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Fußballschlacht

Blog von Johannes Huber zum Wiener Derby.
Blog von Johannes Huber zum Wiener Derby. ©APA/EXPA/REINHARD EISENBAUER
Gastkommentar von Johannes Huber. Gut, dass Rapid einen Sicherheitsgipfel gefordert hat. Besser wäre es, der Verein würde sich zunächst überlegen, wie er das Problem mit gewissen Anhängern löst.

Wenn eine Gruppe von 1338 Männern, Frauen und Kindern bei eisiger Kälte und auf engstem Raum einfach bis zu sieben Stunden lang festgehalten wird, dann kann man natürlich nicht behaupten, dass die Polizei, die dafür gesorgt hat, „recht- und verhältnismäßig“, ja sogar „umsichtig“ agiert habe, wie es der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Werner Herbert getan hat. Das richtet sich von selbst: Die unsägliche Aktion am Rande des Wiener Derbys traf am vergangenen Wochenende wohl überwiegend Unschuldige. Also liegt schon von daher keine Verhältnismäßigkeit vor.

Auf der anderen Seite ist es aber halt auch so, dass sich einiges aufgestaut hatte, was einer mutmaßlichen Minderheit dieser Eineinhalbtausend anzulasten ist: Auf dem Marsch zur Generali-Arena kam es laut Polizeiprotokoll schon auf der Laaer-Berg-Straße „zu massiver Verwendung pyrotechnischer Gegenstände sowie dem Bewurf angrenzender Häuser, Fenster, Geschäftslokale und unbeteiligter Zivilpersonen“. Dann wurden eben Autos auf der Südostautobahn mit Schneebällen und anderen Dingen beschossen. Und bei den Kontrollen seien schließlich „zahlreiche verbotene Gegenstände“ sichergestellt worden, wie die Exekutive berichtet: „Unter anderem eine Rauchgranate polnischen Fabrikats, die grundsätzlich nur für militärische Zwecke verwendet wird und laut österreichischem Recht als Sprengmittel eingestuft ist“.

All das rechtfertigt die Einkesselung der 1338 Rapid-Fans wie gesagt nicht. Wenn Vereinspräsident Michael Krammer nun jedoch zur Deeskalation schreiten möchte, dann wäre es besser, er würde zunächst mit sich und den Seinen über Konsequenzen im eigenen Einflussbereich reden, ehe er zu einem „Sicherheits-Gipfel“ mit der Exekutive schreitet. Das wäre ein vertrauensbildender und vor allem auch überfälliger Schritt.

Die Liste der unerträglichen Zwischenfälle ist zu lang. Eine Auswahl aus der jüngeren Vergangenheit: Am 16. September stürmten Rapid-Anhänger nach dem Derby mit der Austria auf den Platz, und auch vor dem Stadion gab es Ausschreitungen. Zwei Beamte wurden laut Polizei schwer verletzt. Am 4. Februar wurden mehrfach Gegenstände aufs Spielfeld geworfen, Austria-Spieler Raphael Holzhauser trug eine blutige Wunde davon. Am 13. August 2017 musste eine Partie gegen die Admira unterbrochen werden. Und so weiter und so fort. 2013 wurde es nach einem Testspiel gegen Nürnberg so brutal, dass die Polizei eine „noch nicht da gewesene Aggressions- und Gewaltbereitschaft“ ortete. Oder die Ausschreitungen auf dem Westbahnhof im Mai 2009; sie endeten später mit 75 rechtkräftigen Verurteilungen wegen Landfriedensbuchs und sonstiger Delikte.

Selbstverständlich gehören zu Auseinandersetzungen immer zwei Seiten dazu. Und selbstverständlich hat jeder größere Fußballklub nicht nur friedfertige, sondern auch gewaltbereite Anhänger. Das ist leider so. Grün-Weiß hat diesbezüglich jedoch ein besonderes Problem.

Umso besser, wenn Präsident Krammer nun aber „Lehren für die Zukunft“ ziehen möchte. Platzverbote und andere Maßnahmen sind bisher ganz offensichtlich nicht ausreichend gewesen. Es gibt noch immer Schwierigkeiten mit zu vielen Leuten, die Fußball mit einer Schlacht verwechseln. Und die damit den gesamten Sport zerstören. Viele Familien trauen sich jedenfalls nicht mehr ins Stadion. Und auch für Sponsoren muss jegliche Unterstützung unter diesen Umständen den Reiz verlieren.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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