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Früherer Karadzic-Mitarbeiter vs. Dodik

Eine Entscheidung des Hohen Repräsentanten in Bosnien-Herzegowina, Valentin Inzko, vom Freitagabend hat offenbar Alarmglocken bei zwei führenden Parteien der Republika Srpska, der kleineren bosnischen Entität, läuten lassen.
Per Beschluss des internationalen Bosnien-Beauftragten darf der einstige langjährige Mitarbeiter des Haager Angeklagten Radovan Karadzic und frühere Vorsitzende seiner Serbischen Demokratischen Partei (SDS) (2000-2004), Veljko Kalinic, erneut öffentliche Ämter bekleiden und sich politisch betätigen.

Kalinic und weiteren 57 bosnisch-serbischen Funktionären war vom Amtsvorgänger Inzkos, dem britischen Diplomaten Paddy Ashdown, im Jahre 2004 jede politische und öffentlich Tätigkeit untersagt worden. Der Grund dafür war finanzielle Unterstützung Karadzics mit SDS-Parteigeldern. Der einstige Präsident der Republika Srpska befindet sich seit einem guten Jahr im Gefängnis des UNO-Kriegsverbrechertribunals.

Die führenden bosnisch-serbischen Parteien, der regierende Bund der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) des Premiers Milorad Dodik und die unterdessen von Mladen Bosic geleitete oppositionelle SDS waren in den vergangenen Jahren immer wieder bemüht, die Aufhebung des Tätigkeitsverbotes für Kalinic und andere bosnisch-serbische Funktionäre zu bewirken. Dennoch zeigte sich keine der zwei Parteien über die Entscheidung Inzkos nun erfreut. Ganz im Gegenteil.

Die Entscheidung des Hohen Repräsentanten würde darauf abzielen, Verwirrung auf der bosnisch-serbischen politischen Bühne zu schaffen. Auch würde es sich um eine Verschwörung gegen Dodik handeln, vermutete der SNSD-Generalsekretär Rajko Vasic in einer ersten Reaktion. Keiner der einstigen SDS-Funktionäre könne einen seriösen Einfluss auf die Politik der Republika Srpska mehr haben, fügte der Parteifreund Dodiks gleich hinzu. In der SDS scheint die Befürchtung zu herrschen, dass Kalinic – bosnisch-serbischer Gesundheitsminister während des Krieges (1992-1995) und einer der wenigen SDS-Spitzenfunktionäre, der nie unter Verdacht stand, sich der Kriegsverbrechen schuldig gemacht zu haben – die Führungsposition in der Partei zurückerobern will.

Für die politische Analystin Tanja Topic aus Banja Luka ist es mehr als evident, dass das Comeback von Kalinic sowohl den SNSD wie auch die SDS in Angst versetzt hat. Im Comeback von Kalinic sieht Topic nämlich Parallelen zum politischen Aufstieg Dodiks Ende der 90er Jahre. Der einstige prowestliche Politiker Dodik hat sich unterdessen als feuriger Nationalist entpuppt. “Es gibt kein Dilemma, Dodik hat nicht die Erwartungen (der internationalen Staatengemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Anm.) erfüllt und ist so stark geworden, dass es gilt, jemanden zu finden, der ihn im Zaum halten wird”, ist Topic überzeugt. Nach Meinung der Analystin wäre es derzeit allerdings noch verfrüht zu sagen, über welche Partei dies erfolgen soll.

Lokale Medien spekulierten am Montag bereits, dass Kalinic sein Comeback als Chef einer neuen Partei feiern könnte. Der einstige SDS-Vorsitzende soll in den vergangenen zwei Wochen wiederholt mit dem Chef der Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) von Tomislav Nikolic zusammengekommen sein. Die SNS war im letzten Herbst nach der Trennung eines gemäßigt nationalistischen Flügels von der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) des Haager Angeklagten Vojislav Seselj entstanden. Laut jüngsten Meinungsumfragen ist die SNS unterdessen zur führenden Partei Serbiens aufgestiegen. Bei seinem ersten Besuch in Brüssel hatte Nikolic vor einigen Wochen auch die EU-Ausrichtung seiner Partei klar bestätigt.

Premier Dodik droht seit gut drei Jahren immer wieder mit einem Unabhängigkeitsreferendum in der Republika Srpska, wobei er Parallelen sowohl zu Montenegro, das sich 2006 von Serbien trennte, wie auch zum Kosovo, das im Vorjahr seine Unabhängigkeit ausrief, zieht. Nicht ein eventueller Anschluss an Serbien, sondern die Errichtung eines eigenen Fürstentums, das das Gebiet Nord-Bosniens erfassen würde, wäre nach Meinung der Wirtschaftsexpertin aus Banja Luka, Svetlana Cenic, womöglich das Ziel des einflussreichen bosnisch-serbischen Premiers.

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