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Zur erweiterten Fußgängerzone in Bregenz gibt es unterschiedliche Meinungen - und zwei Petitionen.
Zur erweiterten Fußgängerzone in Bregenz gibt es unterschiedliche Meinungen - und zwei Petitionen. ©VOL.AT/Mayer, Canva

Fußgängerzone Bregenz: Zwei Petitionen - zwei Seiten

Rund um die erweiterte Fußgängerzone in Bregenz scheiden sich die Geister. Mittlerweile gibt es zwei Petitionen – eine dafür und eine dagegen.
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Ende Juni wurde die erweiterte Fußgängerzone in Bregenz eröffnet. Während viele sie begrüßen, gibt es auch einige Kritiker. Zwei Petitionen – dafür und dagegen – liegen in Geschäften in der Bregenzer Innenstadt auf.

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Petition für Begegnungszone

Seit Mitte August liegt eine Petition gegen die erweiterte Fußgängerzone vor. Geschäftsleute und Anrainer kritisieren, dass die Zu- und Abfahrt über die Römerstraße und Kirchstraße nicht mehr erlaubt ist. Sie fordert die sofortige Rückführung der Fußgängerzone zur Begegnungszone in der Römerstraße-Kirchstraße und Rathausstraße-Schulgasse und Maurachgasse.

Die Fußgängerzone soll teilweise wieder zur Begegnungszone werden. ©VOL.AT/Mayer

Zufahrt für Oberstädtler erschwert

Die rund 800 Bewohner der Oberstadt und umliegender Gebiete seien nun quasi von der Zufahrt in die Stadt abgeschnitten. Einer von ihnen ist Günther Vogel. Die sichere Zufahrt durch die Zone werde nun "verweigert". Der längere Umweg über die engen Gassen sei als Umfahrung nicht zumutbar. "Die Kolumbanstraße weist in einem mehr als 20 Meter langen Bereich eine Breite von nur 2,60 Metern auf, es ist unmöglich für zwei Fahrzeuge aneinander vorbeizukommen", verdeutlicht er. Immer wieder komme es hier zu gefährlichen Situationen. "Wir sind nicht gegen die Fußgängerzone", so Vogel. Diese sei im Grund genommen ein Gewinn für Bregenz. Man wünsche sich nur eine flexiblere Gestaltung. "Das Problem ist, dass die Stadt es verabsäumt hat, ein verkehrstechnisches Gutachten zu machen", meint Vogel. Die Bregenzer seien in die Planung der Fußgängerzone nicht einbezogen worden.

Bei dieser Kreuzung kommt es nun zu gefährlichen Situationen. ©VOL.AT/Mayer

Kundenparkplätze gehen verloren

Werner Braun von der Stadtapotheke ist Mitinitiator der Petition. Die Grundversorgung mit Arzneimitteln sei ohne uneingeschränkte Zufahrt zu den beiden Apotheken nicht gewährleistet. Auch Arzt- und Physiotherapiepraxen müssten für nicht geh-fähige Patienten mit dem Auto erreichbar sein. Ein weiterer Kritikpunkt sind die nicht mehr zugänglichen rund 100 Privatparkplätze. Für vier Innenhöfe gebe es Einschränkungen, die Parkplätze seien nur schwer zugänglich für Betriebe. Da die erforderliche Zufahrtsbewilligung nur für gewisse Fahrzeuge gelte, seien Kundenparkplätze und Hotelparkplätze nun wertlos. "Macht man eine so große Fußgängerzone wie jetzt, ist es einfach unmöglich, die Betriebe aufrechtzuerhalten", so Braun.

Die Petition liegt in Geschäften - unter anderem in der Stadtapotheke - auf. ©VOL.AT/Mayer

"Nicht fertig zu Ende gedacht"

Auch Marco David von "David Uhren Schmuck" unterstützt die Petition. Sein Betrieb liegt nun mitten in der erweiterten Fußgängerzone. Das habe auch Nachteile, es gebe einige Probleme. Das Hauptproblem seien die Ausnahmen. "In dieser Fußgängerzone werden immer Autos fahren", erklärt David. Durch den Wegfall der Parkplätze müsse eine beeinträchtigte Person, wenn sie einkaufen komme, weiter entfernt parken oder ein Taxi nehmen. "Ich glaube, man hat es einfach nicht fertig zu Ende gedacht", meint er. Eine Begegnungszone würde seiner Meinung nach ausreichen, wäre "das Ideale". Die Petition zählt schon mehr als Tausend Unterstützer und soll noch bis Oktober weiterlaufen.

Petition für Fußgängerzone

Neu ist seit vergangener Woche eine zweite Petition: Diese setzt sich für die erweiterte Fußgängerzone ein. Nun könne man ungestört durch die Stadt flanieren und den öffentlichen Raum genießen, so die Begründer. "Ich bin ganz klar nur für die Fußgängerzone", erklärt Mitinitiatorin Lydia Vukojevic von "Linea Uno". "Fußgänger sollen flanieren können, sich austoben auf der Straße. Da brauchen wir keine Autos." Autos hätten in einer Fußgängerzone nichts verloren. Es kämen schon jetzt "merklich viel mehr Leute" in die Innenstadtgeschäfte, auch Touristen.

Die Petition liegt in mehreren Geschäften auf. ©VOL.AT/Mayer

Radfahrer als Verbesserungspunkt

Die Petiton soll zeigen, dass nicht alle gegen die erweiterte Fußgängerzone sind. "Es muss jedes Geschäft für sich wissen. Jeder holt seinen Vorteil raus", meint Vukojevic gegenüber VOL.AT. Die Fußgängerzone soll so bleiben, wie sie jetzt ist, ein Verbesserungspunkt wäre lediglich das Thema Radfahrer: "Die Radfahrer schießen zurzeit schon brutal die Straße runter", so die Händlerin. So komme es auch immer wieder zu Unfällen.

Lydia Vukojevic mit Zetteln voller Unterschriften. ©VOL.AT/Mayer

Verständnis für Gegenseite

Zahlreiche Geschäfte unterstützen die Petition und zeigen, dass sie hinter der Fußgängerzone stehen. So etwa Präg, Petrus oder Buongustaio. Die Petition werde sehr positiv angenommen, bereits am ersten Tag gab es zwei volle Zettel mit Unterschriften. Vukojevic zeigt aber auch Verständnis für die Gegenseite. "Ich kann jeden einzelnen verstehen", meint sie im Gespräch mit VOL.AT. Die Lieferantenzufahrt funktioniere schließlich auch in der Kaiserstraße bis 10 Uhr. "In anderen Städten funktioniert das wunderbar", gibt sie zu verstehen. Es brauche eine Eingewöhnung, vielleicht auch eine bessere Lösung für die Anlieferung.

Auch Barbara von "fesch LIVIN'" unterstützt die Petition. ©VOL.AT/Mayer

Aktiv in der Stadt unterwegs

Eine weitere Unterstützerin der Petition ist Barbara Moser-Hehle von "fesch LIVIN'" in der Kirchstraße. "Ich bin grundsätzlich für mehr soziale Aktivitäten im innerstädtischen Bereich", erklärt sie. Es brauche mehr Zonen in der Stadt, um sich frei zu bewegen. Dass es Gegner gebe, sei schade. "Mir gefällt es gut, dass die Leute flanieren können", meint sie. Durch die erweiterte Fußgängerzone sei man aktiv in der Stadt unterwegs, statt nur hineinzufahren und eine schnelle Besorgung zu machen.

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So reagiert Michael Ritsch

Die Petitionen machen Druck vonseiten der Bürger und Geschäftsbetreiber. Auch für Bürgermeister Michael Ritsch scheint nun klar zu sein, dass es rund um die erweiterte Fußgängerzone eines Umdenkens bedarf. Dass es eine Pro- und eine Kontra-Petition gebe, zeige, dass es zum Thema eben mehr Meinungen als nur die gegen die Fußgängerzone gebe, so Ritsch in einer schriftlichen Stellungnahme. "Eine große Mehrheit der Menschen in Bregenz ist für die Fußgängerzone", meint er. Das zeige sich tagtäglich in Gesprächen mit Bürgern.

"Auch wenn ich eine sehr klare Haltung zum Thema Fußgängerzone habe, so ist es trotzdem meine Aufgabe Bürgermeister für alle BregenzerInnen zu sein, auch für jene, die mich nicht gewählt haben oder meine Ansichten zu bestimmten Themen nicht teilen", so Ritsch. Er nehme daher die Anliegen der Petitionen sehr ernst.

Michael Ritsch bei Vorarlberg Live. ©Vorarlberg LIVE

"Mutige Entscheidungen der Politik"

In Bezug auf die Kritik erklärt Ritsch, Bürgerbeteiligung sei ein wichtiges demokratisches Instrument, das regelmäßig in Bregenz zur Anwendung komme. "Es braucht aber manchmal eben auch mutige Entscheidungen der Politik", verdeutlicht er. Er stehe hinter seiner Entscheidung zur erweiterten Fußgängerzone. "Mir war im Vorfeld dieser Entscheidung durchaus bewusst, dass sie nicht bei allen Menschen auf uneingeschränkte Gegenliebe stoßen wird", so Ritsch. Man müsse auch Entscheidungen treffen, die nicht allen gleich gut gefallen, aber einen großen Mehrwert hätten. Immerhin erwarte man sich eine "mutige und zukunftsorientierte Politik" und nicht "eine, die nur vom Schielen auf die nächsten Wahlen und vom vermeintlich widerstandslosesten Weg geprägt ist".

Stadt reagiert auf Kritik

Die Stadt reagiert auf die Kritik der Petitionen. So wird es mehrere Befragungen geben. "Zum einen wird die Landeshauptstadt Bregenz eine Bürgerumfrage in der Innenstadt abhalten, zum anderen wird das Bregenzer Stadtmarketing gemeinsam mit der WIGEM sich die Meinung der Bregenzer Unternehmer einholen", erklärt der Bürgermeister auf VOL.AT-Anfrage. So soll ein repräsentativeres und realistischeres Stimmungsbild zur Erweiterung der Fußgängerzone eingeholt werden. Nach Schulbeginn soll es zudem eine Verkehrserhebung mehrerer neuralgischer Punkte geben. "Die Fußgängerzone besteht nun gerade einmal seit zwei Monaten. Für eine realistische Einschätzung benötigt es aber sicher noch mehr Zeit", verdeutlicht Ritsch.

(VOL.AT)

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