Gegen das Vergessen - Gedenken in Lustenau

Lustenau. Unter der Leitung von Prof. Manfred Hagen beschäftigten sich im Geschichteunterricht und darüber hinaus mehrere Klassen der Handelsakademie und Handelsschule Lustenau mit der Zeit des Nationalsozialismus in Vorarlberg. Die Schüler besuchten Vorträge, nahmen an Diskussionen teil, empfingen Vortragende und Referenten wie Ari Rath, den früheren Herausgeber und Chefredakteur der weltberühmten Jerusalem Post, Werner Bundschuh (erinnern.at) oder Oliver Heinzle (Archiv Lustenau) und unternahmen eine Exkursion nach Hartheim bei Linz.
Die außerschulischen Aktivitäten nahmen ihren Ausgang im Rathaus Lustenau bei der Buchpräsentation von Meinrad Pichler am 15. April 2013 und fanden den Abschluss mit der Befragung von Zeitzeugen der NS Zeit. Diese Interviews führten die Schüler mit viel Einfühlungsvermögen. Sie mussten sich auf emotionale Situationen einstellen, wenn Betroffene über jene Zeit erzählten, über die sehr lange geschwiegen wurde.
Peter Niedermair, vormaliger Gründungsgeschäftsführer von erinnern.at, beteiligte sich in seiner Funktion als Mitglied des Kulturausschusses in Lustenau maßgeblich an der pädagogischen Vermittlung des Gedenkens an die Lustenauer Opfer der NS Euthanasie. Er stellte Kontakte her und organisierte den Besuch in der Gedenkstätte Hartheim in OÖ.
„Mit diesem Gedenken hier in der Marktgemeinde Lustenau haben Schüler die Möglichkeit, dieses Erinnern aktiv mitzugestalten und dabei zu erfahren, wie ihre Gemeinde mit der Zeitgeschichte umgeht, wie sozusagen Geschichte entsteht.”
Die Themen
Behandelt wurden die Themen „Nationalsozialismus in Vorarlberg”. Im Buch von Meinrad Pichler wird die Geschichte der nationalsozialistischen Herrschaft in Vorarlberg zum ersten Mal zusammenfassend dargestellt. Den Schwerpunkt bilden 43 biografische Skizzen von Menschen, die die NS-Zeit als Täter, als Opfer oder als Gegner erlebt haben.
Beim Besuch von Schloss Hartheim am 24. und 25.10.2013 und beim Referat von Werner Bundschuh am 18.12.2013 ging es um die Opfer der Euthanasie, der systematisch durchgeführten Ermordung von psychisch kranken und behinderten Menschen durch die Nationalsozialisten.
Am 9. Dezember des Vorjahres konnten die Schüler den 1925 in eine jüdische Familie hineingeborenen Ari Rath in der Schule zu begrüßen. Er erzählte aus seiner Lebensgeschichte, die er im Buch „Ari heißt Löwe” aufgeschrieben hat.
Und am 12. Dezember 2013 berichtete Oliver Heinzle über die Befragung zur NS-Zeit von Zeitzeugen seitens der Gemeinde und gab den Schülern wertvolle Informationen zur Durchführung ihrer eigenen Interviews.
Übergabe an die Gemeinde Lustenau
Zum offiziellen Abschluss und zur Präsentation der von den Schülern der 5 b erstellten Dokumentation waren in Anwesenheit von Direktor Hermann Begle Daniel Steinhofer (Gemeinderat Kultur), Helmut Gassner (Abteilungsleiter Kultur) und Oliver Heinzle Anfang April zu Gast an der Schule. Ihre Berichte, Erfahrungen und Statements fassten die Schüler in einer Mappe zusammen und übergaben sie den Vertretern der Gemeinde.
„Die Beschäftigung der Schüler mit diesen konkreten Projekten wurde durch die vorbildliche Dialogbereitschaft der Verantwortlichen in der Gemeinde möglich”, sagte Manfred Hagen. Die Errichtung der Gedenkstätte in Lustenau für die Opfer der Euthanasie sieht er als wichtigen Beitrag im Umgang mit und gegen das Vergessen der Gräueltaten während der NS Diktatur. Hagen bedankte sich bei allen für die Mitarbeit sowie für das Engagement der Referenten.
„Gut, dass solche Projekte gemacht werden, die den Jugendlichen Geschichte näher bringen. Näher auch im Sinne der Erkenntnis, dass die Ereignisse nur ein bis zwei Generationen zurückliegen”, merkte Direktor Begle an. Oliver Heinzle fand anerkennende Worte für die Durchführung der Interviews, die für ihn wertvolle Details enthalten. Daniel Steinhofer bedankte sich seinerseits bei Manfred Hagen und den Schülern: „Ihr habt das gemacht, was ich mir vorgestellt habe und die Themen mustergültig aufgegriffen, lobte Steinhofer. Weitere Programme und die Unterstützung seitens der Gemeinde sollen das Interesse erhalten und weiter wecken, sich auch künftig mit der eigenen Geschichte aktiv auseinanderzusetzen.