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Gewalt und Gedächtnis - Erinnerungskultur in Lustenau

Dr. Wolfgang Scheffknecht: Kriegerdenkmale als Zeugnisse historischer Erinnerung erforschen.
Dr. Wolfgang Scheffknecht: Kriegerdenkmale als Zeugnisse historischer Erinnerung erforschen. ©Bernhard Tost
         Zeitpunkte der Erinnerung: Spannender Vortrag von Dr. Wolfgang Scheffknecht. Lustenau. (bet) Mit Mut und analytischer Kraft setzte sich Gemeindearchivar Dr.

Wolfgang Scheffknecht im gut besuchten Rathaussaal in Lustenau mit der “Erinnerungskultur in Lustenau in der Zeit der Extreme” auseinander. “Waren schon im mittelalterlichen Mönchstum und seiner komplexen systematisierten Form des Gedenkens an Verstorbene gewissermaßen die Urformen von “Erinnerungskultur” vorhanden, so entwickelte sie sich in den Napoleonischen Kriegen zu einer Zäsur und Umbruchsphase”, so der Referent. Eine aufschlußreiche Begebenheit erläuterte Dr. Scheffknecht und zitierte aus dem Tagebuch von Anselm Alge: “Im Jahre 1878 rückten sechs Männer aus Lustenau mit der K. und K. Armee in Bosnien-Herzegowina ein. Fünf von ihnen kamen zurück – einer verstarb – sie wurden begeistert am Bahnhof von einer Menschenmenge und einer Musikkapelle begrüßt”.

Denkmal als Erinnerung an die Helden des Krieges

Im Ersten Weltkrieg radikalisierte sich die Kriegsführung zusehends und führte zu riesigen Verlusten, auch 200 Lustenauer verloren dabei ihr Leben. Die Davongekommenen schloßen nach dem Ersten Weltkrieg einen Pakt mit den Toten und nach langen schwierigen Verhandlungen wurde 1932 das “Denkmal für die stillen Helden” zwischen Kirche und Rathaus enthüllt. In der Erwähnung ihres Namens auf Gedenktafeln und Denkmälern fanden sich erstmals einfache Soldaten wider. Der “Bürger” war “Soldat” geworden.

Glorifizierung durch die Nationalsozialisten

Für die Nationalsozialisten war die Heldenverehrung ein schon fast religiös anmutendes Ritual. Nach dem “Marsch auf die Feldherrnhalle” inszenierten die Nationalsozialisten alljährlich eine Gedächtnisfeier für ihre November-Toten. In Lustenau gedachte man den “Opfern” des Dollfuß-Putsches. Auch nach 1945 wurde in Lustenau das von den Nazis chronologisch dokumentierte “Heldenbuch” (Gefallene/Vermisste des Krieges) zehn Jahre lang weitergeführt, ehe es auf Betreiben des Gemeindesekretärs Rudolf Hagen in “Kriegsopferbuch” umbenannt und ergänzt wurde.    

Ankündigung: Enthüllung der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus: Samstag, 9. November 20.00 Uhr vor dem Rathaus (Bei Schlechtwetter finden die Ansprachen in der Kirche St. Peter und Paul statt). 

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