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Freundin im Rausch erwürgt: Wiener muss 20 Jahre hinter Gitter

Der Mann wurde schuldig gesprochen und muss nun hinter Gitter.
Der Mann wurde schuldig gesprochen und muss nun hinter Gitter. ©APA/GUNTHER LICHTENHOFER
Weil er im Jänner 2019 in Wien-Hietzing seine Freundin erwürgt hat, musste sich ein 31-Jähriger am Mittwoch im Landesgericht wegen Mordes verantworten. Der Mann wurde einstimmig schuldig gesprochen. Der Familie des Opfers wurde ein Schmerzensgeld zugesprochen.
Verwirrung um Leichenfund

Der Angeklagte wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, den Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wies der Senat ab.

Als mildernd wertete das Gericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Beschuldigten, erschwerend war unter anderem die besonders grausame Ausübung der Tat, wie der Vorsitzende ausführte. Staatsanwaltschaft und Verteidigung gaben keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Die Geschworenen sprachen den 32-Jährigen einstimmig des Mordes schuldig. Die Tochter des Opfers erhält 15.000 Euro Schmerzengeld, die Mutter der 39-Jährigen 5.000 und der Vater 1.000 Euro.

Wiener gestand die Tat

Der Angeklagte gab vor dem Schwursenat (Vorsitz Patrick Aulebauer) die Tat zu, wies die Tötungsabsicht aber kategorisch zurück. Neben einer Verurteilung forderte die Staatsanwaltschaft auch die Einweisung in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher.

"Ich habe sie geliebt, sie war meine Freundin, ich wollte sie nicht töten", sagte der Beschuldigte vor Gericht. Der hatte seine 39-jährige Freundin Ende Oktober 2018 kennengelernt und war bald danach bei ihr eingezogen. Die Beziehung hatte nach der Schilderung des Angeklagten von Anfang an ihre Licht- und Schattenseiten: "In einem Moment war sie sehr liebevoll, und wenn sie dann getrunken hatte ..." Immer wieder sei sie dann demütigend und erniedrigend geworden: "Du kleiner Milchbua" war seinen Schilderungen zufolge noch das Harmloseste. Ansonsten soll es um gewisse anatomische Gegebenheiten und seine Qualitäten beim Geschlechtsverkehr gegangen sein.

Opfer trank in der Tatnacht 15 Bier

Am 16. Jänner habe er seine Freundin zu einer Gerichtsverhandlung begleitet. Sie und ihr Ex-Freund waren wegen Körperverletzung angeklagt, sie darüber hinaus wegen Sachbeschädigung. Von der Körperverletzung wurden beide freigesprochen, für die Sachbeschädigung bekam sie eine Geldstrafe. Sie seien danach etwas trinken gegangen, "so zehn Bier". Danach sei man nach Hause gegangen und habe weiter getrunken. Bei ihm seien es am Ende rund 15 Bier gewesen.

Man habe Geschlechtsverkehr gehabt, dann habe sich der Ex-Freund gemeldet. Offenbar hatte das Opfer trotz der Gerichtsverhandlung sich mit dem Gedanken beschäftigt, zu ihrem Ex zurückzukehren. Die 39-Jährige eröffnete ihrem Freund, dass sie zum Ex-Freund fahre. "Ich habe gesagt: 'Wir haben doch gerade Sex gehabt, du kannst doch nicht zum Ex fahren'. Ich wollte das nicht, ich wollte das ausdiskutieren", schilderte der Beschuldigte. "Sie wollte das nicht."

Opfer soll 31-Jährigen geschlagen haben

Es seien weitere Beschimpfungen gefolgt, dann habe sie ihn mit Schlägen attackiert. "Sie hat mich mit der rechten Faust geschlagen, ich habe sie abgewehrt, wir sind beide gestürzt. Ich bin auf sie draufgefallen. Ich habe mich auf sie drauf gesetzt, sie hat mich gekratzt und beschimpft. Ich habe mit einer Hand versucht, sie am Hals zu fixieren, damit sie endlich aufhört." Am Ende hatte er beide Hände an ihrem Hals, habe aber nicht länger als 15, 20 Sekunden zugedrückt. "Ich weiß nicht, warum sie dann gestorben ist", sagte der Beschuldigte. "Ich wollte, dass sie aufhört."

Als seine Freundin sich nicht mehr rührte, "habe ich mich angezogen und bin gegangen", sagte der 31-Jährige. Nach dem Konsum weiterer alkoholischer Getränke kam er zeitig um 4.00 Uhr in der Früh zurück. "Und sie ist immer noch so da gelegen." Er habe festgestellt, dass sie keinen Puls mehr hatte.

Beschuldigter lebte drei Wochen neben der Leiche

Der Beschuldigte lebte noch rund drei Wochen neben der Leiche. Den Geruch schob er mit Alkohol beiseite: "Ich habe drei Wochen getrunken." Die Tochter der Toten, die in Tirol eine Ausbildung machte, war es schließlich, die Alarm schlug, weil sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter herstellen konnte. Am 6. Februar wurde das Verbrechen entdeckt.

Wie viel der 31-Jährige am Tatabend getrunken hatte, war nicht mehr zu rekonstruieren. Den Gerichtsakten zufolge hatte das Opfer etwa 1,99 Promille intus.

Laut dem psychiatrischen Gutachten ist der Beschuldigte seit vielen Jahren schwerer Alkoholiker. Der Sachverständige sah die Voraussetzungen für eine Einweisung in eine Anstalt erfüllt. Der Angeklagte sei in einer Beziehung gefährlich aufgrund der Wechselwirkung zwischen einer Persönlichkeitsstörung und dem Alkoholismus. Der Gutachter sprach dem 31-Jährigen eine höhergradige seelische Abartigkeit zu.

Ex-Freund des Opfers sagte aus

Der Ex-Freund des Opfers sagte aus, dass die 39-Jährige am Abend des 16. Jänner gegen 20.00 Uhr ihm am Handy geschrieben habe, er möge sie bitte abholen. "Und dann war nichts mehr", sagte er. Man sei aber im Gespräch gewesen, die Beziehung wieder aufleben zu lassen.

"Nur wenn sie getrunken hatte, war sie aggressiv", sagte der Zeuge über die Erwürgte. In der Regel habe sich dies auf Verbalinjurien beschränkt. "Es ist dreimal passiert, dass wir aufeinander losgegangen sind." Zuletzt endete dies vor Gericht.

Übertrieben kräftig sei das Opfer nicht gewesen. "Die Frau war 1,50. Sie hat hingehaut und Gläser geschmissen", schilderte der Ex-Freund. Er berichtete auch, dass die 39-Jährige schon 2017 mit der Polizei in Konflikt geraten war, als ihr der Führerschein abgenommen wurde. Und 2013 soll sie eine Messerattacke ihres damals besten Freundes überlebt haben.

Tochter des Opfers: "Sie fehlt mir jeden Tag"

Am Nachmittag wurde die Tochter des Opfers kontradiktorisch einvernommen. Sie schilderte, wie der 32-Jährige Ausreden suchte, weil die 19-Jährige, die zum Zeitpunkt der Tötung zur beruflichen Ausbildung in Tirol weilte, mit ihrer Mutter nicht in Kontakt treten konnte.

Nachdem sie auch bei einem Besuch in Wien die 39-Jährige nicht treffen konnte, habe sie die Einsatzkräfte alarmiert. Ihr gehe es nicht gut, schilderte die 19-Jährige. "Sie fehlt mir jeden Tag", sagte die junge Frau. Ihre Mutter sei ein "herzensguter Mensch gewesen, mit einer sehr sozialen Ader". Und: "Es ist jeden Tag eine Herausforderung aufzustehen, mit dem Wissen, dass sie nicht mehr da ist."

(APA/red)

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