Obwohl der Angeklagte vom Vorwurf, drei Billa-Filialen in Wien überfallen zu haben, heute, Mittwoch am Wiener Landesgericht freigesprochen wurde, hat er wenig Grund zur Freude: “Sein Leben ist praktisch zerstört”, meinte sein Vater nach der Urteilsverkündung. Seinen gut bezahlten Arbeitsplatz dürfte sein Sohn (22), ein Maschinenschlosser, aufgrund der Untersuchungshaft und des Gerichtsverfahrens nämlich verloren haben. Da Staatsanwältin Tamara Ranzdorf keine Erklärung abgab, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Drei Überfälle auf Billa-Filialen soll der 22-Jährige begangen haben
Richter Hartwig Handsur hatte sich mit drei Überfällen zu beschäftigen, die jeweils in der Donaustadt verübt wurden: Am 9. und 29. Dezember hatte ein Mann in ein und der selben Filiale einmal 2.600, dann 800 Euro erbeutet. Am 23. Dezember blieb es in einem anderen Billa-Supermarkt beim Versuch, dabei war auch ein Unbekannter beteiligt. Das Motiv sei Geldnot gewesen, argumentierte die Staatsanwältin, da der Angeklagte des öfteren in Casinos spielte. Dem gegenüber stand jedoch ein Einkommen von 2.200 Euro netto sowie das Fehlen jeglicher Schulden.
Die Täterbeschreibung glich sich dem Verdächtigen immer mehr an
Die Opfer der Überfälle waren auch Monate nach den Taten sichtbar geschockt. Was Verteidiger Rudolf Mayer deutlich herausarbeiten konnte, war, dass deren Täterbeschreibungen im Laufe der Zeit immer detaillierter wurden, obwohl sie während der Überfälle lediglich die Augen sowie Teile der Nase und Stirn sehen konnten. Als der 22-Jährige schließlich verdächtigt wurde, gab es eine Gegenüberstellung, bei der er wiedererkannt wurde. Was Mayer besonders empörte, war der Umstand, dass die Zeugen von der Polizei gemeinsam dorthin gefahren wurden und sie sich dabei über Tat und Personsbeschreibung austauschen konnten, ohne dass die Beamten dies unterbanden. Der junge Mann wanderte daraufhin am 31. Dezember in Untersuchungshaft, aus der er noch am Dienstag entlassen werden sollte.
Das Alibi des Täters entlastete ihn deutlich, Zeugen belasteten ihn
Eine Entlastungszeugin, die Freundin seiner Lebensgefährtin, konnte jedoch, obwohl korrekt gemeldet, nicht von der Exekutive ausfindig gemacht werden. Vor Gericht gab sie dem Angeklagten für den 9. Dezember ebenso ein Alibi, wie dessen Verlobte sowie deren Mutter. Die von Mayer erhobenen Rufdaten und Standortbestimmungen seines Handys bestätigten diese Angaben. Und auch für die beiden anderen Fakten wäre es aufgrund der Handydaten nur sehr schwer möglich gewesen, rechtzeitig zu den Tatorten zu gelangen.
Täterbeschreibung stimmte nicht mit dem 22-Jährigen überein
Der Richter machte in seiner Urteilsbegründung klar, dass den Zeugen kein Vorwurf zu machen sei, aber ihre Wiedererkennung des Täters habe sich im Laufe des Verfahrens immer mehr gesteigert. Zudem passe die Beschreibung von 1,70 bis 1,75 Meter und schlanker Statur nicht zum Beschuldigten, der über 180 Zentimeter misst und zum Tatzeitpunkt 116 kg auf die Waage brachte. Den Aussagen seiner Lebensgefährtin und deren Mutter seien Glauben zu schenken, auch wenn diese Interesse an einem Freispruch hätten. Zudem würden sie mit den Rufdaten übereinstimmen. “Diese sprechen eine deutliche Sprache.”
(APA)