Im Freibad können schnell die Wogen hochgehen. Was beim Einen normal ist, sorgt beim Nächsten für Nasenrümpfen. Komplexer wird die Situation noch, wenn verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Die deutsche Regisseurin Doris Dörrie hat sich diesem Szenario in ihrem Film "Freibad" angenommen und am Spezialfall Frauenfreibad auf die Spitze getrieben. Dabei setzt sie in der Komödie auf ein Sammelsurium platter Figuren, die auf ein absehbares Ende zusteuern. Ab Freitag im Kino.
Freibad - Kurzinhalt zum Film
Dörrie ("Kirschblüten - Hanami") fackelt nicht lange herum, sondern wirft das Kinopublikum gleich ins Wasser. Schon innerhalb der ersten paar Minuten wird deutlich, wo im Frauenfreibad die Konfliktherde auszumachen sind. Da wäre Eva (Andrea Sawatzki), eine gealterte ehemalige Schlagersängerin, die es liebt, sich oben ohne zu sonnen und ihrer (körperlichen) Freiheit Ausdruck zu verleihen. Gabi (Maria Happel) leistet ihr mit ihrem heimlich ins Bad geschmuggelten Mops Gesellschaft. Wenig Freude haben die beiden mit einer türkischen Familie, die klischeehaft lärmt, beim Grillen für gewaltige Rauchschwaden sorgt und dann auch noch den lautstarken Ruf eines Muezzins per Handy erschallen lässt.
Diese sind wiederum wenig davon angetan, dass eines ihrer Familienmitglieder - eine junge, von Nilam Farooq gespielte Frau namens Yasemin - plötzlich nur noch mit Burkini schwimmen geht. Sieht dieser doch viel zu sexy aus und erinnere an Catwoman. Eva sieht darin dagegen Lustfeindlichkeit, die Unterdrückung der Frau und ein "Ganzkörperkondom". Yasemin schnaubt angesichts arabischer Neuankömmlinge im Bad, die das Sonnenbad in der Burka präferieren. Diese seien "Opfer des Patriarchats", würden sie doch sicher nicht wie sie selbst ihre Kleiderwahl freiwillig treffen. Um den Reigen voll zu machen, will Gabriele nicht, dass dicke Personen ihren "Wackelpudding" unverhüllt präsentieren, während es eine überkorrekte Aktivistin allen Recht machen will und der dafür "Rassismus rückwärts" vorgeworfen wird.
Als die in Hülle und Fülle skizzierten brodelnden Konflikte sich schließlich in einer wüsten Schlägerei entladen, wird es der Bademeisterin zu viel: Sie schmeißt entnervt das Handtuch. Ersetzt wird sie aufgrund von Fachkräftemangel ausgerechnet durch einen Bademeister. Dieser sieht sich zwar in erster Linie als "aquatischen" Menschen, der "post-gender" sei, doch Proteste lassen dennoch nicht lange auf sich warten. Was folgt, ist nur allzu absehbar und zahm. Die Botschaft bekommt das Publikum mit dem Holzhammer serviert.
Freibad - Die Kritik
Dörrie setzt für ihre vielversprechende Idee, Frauen unter sich den Kulturkampf rund um Körper und Blick ausfechten zu lassen, wo Männer sich doch nur allzu oft in die Thematik einmischen, auf Tempo. Fadesse stellt sich in den rund 100 sonnendurchfluteten Minuten definitiv nicht ein. Dabei ist die Regisseurin, die mit Karin Kaci und Madeleine Fricke auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, bemüht, nichts auszulassen. Eine Transgenderperson beim Würstelstand bekommt wie auch eine muskelbepackte Kassierin mehrere Auftritte. Angesichts der schieren Fülle leiden die einzelnen Figuren. Mit kaum einer taucht man in tiefere Gewässer ab. Die Motivation für deren Handlungen bleibt nahezu gänzlich auf der Strecke. Unter diesen Bedingungen gestaltet es sich für Sawatzki und Reichenau-Intendantin Happel schwierig, ihre Schauspielfähigkeiten zu entfalten.
Es bleibt eine flotte, leichte Sommerkomödie, die mit ihren hellen Bildern für so manchen Schmunzler gut ist und ordentlich Lust auf das kühle Nass macht. Das Potenzial des Stoffs wurde aber nicht ausgeschöpft. Weniger Klamauk wäre für "Freibad" mehr gewesen, um der zugrunde liegenden ernsten Thematik rund um Bodyshaming und Co relevanter auf den Zahn fühlen zu können.
(APA/Red)