Ursula Wagner von Fräulein Kleidsam hat Kunstgeschichte studiert, hat sich jedoch schon immer für Mode interessiert. Sie selbst hat viele ihrer Kleidungsstücke auf Flohmärkten und in Vintageläden gekauft. Auch Verkleiden war für sie als Kind ein großes Thema. Wenn sie Prinzessin gespielt hat, trug sie aber keine billigen Kostüme, sondern die Art-Deco-Kleider der Oma.
2009 hatte sie schließlich in New York City einen Schlüsselmoment, als sie einen kleinen Laden besuchte. Sofort stand für sie fest: “So etwas hätte ich auch gerne.” Diesen Wunsch hat sie dann nicht mehr aus dem Kopf bekommen und sich schlussendlich nach Besuch eines Gründerseminars auch erfüllt. Zunächst gab es zwar kein Geschäftslokal, sondern nur einen Pop-Up-Store. “Ich habe zuhause wie ein Messie zwischen meinen Schätzen gelebt”, berichtet sie lachend über diese Anfangszeit. Seit 2011 gibt es das Geschäftslokal in der Seisgasse in Wien-Wieden, das Atelier Abendstern.
Schicke Einzelstücke mit Geschichte
In ihrem Geschäft bietet Ursula Wagner “zusammengetragene Einzelstücke” an, betont aber: “Ich bin kein Flohmarkt.”Viele dieser Stücke kauft sie auf Reisen, aber Einiges stammt auch aus der direkten Nachbarschaft, denn “viele Hofratswitwen aus der Gegend bringen Sachen in Kommission”, verrät sie.
Sie auf ein modisches Jahrzehnt festzunageln, das ihr am meisten gefällt, ist gar nicht so leicht. “Die 20er, 30er und 40er. Die 50er und 60er sind auch okay. Nur die 70er und 80er sind nicht so meins”, lässt sie sich dann doch noch zu einer Einschränkung hinreißen. “Jedes Jahrzehnt hat seine Besonderheiten”, aber Mode ist und bleibt eben zu einem Großteil auch Geschmacksache. Und Geschmack, nämlich der eigene, ist für das Fräulein Kleidsam auch das wichtigste Auswahlkriterium für ihr Sortiment. Sie ist stets auf der Suche nach Stoffen und Schnitten, die heute nicht mehr oft vorkommen. Die Marke spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. “Marke ist wichtig, aber nicht das Wichtigste.” Trotzdem stellt sie gleich klar: “Alte H&M- oder Mango-Sachen wird man bei mir nicht finden.”
“Man muss Geduld haben, Liebe dazu haben, Visionärin sein, Illusionen haben und das richtige Netzwerk”, beschreibt sie ihr Geschäftsmodell. Der Erfolg gibt ihr recht, denn sie hat mittlerweile nicht nur viele Stammkundinnen, sondern veranstaltet heuer bereits zum zweiten Mal den “Vintage Salon Vienna”.
Shopping-Tipps von Fräulein Kleidsam
Wer gerne Vintage trägt, sollte beim Shoppen ein paar wichtige Punkte beachten, findet Ursula Wagner.
Kleidergrößen
Die Größenangaben bei Kleidung haben sich über die Jahre sehr stark verändert. “Eine Größe 36 von 1950 ist keine Größe 36 von 2013”, erklärt Wagner. Vintage-Modelle ohne Anprobieren zu kaufen, sei so gut wie unmöglich. In vielen Fällen sind kleine Änderungen notwendig, um einen perfekten Sitz zu garantieren. Aus diesem Grund arbeitet sie sehr eng mit einer Schneiderin zusammen.
Zustand
“Warum sollte ich für ein gebrauchtes Kleid, das 50 Jahre alt ist, 200 Euro ausgeben?”, sei eine Frage, die Vintage-Fans oft gestellt werde. Ursula Wagner meint, dass in Österreich noch das Verständnis in diesem Bereich fehle. Ihre Ware ist gereinigt, gewaschen, repariert und restauriert. Beim Kauf sollte man vor allem auf Flecken und Löcher achten. “An Flecken scheitern die meisten”, sagt die Vintage-Expertin, die eigenen Angaben zufolge mit einer “Fleckenspezialistin” zuammenarbeitet.
Material
Ein Fan von Polyester ist sie nicht und daraus macht Ursula Wagner kein Geheimnis. Sie findet es sehr wichtig, bei dem Material auch darauf zu achten, welche Pflege erforderlich ist. “Kann man das Kleidungsstück selber waschen oder muss das jedes Mal in die Putzerei? Und: Bin ich bereit, das auf mich zu nehmen?”
Sachen aus den 20er-Jahren seien selten zu finden, Sachen aus den 50ern und 60ern hängen doch noch oft in den Kleiderkästen der Wiener und Wienerinnen.
Über den Vintage Salon Vienna
Heuer findet der Vintage Salon Vienna zum zweiten Mal statt – zeitgleich mit der Vienna Fashion Week. Als Gegenveranstaltung möchte Ursula Wagner, die eigentlich an der finalen Show der Wiener Modewoche teilnehmen sollte, ihr Event jedoch nicht verstanden wissen: “Es ist weder eine Ergänzung, noch Konkurrenz – es ist etwas ganz Eigenes.” Bei dem Event handelt es sich nicht um eine reine Einkaufsveranstaltung, sondern es gibt auch ein Rahmenprogramm. Für die Organisatorin steht “die Belebung der Vintage-Szene” im Mittelpunkt.
Der Vintage Salon Vienna findet am 13. und 14. September 2013 im Palais Eschenbach (1., Eschenbachgasse 9-11) statt.
Die Galerie Abendstern von Fräulein Kleidsam (4., Seisgasse 3) hat donnerstags und freitags jeweils von 13 bis 19 Uhr geöffnet.
(SVA)