Glocken reisen nach Rom: Deshalb verstummen allein in Vorarlberg rund 1000 Kirchenglocken

Vorarlberg beherbergt eine beeindruckende Anzahl von etwa 1000 Glocken, die in 150 Kirchen und 400 Kapellen über das ganze Land verteilt sind. Ihre Aufgabe ist es seit jeher, Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Warum verstummen die Glocken?
Das Verstummen der Glocken beginnt üblicherweise am Gründonnerstag, nach dem Gloria der Messe vom Letzten Abendmahl, und endet in der Osternacht. Diese Praxis soll die Trauer und die Stille der Kirche über den Tod Jesu symbolisieren. In dieser Zeit, in der die Glocken schweigen, wird oft auf alternative Klangerzeuger wie Ratschen oder Klappern zurückgegriffen, um die Gläubigen zum Gebet oder zu den Gottesdiensten zu rufen.
Ratschen und Klappern als Ersatz
In der Zeit, in der die Glocken nicht läuten, kommen in vielen Gemeinden, besonders in ländlichen Gegenden Vorarlbergs, sogenannte Ratschen oder Klappern zum Einsatz. Diese traditionellen Holzinstrumente werden vor allem von Kindern bedient, die in Gruppen durch die Dörfer ziehen und zu den Gebetszeiten sowie zu den Gottesdiensten am Karfreitag und Karsamstag aufrufen. Dieser Brauch ist nicht nur in Vorarlberg, sondern in vielen Teilen der katholischen Welt verbreitet und dient als akustisches Zeichen der Trauerzeit, in der die Kirche um ihren Herrn trauert.
Die Symbolik der Stille
Das Schweigen der Glocken und das anschließende feierliche Läuten in der Osternacht symbolisieren den Übergang von Tod zu Leben, von Trauer zu Freude. Die Stille, die durch das Ausbleiben des sonst so vertrauten Glockenklangs entsteht, soll die Gläubigen zur inneren Einkehr und zum Nachdenken über das Leiden Christi anregen. Mit dem feierlichen Erklingen der Glocken in der Osternacht wird dann die Auferstehung Jesu Christi gefeiert, ein Moment großer Freude und Hoffnung für die Christenheit.

Die Wiederkehr des Klangs
Das erneute Läuten der Glocken in der Osternacht ist ein festlicher und emotionaler Moment. Es verkündet die frohe Botschaft der Auferstehung Christi und läutet das Ende der Fastenzeit ein. In Vorarlberg, wo rund 1000 Glocken in Kirchen und Kapellen existieren, wird dieser Moment besonders intensiv erlebt. Die Glocken, die über die Karwoche hinweg verstummt waren, läuten nun gemeinsam, um die Freude über die Auferstehung Jesu zu teilen.

Diese Tradition unterstreicht die Bedeutung der Glocken als Stimme der Kirche, die nicht nur zum Gebet ruft, sondern auch die wesentlichen Momente des Kirchenjahres akustisch begleitet und die Gemeinschaft der Gläubigen in Freude und Trauer vereint.

Älteste Glocke Vorarlbergs
Die Tradition des Glockenläutens in Vorarlberg reicht weit zurück. "Die iroschottischen Missionare Kolumban und Gallus brachten im Jahr 610 die älteste bekannte Glocke, die Gallusglocke, nach Vorarlberg", teilt Glockenreferent Michael Fliri mit. Heutzutage befindet sich diese historische Glocke allerdings in der Kathedrale von St. Gallen in der Schweiz.

Die Rolle der Glocken in Kriegszeiten
Traditionell werden Glocken aus Bronze gefertigt, einem Metall, das nicht nur gute klangliche Eigenschaften besitzt, sondern auch zur Herstellung von Geschützen und Kanonen verwendet wurde. Besonders im Ersten Weltkrieg mussten viele Glocken zu Rüstungszwecken abgeliefert werden, was ihre Anzahl deutlich reduzierte.

Die majestätische Glocke im Katzenturm
Die größte Glocke Vorarlbergs residiert im Feldkircher Katzenturm und zeichnet sich durch ihren mächtigen Klang aus. Die aktuelle, vierte Glocke dieses Standorts wurde in den 1850er Jahren von der Feldkircher Glockengießerei Graßmayr gegossen und wiegt etwa 7500 kg. Trotz der Erfordernis von fünf bis sechs Personen zum Läuten in vergangenen Zeiten, übernimmt heute moderne Elektronik diese Aufgabe. Diese Glocke, die zwei Weltkriege überstanden hat, wird auch heute noch zu besonderen kirchlichen Anlässen geläutet.

Neugüsse und Kuriositäten
Interessanterweise gibt es immer noch Neugüsse von Glocken, wie die Beispiele in Nüziders (2017) und Schoppernau (2019) zeigen. Ein besonderes Kuriosum stellt jedoch die Rankweiler Josefskirche dar, in deren Turm keine Glocken zu finden sind.
(VOL.AT)