Fußach vor der Wahl: Politische Auseinandersetzungen und juristische Spannungen
Die Gemeinde Fußach kommt nicht zur Ruhe: Nach einer Finanzaffäre und dem überraschenden Rücktritt des Bürgermeisters im vergangenen Jahr – der aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen und nicht aufgrund des Skandals erfolgte – sorgt eine Entscheidung der Gemeindevertretung für neue Diskussionen. Konkret geht es um den Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegenüber der Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal. Der Beschluss hat Fragen zur möglichen Befangenheit eines Gemeindevertreters aufgeworfen – VOL.AT berichtete.
Bürgermeister Fitz stellt sich vor seinen Gemeindevertreter
Über den besagten Beschluss wurde in der vorletzten Gemeindevertretungssitzung Mitte Dezember 2024 abgestimmt. Ein Mitstimmender, Gerald Mathis (Zukunft Fußach), ist im Gemeindevorstand als auch im Aufsichtsrat der Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal. Das wurde von Kritikern als möglicher Interessenkonflikt gesehen. Bürgermeister Thomas Fitz (ebenfalls Zukunft Fußach, die aus der Liste "Gemeinsam für Fußach - Fußacher Volkspartei und Unabhängige" entstanden und 2020 erstmals bei den GV-Wahlen angetreten ist) verteidigte Mathis gegenüber VOL.AT und erklärte, dass keine Befangenheit vorgelegen habe.

Zudem hätte jeder Gemeindevertreter einen Antrag auf Befangenheit stellen können – was nicht geschehen sei. Dies hätte wahrscheinlich keinen Einfluss gehabt - schließlich hat die regierende Fraktion mit 15 Mitgliedern die absolute Mehrheit. Selbst wenn Mathis befangen gewesen wäre, wäre der Beschluss dennoch gültig, argumentiert Fitz.
Die Debatte ist emotional und kontrovers
Erst kürzlich ging auch eine Ferienhüttenbesitzerin, wie die VN berichteten, mit dem Bürgermeister Thomas Fitz schwer ins Gericht. Der Pachtvertrag am Rohrspitz wurde von der Gemeinden nicht mehr verlängert. Der Bürgermeister argumentiert das mit der Versäumnis früherer politischen Verantwortlichen. Mit nur 350 Meter Seezugang in Fußach könne keine Fläche an Private verpachtet werden, ist das Argument des Gemeindechefs.
Angst vor Klagen? Bürgermeister weist Vorwürfe entschieden zurück
Die politische Lage in Fußach bleibt angespannt: Gegenüber VOL.AT wollen sich Befragte meist nur anonym äußern und schon gar nicht vor der Kamera. Diesen Eindruck bestätigt auch VOL.AT-Reporterin Mirjam Mayer, die am Freitag in Fußach das Gespräch mit den Menschen gesucht hat.
Mirjam Mayer in Fußach -->> Stimmungsbild aus Fußach
Jürgen Giselbrecht, Spitzenkandidat der Bürgerliste Fußach und Freiheitliche (BLF), äußert die Sorge, dass rechtliche Schritte eine abschreckende Wirkung auf politische Auseinandersetzungen haben könnten. „Es entsteht der Eindruck, dass in bestimmten Fällen rasch mit Klagsandrohungen reagiert wird“, sagte Giselbrecht im Gespräch mit VOL.AT. Ihm zufolge hätten mehrere Personen in der Vergangenheit Schreiben von Anwälten erhalten.
Bürgermeister Thomas Fitz (Zukunft Fußach) weist diese Darstellung entschieden zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme an VOL.AT betont er, dass es keinerlei Klagen in der Gemeindevertretung gegeben habe.
„Es gab und gibt in der Fußacher Gemeindevertretung keine Klagen. Das unterstreiche ich mit aller Klarheit und Vehemenz.“ (Bgm. Thomas Fitz)
Er kritisiert, dass solche Behauptungen „zwei Tage vor einer Wahl ohne jede Grundlage“ in die Öffentlichkeit gebracht würden und betont, dass er und seine Liste einen „anderen politischen Stil“ pflegten.
Laut Fitz habe es in drei Fällen außergerichtliche Einigungen gegeben, in denen Personen Widerrufs- und Unterlassungserklärungen abgegeben hätten.
- „Die drei Kolleg:innen haben bestätigt und sich entschuldigt, Grenzen (auch rechtliche) überschritten zu haben“, erklärt Fitz.
Er führt weiter aus, dass sich alle Beteiligten in diesen Fällen außergerichtlich geeinigt hätten. In manchen Fällen sei dabei auch eine Spende an eine wohltätige Organisation als Zeichen der Wiedergutmachung geleistet worden.
Auch zur generellen politischen Kultur in der Gemeinde nimmt Fitz Stellung. Er betont, dass in den Sitzungen „alle Kolleg:innen gehört und ihnen Raum für ihre Meinungen gegeben“ werde. Er verweist darauf, dass dies nicht nur durch seine Sitzungsleitung, sondern auch durch das Gemeindegesetz sichergestellt sei.
- „Ich hoffe dringend auf einen menschlichen Umgang – heute und zukünftig – bei uns in Fußach und allgemein in der Politik. Dafür trete ich an und mache mich stark.“

Auch VOL.AT mit Aufforderungsschreiben konfrontiert
Parallel zur politischen Debatte ging auch eine rechtliche Auseinandersetzung weiter, die nicht nur Einzelpersonen betrifft, sondern auch VOL.AT. Wie aus einem Anwaltsschreiben hervorgeht, das VOL.AT vorliegt, fordern die Rechtsvertreter von Bürgermeister Thomas Fitz und Gemeindevorstand Gerald Mathis die Löschung bestimmter Online-Kommentare sowie die Herausgabe personenbezogener Daten der betreffenden User:innen.
In dem Schreiben, das sich auf Beiträge im VOL.AT-Forum und auf buergerforum.vol.at bezieht, argumentiert der Anwalt, dass einige Postings als ehrverletzend oder rufschädigend einzustufen seien. Dabei werden unter anderem Postings genannt, in denen Kritiker Begriffe wie „Scheinbürgermeister“ oder „Bauernfängerei“ verwendet haben sollen. Der Anwalt sieht darin eine mögliche Verletzung von § 1330 ABGB (Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung) sowie § 111 StGB (Üble Nachrede).
„Voraussetzung für diesen Auskunftsanspruch ist lediglich, dass aufgrund einer groben Prüfung der geltend gemachten Verletzungen eine Verurteilung etwa nach § 1330 ABGB nicht gänzlich auszuschließen ist, was wohl nicht ernsthaft bestritten werden kann“, heißt es in dem Schreiben.
Die Anwaltskanzlei setzte VOL.AT eine Frist zur Löschung der Beiträge und Herausgabe der User-Daten bis zum 13. März um 16:00 Uhr. VOL.AT kam der Aufforderung, die am 12. März 2025 um 18:34 Uhr zugestellt wurde, nach und entfernte die betreffenden Beiträge. Die Userdaten wurden im Rahmen der rechtlichen Prüfung übermittelt.

"Habe Missstände mitbekommen"
Giselbrecht ist Spitzenkandidat der Bürgerliste Fussach und Freiheitliche (BLF). Es haben sich mehrere ehemalige Mitglieder von Fraktionen und neue Politiker für die Wahl am Sonntag neu zusammengetan. "Ich bin schon länger Gemeindevertreter und habe die Missstände die letzten Jahre mitbekommen. Und wenn du was ändern willst, dann musst du etwas tun", erklärt er, warum er sich trotz seines neu eröffneten Fahrradgeschäfts für die Kandidatur motivieren ließ.

Er erwähnt - aus seiner Sicht - weitere Missstände, wie etwa die Reaktivierung des Flusses Fußach. "Ich glaube, dass zu vielen Teilen bei gewissen Projekten persönliche Befindlichkeiten dahinter stecken", erklärt er. Zudem spricht er die schlechte Platzierung beim Ranking der unfreundlichsten Gemeindeämter an. Auch habe Fußach die vergangenen Jahre viel Geld verbraucht. Dies fehle nun bei anstehenden Projekten.
Giselbrecht: "Ich möchte, dass sich die Leute wieder wohlfühlen"
Giselbrecht setzt sich zum Ziel, dass die Gemeinde wieder etwas mehr zur Ruhe kommt. Er möchte eine Alternative zur bisherigen Fußacher Gemeindepolitik bieten. Dabei setzt er sich zum Ziel, nicht mehr im "Kämmerlein" etwas auszuhandeln. "Ich bin hier groß geworden und aufgewachsen und wohne hier gerne. Ich möchte, dass es wieder eine Wohngemeinde ist, dass sich die Leute wohl fühlen und alles passt." Und wenn man auf die Ergebnisse der letzten Wahlen blickt, kann er sich gemeinsam mit den Freiheitlichen durchaus gute Chancen ausrechnen, denn die FPÖ konnte die ÖVP sowohl bei den Vorarlberger Landtagswahlen als auch bei der Nationalratswahl vom Thron stoßen.
Fitz und Giselbrecht kommen ins VOL.AT-Wahlstudio
VOL.AT darf am Wahl-Sonntag im Rahmen einer siebenstündigen Sondersendung auch Bürgermeister Thomas Fitz und Jürgen Giselbrecht live im Studio begrüßen. (VOL.AT)
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