In unzähligen Romanen und Erzählungen hat sich der frischgebackene Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels immer wieder für die Aussöhnung von Juden und Arabern eingesetzt. “Genau wie die Palästinenser haben wir keine Erfahrungen mit dem Frieden. Israel ist geschaffen worden, damit sich die Juden endlich zu Hause fühlen können. Aber es funktioniert nicht. Denn wir sind nie mit der Realität in Kontakt. Nur mit Ängsten und Vorurteilen. Wir reagieren auf das Echo der Gefahr und nicht auf die Gefahr selbst. Das macht unser Denken so unflexibel und stur”, argumentierte Grossman. “Immer wenn sich der Jude in seiner langen Geschichte wohlgefühlt hat, bekam er vom Leben einen harten Schlag. Das hat uns geprägt.”
Der Schriftsteller hält auch das weltweit kritisierte Massaker des israelischen Militärs auf dem mit Hilfsgütern für den Gazastreifen beladenen Schiff für einen kapitalen politischen Fehler. “Es muss jetzt eine Kommission geben aus ausländischen Experten und aus allgemein anerkannten israelischen Persönlichkeiten, die diesen Vorfall untersuchen. Ich glaube, selbst wenn man von Anfang an gewusst hätte, dass neben hilfsbereiten Menschen auch gewaltbereite Radikale auf diesem Schiff waren, hätte man sie passieren lassen müssen. Denn Verhandeln, Nachgeben, den Palästinensern Respekt und Würde zollen und ihnen Hoffnung auf ein besseres Leben geben, das ist die einzige vernünftige Antwort auf die Gewaltbereitschaft der Hamas.”
In seinem aktuellen, 700 Seiten starken Roman beschreibt Grossman die Wirkung von Gewalt auf das Leben einer israelischen Familie. “Ich bin fasziniert vom Konzept von Familie. Es sind die Küchen und Kinderzimmer der Familien, in denen sich die wirklichen Dramen abspielen. Nicht die Parlamente oder Regierungssitze. Also ist auch die Familie genau der richtige Ort, um eine Geschichte zu erzählen vom Versuch, eine neue Sprache zu finden und auszusteigen aus den gewohnten Denkmustern und Systemen wie ‘politisches Kalkül’, ‘Religion’ und ‘gesellschaftliches Vorurteil'”.
Die Sprache sei der Schlüssel, sagte Grossman, der in jüngeren Jahren als populärer Radiomoderator selbst ein Teil des sprachlich-manipulativen Systems war. “Nur wer seine eigenen Worte findet für die Welt in der wir leben, kann sich aus der Masse Gleichgeschalteter abheben und Frieden ermöglichen. Für mich ist das Bücherschreiben daher so etwas wie lebensrettendes Brückenbauen.”