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Für Mahrer ächzt Tourismus-Branche unter Steuerreform

"Es gibt sehr viel Unmut"
"Es gibt sehr viel Unmut" ©APA
Was die Anliegen der Tourismusbranche betrifft gibt Neo-Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) zwar Gas, bremst aber gleichzeitig: "Dass der Tourismus als österreichisches Gesamtkunstwerk sicher eine strategische Bedeutung für die Wirtschaft hat, steht außer Zweifel", sagte er im Gespräch mit der APA.

Die Branche ächzt allerdings unter den Neuerungen der jüngsten Steuerreform. Konkret leiden die heimischen Beherbergungsbetriebe beispielsweise unter der auf 40 Jahre deutlich verlängerten Abschreibungsdauer für Betriebsgebäude oder der per 1. Mai 2016 eingeführten Steuererhöhung auf Nächtigungen von 10 auf 13 Prozent. “Es gibt sehr viel Unmut”, räumte Mahrer ein.

“Der Tourismus hätte gerne diese Änderungen, die über die Steuerreform auf sie zugekommen sind, zurückgenommen”, weiß der Minister, will hier aber Zeit gewinnen: “Lassen wir sie mal zwei Jahre wirken und evaluieren wir dann.” Das Jahr 2017 solle auf alle Fälle abgewartet werden. “Und im Sommer 2018 schauen wir, wie hat sich das ausgewirkt.” Trotz der Mehrwertsteuererhöhung liege der österreichische Tourismus in Europa preislich im Mittelfeld, am teuersten sei – wenig überraschend – die Schweiz.

Mehr Dynamik bei Digitalisierung erwünscht

Deutlich mehr Dynamik wünscht sich der Minister beim Umgang der Tourismusbranche mit der Digitalisierung. Die Anbindung an ein leistungsfähiges Glasfasernetz gilt als unumgänglich – auch in entlegenen Urlaubsdestinationen. “Wir glauben, dass da noch viel mehr passieren wird.” Bis 2020 sollen auch “die Lehrlinge fit für die Digitalisierung” gemacht werden. “54 Lehrberufe wollen wir modernisieren”, kündigte der Wirtschaftsminister an. “Es braucht einen Digitalisierungsschwerpunkt im österreichischen Tourismus.” Die Internationalisierung der Branche soll ebenfalls weiter vorangetrieben werden – das Ziel sind noch mehr Touristen aus dem Ausland.

Betreffend Online-Buchungsplattformen brachte die Regierung vergangenen Herbst eine Gesetzesnovelle auf den Weg, mit der die sogenannte Bestpreisklausel reglementiert wurde. Das bedeutet, dass booking.com, Expedia, HRS & Co. in Österreich seit Jahresanfang nicht mehr das Vorrecht auf den günstigsten Zimmerpreis haben, sondern dass der Zimmervermieter selbst billiger anbieten darf als die Plattform, mit der er einen Hotelpartnervertrag abgeschlossen hat – ein Erfolg, den die Branche sehr begrüßt.

Der Minister bekannte sich im Gespräch mit der APA beherzt zu einer Entbürokratisierung, womit er mit den Touristikern naturgemäß ebenfalls auf einer Linie ist. “In der Vergangenheit hatten wir eine Neigung in Österreich ‘überzuerfüllen’, zum Beispiel bei der Allergenauszeichnung”, sagte Mahrer. Für jede neue Regelung sollten zwei bis drei alte ablaufen und jede neue sollte mit einem Ablaufdatum versehen und dann auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden – “das würde uns wahnsinnig helfen”, so der Minister und fügte hinzu: “Ich bin ein großer Fan vom Ausmisten veralteter Regelungen.”

Rekorde mit niedrigen Zimmerpreisen “erkauft”?

Massiven Handlungsbedarf ortet der Wirtschafts- und Tourismusminister auch bei der Arbeitskräftemobilität. Um Mitarbeiter für die Betriebe in den Tourismusgebieten zu gewinnen, müsse auch die Gesamtattraktivität einer Region stimmen: “Hat man einen Hochleistungsinternetanschluss, wie steht es um Kinderbetreuungseinrichtungen, Bildungsmöglichkeiten und ärztliche Versorgung?”, zählte er auf. Ob ein Job attraktiv sei, entschieden auch das Anforderungsprofil betreffend Qualifikation sowie die Zumutbarkeitsbestimmungen – “wann muss ich wo wie arbeiten?”

Generell dürfte es aber “gut laufen im Tourismus”, meinte der Minister unter Verweis auf die 2016 stark gestiegenen Investitionen und den neuen Nächtigungsrekord in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen. Deutlich anders sieht das die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV), die als freiwillige Interessenvertretung mehr als 1.300 heimische Beherbergungsbetriebe aus der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie repräsentiert, die über ein Drittel aller Hotelnächtigungen in Österreich für sich verbuchen: Die Nächtigungsrekorde sind laut ÖHV mit niedrigen Zimmerpreisen “erkauft” – mit den Einnahmen sei nicht einmal die Umsatzsteuererhöhung hereinverdient worden – und die massive Investitionssteigerung im Vorjahr erkläre sich durch das extreme Tief in der Zeit davor.

(APA)

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