"Seit die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie den Zugang zu medizinischer Versorgung für obdachlose oder nichtversicherte Menschen erschweren, wird der Andrang bei uns größer und wir stoßen an unsere Grenzen", warnt Elisabeth Hammer, neunerhaus Geschäftsführerin. "Während andere niederschwellige Gesundheits- und Sozialeinrichtungen ihre Angebote in den letzten Wochen und Monaten zum Teil einschränken mussten, haben wir seit Ausbruch der Krise auf die Fortführung unseres Präsenzangebots gesetzt und unsere Arztpraxis immer offen gehalten, um die medizinische Versorgung unserer Zielgruppe in vollem Umfang sicherstellen zu können. Man kann sagen, wir sind nicht nur wichtiger Pfeiler im System, sondern de facto Teil der sozialen Infrastruktur - leider".
Fast 40 Prozent mehr Patienten
Das neunerhaus Gesundheitszentrum im 5. Wiener Gemeindebezirk ist österreichweit einzigartig und seit Jahren eine verlässliche Anlaufstelle für armutsbetroffene Menschen ohne Krankenversicherung. Allein im Jahr 2019 versorgten die neunerhaus-Ärzte und Sozialarbeiter 5.300 Menschen, davon 240 Kinder. 2020 ist pandemiebedingt auch hier alles anders, allein in der neunerhaus-Arztpraxis gab es im ersten Halbjahr einen Patienten-Anstieg von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
"Wir sehen einen großen Bedarf nach unseren medizinischen Angeboten. Derzeit behandeln wir in unserer Arztpraxis um die 40 Personen pro Tag, in der Zahnarztpraxis sind es im Durchschnitt 25. Schon seit dem Sommer arbeiten wir so viel wie sonst nur zur Grippezeit. Dabei steht die Infekt-Saison in diesem Winter erst bevor. Mittlerweile sind unsere Kapazitäten voll, es kommt vor, dass wir Menschen auf den nächsten Tag vertrösten müssen, weil Zeit und Personal nicht reichen. Das ist besonders dramatisch, wenn man bedenkt, dass viele von ihnen unversorgt auf die Straße zurückkehren", so Daniela Unterholzner, neunerhaus Geschäftsführerin.
(red)