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Genetische Ursache der "rastlosen Beine“

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Die quälenden "rastlosen Beine“ sind zumindest in ihrem genetischen Hintergrund zu einem guten Teil kein Rätsel mehr.

Einem internationalen Forscherteam mit Beteiligung der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien am AKH gelang die Klärung der genetischen Ursachen des “Restless-Legs-Syndrome“ (RLS), einer der häufigsten Ursachen für Schlaflosigkeit. Weltweit ist jeder 20. vom RLS betroffen, hieß es am Montag in einer Aussendung der Universität.

„Wir waren an der Studie beteiligt. Federführend war das Institut für Humangenetik in München. Hinzu kamen Wissenschafter aus Kanada. Wir gehen davon aus, dass damit mehr als 50 Prozent der genetischen Variationen geklärt sind, die mit dem ’Restless-Legs-Syndrom’ in Verbindung stehen. Es gibt aber sicher auch noch andere genetische Ursachen“, sagte Dr. Alexander Zimprich von der Universitätsklinik für Neurologie gegenüber der APA.

Im Rahmen einer sogenannten Genom-weiten Assoziations-Untersuchung wurden 1.500 Patienten und 2.500 gesunde Probanden auf mehrere hunderttausend Genomvarianten untersucht. Den Forschern gelang es dabei, drei Gene zu identifizieren, die zweifelsfrei an der Entstehung von RLS beteiligt sind: MEIS1, BTBD9 und LBXCOR1. Der Wiener Wissenschafter: „Dabei handelt es sich um sogenannte Homeobox-Gene, die in der Embryonalentwicklung die Ausbildung ganzer Organe oder Organsysteme steuern. MEIS1 ist zum Beispiel ein Gen, das in der Entwicklung von Armen und Beinen eine Rolle spielt und auch für den Dopaminstoffwechsel in der Substantia nigra im Gehirn wichtig ist.“

Das deutet schon mehr in Richtung „Restless-Legs-Syndrom“ hin: Störungen im Dopaminhaushalt werden damit in Verbindung gebracht. Immerhin kann diese für die Betroffenen quälende Krankheit ja mit niedrig dosiertem Dopamin behandelt werden. Charakteristisch sind unwillkürliches Beinzucken in Ruhe, speziell in der Nacht.

„Wir gehen davon aus, dass es sich nicht um schwerwiegende, sondern nur sehr geringe Veränderungen in diesen Genen handelt. Schwerwiegende Mutationen oder gar das Fehlen so eines Gens ist im Regelfall nicht mit dem Leben vereinbar. Eventuell sind es sogar nur Abweichungen in der Nähe des Gens, die wiederum eine minimale Veränderung in der produzierten Proteinmenge bewirken“, erklärte Zimprich. Es handelt sich also bloß um sogenannte Polymorphismen in Genen.

Studien wie diese wären bis vor wenigen Jahren undenkbar gewesen und sind erst durch die neuentwickelte Technologie der „DNA-Chips“ möglich geworden. Der Vorteil dieser Technologie, mit der das gesamte Genom engmaschig durchleuchtet werden kann, bringt allerdings auch ein Problem mit sich. „Wir erhalten viele Millionen Einzeldaten sogenannter Genotypen. Diese Unmenge an Daten erschwert eine sinnvolle Interpretation. Für den Forscher stellt sich die Frage: Wie setzt man die statistischen Kriterien, wonach eine Abweichung in den Patienten von den Kontrollen als statistisch bedeutsam zu bewerten ist?“ so der Wissenschafter.

Die Lösung lag in einem „adaptierten“ statistischen Analyseverfahren: In einem zweistufigen Prozess wurden zunächst 400 Patienten auf 500.000 Genabschnitte untersucht; 13 Genabschnitte erschienen bei dieser ersten Analyse verdächtig. In einem zweiten Schritt wurden ausschließlich diese 13 Abschnitte in weiteren unabhängigen Patientengruppen untersucht. Jene Genabschnitte, die in diesem zweiten Schritt nicht mehr positiv waren, konnten ausgeschlossen und die betroffenen Gene schließlich klar identifiziert werden.

Fast jeder 20. Mensch leidet weltweit unter dieser Krankheit, die eine der häufigsten Ursachen für schwere Schlafstörungen ist. Allein in Österreich gibt es fast eine halbe Million Betroffene. Die neuen Erkenntnisse – sie wurden in „Nature Genetics“ online publiziert – werden dazu verwendet werden, die genauen Mechanismen hinter dem Syndrom zu klären. Genetische Tests auf ein Risiko dafür machen laut Zimprich keinen Sinn. Jeder Mensch hat ein fünfprozentiges Risiko, die Störung zu entwickeln. Durch die entsprechenden Genvarianten steigt die Gefahr dann eventuell auf 7,5 Prozent. Es müssen also noch viele andere Faktoren für den Ausbruch der Störung verantwortlich sein.

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