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Frankenkredite: "Dieses Risiko ist klein"

Die "Vorarlberger Nachrichten" stellten dem Wirtschaftsforscher Dr. Stephan Schulmeister Fragen zum Thema Frankenkredit.

VN: Ist die plötzliche „Ächtung“ des Frankenkredits durch die FMA sachlich gerechtfertigt?
Schulmeister: Verglichen mit anderen Finanzierungsinstrumenten, die Banken empfehlen, ist das Risiko hier gering. Die Internet-Broker, auch die der seriösen Banken, animieren zu Spekulationen, bei denen um vieles rasanter das gesamte Vermögen futsch gehen kann.

VN: Also ist doch der so genannte Tilgungsträger der Pferdefuß beim Frankenkredit?
Schulmeister: Jedenfalls dann, wenn die Kapitalansparung mit risikobehafteten Instrumenten (Aktien, Aktienfonds etc.) erfolgt. Aber auch dabei verdienen die Banken mit. Sollte jemand auf so einem Tilgungsträger sitzen bleiben, also massive Verluste erleiden, wäre notfalls auch im Rechtsweg zu prüfen, ob eine Verlustbeteiligung der Bank durchsetzbar ist. Noch besser wären Kulanzregelungen.

VN: Waren solche Tilgungsträger je seriöse Konstrukte, oder hätten sie nie propagiert werden dürfen?
Schulmeister: Nur auf Aktienfonds zu setzen, war und wäre jetzt erst recht verantwortungslos. Aber das ist die in den 90ern salonfähig gewordene Mentalität: Lassen Sie Ihr Geld arbeiten! Geld aber kann à la longue nicht ergiebig arbeiten ohne Verknüpfung mit der Realwirtschaft.

VN: Am Eurokredit verdient eine Bank mehr als am Frankenkredit. Werden Banken deshalb so unter Ertragssteigerungsdruck gesetzt, weil man in ihren Kellern noch Leichen vermutet?
Schulmeister: Das Problem ist nicht, dass Leichen im Keller versteckt sein könnten, sondern dass durch gleichzeitige Entwertungsprozesse bei Aktien, Immobilien und Rohstoffen solche Leichen jederzeit entstehen können. Das kostet Substanz, Eigenkapital, und eine in die Enge getriebene Bank bedient sich auch solcher Strohhalme, von denen sie besser die Finger ließe.

VN: Zu welchen Kapriolen wäre der Franken schlimmstenfalls fähig?
Schulmeister: Zu keinen wirklichen Ausreißern. Sein Aufwertungsdruck ist eher theoretischer Natur, zumal die Schweizer Wirtschaft ja schon heute unter dem heutigen Kursniveau stöhnt.

VN: Worauf sollten Finanzmarktaufsicht und Zentralbanken also ihr Augenmerk werfen?
Schulmeister: Die Krise ist schon so heftig, dass die EZB den Leitzins schleunigst auf US-Niveau drücken sollte. Oder gar auf 1 Prozent. Das gäbe viel dringend benötigen Spielraum.

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