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Grenzstreit: Prag will kein Schiedsrichter sein

Der tschechische EU-Ratsvorsitz hat klargestellt, dass er im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien nicht die Rolle eines Schiedsrichters spielen wird.

Die Präsidentschaft könne als “Moderator” tätig sein und Verhandlungen erleichtern, “aber die endgültige Entscheidung kann nur von den beiden Staaten getroffen werden”, sagte der tschechische Botschafter in Kroatien, Karel Kühnl, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Zagreb.

Slowenien hat vor Weihnachten ein Veto gegen zehn der 35 Kapitel in den EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien eingelegt, weil es von Zagreb vorgelegte Verhandlungsunterlagen beanstandete. Darin werde der Grenzverlauf zwischen den beiden Staaten präjudiziert, forderte Ljubljana einen Verzicht auf die Dokumente. Die beiden Staaten können sich nun aber nicht einmal darauf einigen, in welcher Form ein Treffen zur Beilegung des Disputs stattfinden soll. Der kroatische Premier Ivo Sanader will seinen slowenischen Amtskollegen Borut Pahor nur im Beisein eines EU-Vertreters treffen. In Ljubljana deutet man dies als Versuch Zagrebs, die EU-Partner zur Druckausübung auf Slowenien zu bewegen.

Der slowenische Regierungschef Borut Pahor machte am Montag in einem Gespräch mit ausländischen Journalisten in Ljubljana klar, dass sich sein Land von niemandem unter Druck setzen lasse. Zugleich warnte er die tschechische Ratspräsidentschaft vor einer Missachtung der slowenischen Position. “Es wäre eine völlig falsche Ansicht, zu denken, dass Druck auf Slowenien irgendeine gute Lösung bringen wird”, so Pahor.

Kühnl sagte, Kroatien könne die EU-Beitrittsverhandlungen noch wie geplant Ende 2009 abschließen, da das Land im vergangenen Jahr “große Fortschritte” gemacht habe. Prag sei der Meinung, dass der bilaterale Grenzkonflikt den EU-Beitritt Kroatiens nicht verzögern solle. Die slowenische Blockade “kann aber nur von diesen beiden Ländern gelöst werden”, sagte der Diplomat in Anspielung auf kroatische Hoffnungen, Brüssel würde Ljubljana zu einem Rückzieher zwingen. Zur von Sanader geforderten Teilnahme eines EU-Vertreters an einem Treffen mit Pahor meinte Kühnl, dies wäre “nur möglich, wenn beide Länder dem zustimmen”.

Die Tageszeitung “Vecernji list” berichtete indes, dass Ljubljana den EU-Beitritt Kroatiens bis zum Jahr 2015 hinauszögern wolle. Die Zeitung beruft sich dabei auf angebliche slowenische Aussagen gegenüber westlichen Diplomaten. Dabei gehe es nicht nur um den Grenzstreit, schreibt die Zeitung. Slowenien sei nämlich auch daran interessiert, möglichst lange jenes EU-Land zu bleiben, das den Balkan am besten kenne. Diesen Status würde es durch den kroatischen EU-Beitritt verlieren. Die Zeitung verweist auch darauf, dass Ljubljana einerseits Kroatien blockiere, sich aber andererseits für eine rasche Heranführung Serbiens an die EU stark mache, um in Belgrad politische Punkte zu sammeln.

Eine Gruppe bekannter slowenischer und kroatischer Historiker rief die beiden Regierungen indes auf, den Grenzstreit “so schnell wie möglich” zu lösen. In einem am Dienstag veröffentlichten Aufruf heißt es, dass Slowenien und Kroatien “traditionell freundschaftliche Länder” mit langer gemeinsamer Geschichte seien. Diese unterscheide sich von der europäischen Geschichte darin, “dass diese beiden Nationen, obwohl sie seit Jahrhunderten in unmittelbarer Nachbarschaft leben, niemals Krieg miteinander geführt haben, und sie daher ein Modell für die Zusammenarbeit von Völkern und Staaten sein sollten”. Zu den unterzeichneten Historikern zählt auch der kroatische Parlamentarier und Ex-Umweltminister Ivo Banac sowie der slowenische Ex-Kulturminister Vasko Simoniti.

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