs Christian Grey. Am 18. Juni kam die englische Version mit dem schlichten Titel “Grey” auf den Markt.

Was denkt der Mann mit der Peitsche?

Darin will die britische Schriftstellerin die Frage beantworten, wie er die Beziehung zu der devoten und zunächst jungfräulichen Studentin Anastasia Steele empfindet, was er dabei fühlt, wenn er ihr den Hintern versohlt. “In Christians eigenen Worten, durch seine Gedanken, Betrachtungen und Träume bietet E.L. James eine frische Perspektive auf die Liebesgeschichte, die Millionen Leser auf der ganzen Welt verzaubert hat”, heißt es im Klappentext.

“Vielschichtiger Charakter” Christian Grey

“Christian ist ein vielschichtiger Charakter, und die Leser waren schon immer fasziniert von seinen Wünschen, seinem Antrieb und seiner schwierigen Vergangenheit”, schrieb James auf Instagram, als sie ihr neues Buch ankündigte. Außerdem wisse jeder, der einmal eine Beziehung gehabt habe, dass jede Geschichte zwei Seiten hat.

Die sieht dann bei Christian Grey beispielsweise so aus: “Romantik mache ich nicht, Schätzchen”, “Ich mag meine Frauen in Röcken – ich mag sie zugänglich”, “Blümchensex? Ob ich das hinkriege?”, “Sie hat perfekte Brüste” oder: “Sie hat wahrscheinlich noch nie einen erigierten Penis gesehen.”

Wenn Christian nicht daran denkt, wann und wie er mit der süßen Anastasia den Geschlechtsakt vollziehen kann, schlägt er sich bei seiner Arbeit (er ist schließlich Multimillionär) mit Senatoren und NGOs rum – was reiche Unternehmer eben so machen. In seiner Freizeit trinkt er Bier mit seinem Bruder Elliot oder holt seine Schwester vom Flughafen ab. So weit, so banal.

Möglicherweise enttäuschend für “Fifty Shades”-Fans

Wer gehofft hatte, wirklich etwas über den Mann zu erfahren, der Anastasia in seinem Sado-Maso-Spielzimmer von Höhepunkt zu Höhepunkt befördert, der wird über weite Strecken enttäuscht. Zwar bekommt die geneigte Leserin nun mit, welche Alpträume den Millionär mit der traumatischen, von Gewalt geprägten Kindheit quälen, dass er gerne am Klavier sitzt und Bach spielt, dass seine Ex-Geliebte Elena ihm immer noch SMS schreibt, seine andere Ex-Geliebte Leila ziemlich durch den Wind ist und die Anrufe seiner Adoptivmutter ihn manchmal nerven. Bevor er zum Treffen mit Anastasia aufbricht, packt er zwei Kondome ein. Das, was die Autorin über Grey enthüllt, ist also recht dürftig.

Machte es sich E.L. James zu leicht?

Das größte Problem: Die männliche Sichtweise nimmt man dem Buch einfach nicht ab. Ganze Szenen wiederholen sich nahezu eins zu eins – nur, dass dieses Mal nicht Anastasia die ganze Zeit an Sex denkt, sondern Christian. “Ich explodiere um ihn”, sagt Anastasia über ihre Orgasmen. “Ich explodiere in ihr”, sagt Christian. “Whoa” denkt sie, “whoa” denkt er. Schneller und mit weniger Aufwand dürfte ein Schriftsteller selten ein paar hundert Seiten gefüllt haben.

Am 21. August erscheint “Grey” auf Deutsch

Mit ihren drei “Fifty Shades of Grey”-Romanen hatte James einen Megaerfolg gelandet. Die Trilogie verkaufte sich weltweit mehr als 100 Millionen Mal. Am 21. August soll nun die deutsche Version von “Grey” auf den Markt kommen. Beim Online-Händler Amazon schaffte das Buch es allein dank der Vorbestellungen bereits auf Platz eins der Bestsellerliste. Die englische Version stand dort auch auf Platz eins – in der Kategorie “zeitgenössische Liebesromane”.

“Würde ich das Buch einer Autorin kaufen, wenn ich etwas über männliche Sexualität wissen will? Schwierig!”, sagt der Soziologe Sven Lewandowski von der Uni Würzburg, der das Buch “Die Pornographie der Gesellschaft” geschrieben hat. “Es ist eine Liebes-Schmonzette mit Hardcore-Pornografie, ein typischer Frauen-Roman, wenn man das so sagen darf.”

“Was soll Christian Grey jetzt schon denken?”

Die TV-Sexexpertin Paula Lambert hatte ebenfalls im Vorfeld schon befürchtet, das Buch werde wahrscheinlich nicht funktionieren. “Was soll Christian Grey jetzt schon denken außer: ‘Diese rattige Studentin, die werde ich jetzt mal nach allen Regeln der Kunst durchrappeln’?”. Sie sollte recht behalten. “Vielleicht hat Christian Grey noch ein Hobby oder so, von dem wir bislang nichts wissen.” Hat er tatsächlich: Er baut Modellflugzeuge.

E.L. James: “Grey”, ab 21. August auf Deutsch im Goldmann Verlag, 550 Seiten, 14,99 Euro

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(apa/red)

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