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Für Ludwig wird's kritisch

©APA/GEORG HOCHMUTH
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Wiener Gemeinderatswahl im kommenden Jahr steht im Zeichen eines allgemeinen Rechtsrucks und voraussichtlich einer türkis-rot-pinken Koalition, die sich unbeliebt machen muss.

Spekulationen über eine Vorverlegung der Wiener Gemeinderatswahl vom Herbst aufs Frühjahr des kommenden Jahres haben mit einer wachsenden Nervosität unter sozialdemokratischen Funktionärinnen und Funktionären zu tun: Von Urnengang zu Urnengang scheinen Freiheitliche immer stärker zuzulegen. In der Steiermark haben sie ihren Stimmenanteil zuletzt verdoppelt und sind auf 35 Prozent gekommen. Künftig werden sie den Landeshauptmann stellen, während Genossinnen und Genossen auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen.

Von einem solchen Schicksal mögen sie unter Führung von Bürgermeister Michael Ludwig in Wien weit entfernt sein. Der allgemeine Rechtsruck, der in den Städten weniger stark ausfällt als auf dem Land, ist aber auch für sie ernst zu nehmen. Mehr und mehr Menschen befürchten, dass sich die Verhältnisse für sie verschlechtern. Das setzt der SPÖ zu: Sie ist jahrzehntelag für sozialen Aufstieg und Verbesserung gestanden. Das kann sie nicht mehr bieten. Wichtiger: Eher als sie versteht es Herbert Kickl (FPÖ), den Eindruck zu vermitteln, dass er die Sorgen und Nöte verstehe. Davon profitieren seine Parteifreunde bundesweit.

Abgesehen davon ist vorerst damit zu rechnen, dass eine türkis-rot-pinke Bundesregierung zustande kommt. Aus sozialdemokratischer Sicht sind die Vorzeichen dafür jedoch verheerend: Die Verhandler haben es bisher nicht geschafft, irgendeine Stimmung zu ihren Gunsten aufkommen zu lassen. Im Gegenteil, kaum jemand traut ihnen Großes zu. Eine „Millionärssteuer“ oder eine Verkürzung der Arbeitszeit, wie sie SPÖ-Chef Andreas Babler gefordert hat, scheint im Übrigen nicht durchsetzbar. Eher wird es aufgrund der Budgetkrise, die vor allem die ÖVP als langjährige Finanzministerpartei zu verantworten hat, unpopuläre Sparmaßnahmen geben.

Alles in allem wird das Kabinett Karl Nehammer (ÖVP) inklusive Vizekanzler Babler mit einem Malus starten. Das zu drehen und größeren Zuspruch in der Wählerschaft zu erlangen, wird schwierig: Sofern es überhaupt gelingen kann, wird es sich nicht um eine Frage von Monaten, sondern Jahren handeln.

Sprich: Die Umstände, unter denen die SPÖ in Wien die Gemeinderatswahl 2025 zu schlagen hat, werden aus heutiger Sicht extrem widrig für sie. Sie muss mit erheblichen Verlusten rechnen, zumal sie 2020 nur um schlappe zwei Prozentpunkte zulegen konnte, obwohl die Freiheitlichen um fast 24 Prozentpunkte abstürzten.

41,6 Prozent hält die Partei von Michael Ludwig seither. Das ist einerseits viel. Wenn sie auf deutlich weniger als 40 Prozent abbaut, könnte es für sie jedoch schwierig werden, nur mit einer kleinen Partei (derzeit Neos) zu koalieren. Dann braucht sie Neos und Grüne dafür, müsste viel Macht und Kontrolle abgeben und befürchten, dass es zu einem Regierungsalltag voller Auseinandersetzungen kommt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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