Sebastian Lelios Remake seines chilenischen Films "Gloria" (2013) unterscheidet sich kaum vom Original, aber Julianne Moores vollendete Darbietung ist Grund genug, es sich anzuschauen. Die 58-jährige Oscar-Preisträgerin lacht, weint, singt, liebt und tanzt sich in die Herzen der Zuseher in einer Rolle wie sie Schauspielerinnen in ihren Fünfzigern in Hollywood selten bekommen. Ab Freitag im Kino.
Gloria: Kurzinhalt zum Film
Die Heldin von Umberto Tozzis Song "Gloria", so auch der Titel des Covers von Laura Branigan, das 1982 die US-Charts rockte, ist eine Frau auf der Suche nach etwas, das es vielleicht nicht mehr für sie gibt. "Gloria, don't you think you're fallin'? If everybody wants you, why isn't anybody callin'?", singt Branigan auf dem flotten Disco-Song. Ihre Version war eine vollständige Überarbeitung von Tozzis Liebesballade.
Und während der chilenische Regisseur Lelio - der inzwischen einen Oscar für "Eine fantastische Frau" gewonnen hat - das Lied von Tozzi als Hauptthema für seinen Film von 2013 verwendete, hatte die Tragikomödie den Geist von Branigans Version: ein melancholischer und hoffnungsvoller Blick auf eine geschiedene Frau im mittleren Alter, die versucht, optimistisch zu bleiben.
Vielleicht ist es also passend, dass Lelio seinem eigenen Film ein amerikanisches Update verpasst (Michael Haneke hat weniger erfolgreich etwas Ähnliches mit "Funny Games" gemacht). Die Neuauflage trägt den Originaltitel "Gloria Bell", und Julianne Moore übernimmt die Hauptrolle der Schauspielerin Paulina Garcia. Aber während das US-Cover von Tozzis Lied eine andere Bedeutung hatte, ist dieses Update eine ziemlich liebevolle Kopie von Lelios Film aus dem Jahr 2013. Wer das Original gesehen hat, dem sind die Ähnlichkeiten möglicherweise zu stark. Aber wer "Gloria" noch nie gesehen hat, für den steht die neue Fassung für sich selbst.
Als der Film in Los Angeles beginnt, ist Gloria (Julianne Moore) schon lange von ihrem Ex-Ehemann (Brad Garrett) geschieden. Sie ist jenseits der Fünfzig, lebt alleine, abgesehen von einer nervigen Katze ohne Haare, die sich immer wieder in ihre Wohnung schleicht. Im Leben ihrer erwachsenen Kinder (Michael Cera und Caren Pistorius) spielt sie längst keine Rolle mehr. Ihre Voicemail-Nachrichten beendet sie mit "Ich liebe dich!", gefolgt von einem traurigen "übrigens, hier spricht deine Mutter."
Tagsüber hat Gloria einen Versicherungsjob, aber nachts geht sie in Singleclubs und tanzt die Nacht durch. Es steckt ein Hauch von Verzweiflung darin, als stünde sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. "I think you're headed for a breakdown, so be careful not to show it." Aber ihr einsames Leben scheint der Vergangenheit anzugehören, als sie dem frisch geschiedenen Arnold (ein süß verletzlicher John Turturro) begegnet, der sein eigenes Paket von Neurosen und familiären Problemen hat. Also muss Gloria sich entscheiden, was sie wirklich will vom Leben und was sie glaubt, dass sie verdient. Es ist aufregend sie dabei zu beobachten, wie sie dem Glück hinterherjagt - auch wenn es flüchtig ist. Die begnadeten, nostalgischen Discolieder auf dem Soundtrack spiegeln sehr genau ihre Stimmungen wider, während wir von "No More Lonely Nights" zu "Love Is In The Air" und "Total Eclipse of the Heart" geführt werden.
Gloria: Die Kritik
Die großartige Julianne Moore verleiht der Rolle ein gewisses Maß an Tiefe und Menschlichkeit. Es gibt eine außergewöhnliche Szene, in der sie nach einem Rausch auf ihrem Bett liegt: nackt, flach auf dem Rücken, mit der Katze, die regungslos neben ihr sitzt. Irgendwie sammelt sie nach einer emotionalen Niederlage wieder ihre Kräfte und landet wieder auf der Tanzfläche. Und wenn am Ende der titelgebende Song zu hören ist, macht Moore diesen Solomoment berührend und bittersüß. "Wenn die Welt untergeht", sagt Gloria, "dann will ich tanzend gehen."