Gipfelerlebnis: Mit dem Handbike auf den Berg

Die Rollstuhltouren nach Loipersdorf, das Race across America oder das Race across Australia führten ihn an die Grenzen des Menschenmöglichen. Nun legte er noch ein Schäufelchen drauf: Trotz Querschnittslähmung kämpfte er sich auf die 1.645 Meter hohe Kugel. Was sich so unglaublich anhört, ist aus einer Wette am Fußballplatz entstanden. „Wenn der SCR Altach Meister wird, erklimmen wir die Hohe Kugel”, vereinbarte Jürgen Egle im Herbst 2011 mit seinen Kameraden Sepp Ploner, Daniel Loacker und Robert Glanzer. Nach dem verkorksten Frühjahr der Fußballer legten sie die Latte dann etwas niedriger. Ein zweiter Platz, aber vor der Austria Lustenau, sollten für das besondere Bergerlebnis genügen. Nachdem sich dies sportlich erfüllte, wurde nun am 15. August das geplante Vorhaben in die Tat umgesetzt.
Mit der Kraft der Arme
Wie kommt man mit einem Rollstuhl auf die Hohe Kugel? Anfangs dachte Jürgen Egle daran, sein Gefährt mit Aufstiegshilfen zu bestücken, um der Steigung Herr zu werden. Da kam ihm der glückliche Zufall entgegen, dass sein Kollege Manny Wicher seinen Rollstuhl mit einer Mountainbike-Bereifung und Bergschaltung gerade bestückt hatte und ihm dieses gebirgstaugliche Handbike lieh. So starteten Jürgen Egle und seine Kameraden samt Freundinnen bei der Schranke in Fraxern zu einer Tour mit Seltenheitswert.
Der Handbiker kämpfte sich allein mit der Kraft aus seinen Armen auf dem Forstweg in die Höhe. „Durch die Steigung und den rutschenden Schotter spulte das Handbike trotz Mountainbikereifen mehrmals durch”, schildert Egle seine Erfahrung, im Wissen, dass er ein an Intensivität nicht zu übertreffendes Training zur damals bevorstehenden Rollsuhltour nach Loipersdorf absolvierte. Auf diese Weise ging es vorbei an der Kugelalpe bis der Weg zum Bergwanderpfad wurde und ein alleiniges Fahren mit dem Handbike nicht mehr erlaubte.
Mit letzten Kräften
Mit Seilen – zwei Mann vorne und einem hinten – wurde das Handbike gesichert und so der Aufstieg fortgesetzt. Jürgen Egle unterstützte weiterhin mit Mitkurbeln den Anstieg nach oben, bis zwei Drittel des Kugelhügels geschafft waren. Mit einer kreativen Idee ging´s dann an die letzten Meter, nämlich im Schubkarren-System. Das Gipfelkreuz als große Antriebsfeder in Sicht, lief Jürgen Egle auf seinen Händen mit letzter Kraft dem Gipfel entgegen und seine Begleiter trugen im Wechsel seine Beine wie eben beim bekannten „Schubkarrenfahren”.
„Nach dem ganzen Krafteinsatz davor, verlangte diese Aktion natürlich das Letzte von mir ab”, schildert Egle die schweißtreibenden Strapazen. Und nach einer Stunde und vierzig Minuten war es dann tatsächlich geschafft – Jürgen Egle und seine Truppe genossen Gipfelgefühle der besonderen Art. „Es war ein absolut erhebendes Gefühl, das Gipfelschnäpsle auf der Hohen Kugel und der Eintrag ins mitgebrachte Gipfelbuch”, resümiert Egle, wenngleich ich mir schon dachte: „Mei sind mir Narra.”
Groß gefeiert
Nach dem Abstieg, der gänzlich mit dem Handbike bewerkstelligt wurde und durch die potenzielle Unfallgefahr nicht weniger anspruchsvoll verlief, wurde das tolle Teamerlebnis in der Kugelalpe gebührend gefeiert. Wanderer und Bergfexe bestaunten dabei das schier Unfassbare und zollten der grandiosen Leistung Respekt.
Zur Person:
Name: Jürgen Egle
Wohnort: Altach
Geburtsjahr: 1971
Lieblingsspeise: Steak
Gehandicapt: Seit 1992 nach einem Motorradunfall
Lebensmotto: Es ist nichts so schlecht, dass es nicht auch für etwas gut ist.