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Forscher: Corona-Maßnahmen sollen an Schultyp angepasst werden

Die Maßnahmen sollten laut Forschern an Schultypen angepasst werden.
Die Maßnahmen sollten laut Forschern an Schultypen angepasst werden. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Laut Forschern sollten die Corona-Maßnahmen an die unterschiedlichen Schultypen angepasst werden.

Forscher des Complexity Science Hub (CSH) bzw. der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) raten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an den Schulen zu je nach Schultyp unterschiedlichen Maßnahmen. So würden nach ihren Modellen etwa an Volksschulen bereits konsequentes Lüften und wöchentliche Testungen das Übertragungsrisiko deutlich reduzieren. An Oberstufen oder Gymnasien braucht es für den gleichen Effekt dagegen zusätzliche Anstrengungen.

Clusterbildungen häufiger in Volksschulen als höheren Schulen

Anhand von AGES-Cluster-Daten entwickelten die Wissenschafter ein Modell zur Ausbreitung von SARS-CoV2 im Schulbereich. Die Clusteranalyse zeigte etwa, dass es zwar einerseits auch an Volksschulen durchaus zu gehäuften Fällen gekommen ist - allerdings seltener als an Schulen für ältere Kinder. Weiterer Unterschied: Der Primärfall an Volksschulen ist meist eine Lehrerin oder ein Lehrer. Während in Volksschulen mehr als 90 Prozent der Cluster von Lehrkräften ihren Ausgang nahmen, lag dieser Anteil bei den Oberstufe-Clustern nur noch bei knapp 20 Prozent.

Außerdem verliefen die Infektionen bei Volksschülern (mehr als die Hälfte) häufiger asymptomatisch als bei älteren Schülern oder Lehrern (ca. 20 Prozent). Je jünger die Schüler, desto wahrscheinlicher ist es also, dass Cluster ihren Ausgang von der Lehrkraft nehmen und umso wahrscheinlicher verläuft die Infektion bei Schülern asymptomatisch, schreiben die Studienautoren.

Ausbruchsszenarien an Schulen simuliert

In ihren Simulationen spielten sie dann anhand dieser Daten verschiedene Ausbruchsszenarien an Schulen durch und rechneten verschiedene Präventionsmaßnahmen gegen. Wichtigste Maßnahme war dabei das Lüften einmal pro Unterrichtsstunde. "Wir haben dafür Interviews mit Direktoren geführt und gefragt, was ist an den Schulen wirklich gemacht worden. Dabei hat sich gezeigt, dass das Lüften eine zentrale Rolle spielte", so der Komplexitätsforscher Peter Klimek (CSH), einer der Autoren, zur APA. Anschließend habe man verschiedene andere Maßnahmen (Masken, Selbsttests, Klassenteilungen) "dazugeschaltet" und auch deren Auswirkungen sowohl einzeln als auch miteinander kombiniert dargestellt.

Grundannahme war dabei eine 7-Tage-Inzidenz von 100 Fällen pro 100.000 Einwohnern sowie eine in allen Altersgruppen gleich große Inzidenz. An Volksschulen würde sich dabei ohne irgendeine Maßnahme eine Zahl von 2.600 Infektionsfällen pro Woche ergeben. An Gymnasien wären es sogar 57.000 Fälle, die anderen Schultypen liegen dazwischen.

Dieses Szenario sei zwar unrealistisch, meinte Klimek. "Aber es zeigt, was passiert, wenn man es total unkontrolliert laufen lässt - dann marschiert das Virus durch." Den deutlichen Unterschied zwischen Volksschulen und Gymnasien erklärte er mit den deutlichen höheren Schüler- und Klassenzahlen in letzterem Schultyp sowie mit dem Alter der Schüler.

Lüften kann Fallzahlen deutlich senken

Allein mit Lüften lassen sich an den Volksschulen die zu erwartenden wöchentlichen Fälle von 2.600 auf 390 senken. Würden alle Lehrer noch Masken tragen, reduziert man schon auf 300, täten das auch alle Schüler, wäre man auf 120 Fällen. Bei einer Teilung der Klassen käme man bereits auf 35 Fälle. Kombiniert man auch noch zweimal wöchentliche Selbsttestungen von Lehrern und Schülern, würde diese Zahl nochmals halbiert (16).

An den Gymnasien drückt das Lüften die Zahl der Infektionen von 57.000 auf 1.800. Lässt man Lehrer auch noch Masken tragen, ergäben sich im Modell nur mehr 600 Infektionen, zusätzlich Masken für Schüler dann 180 und halbierte Klassen 66 Infektionen. Mit wöchentlich zwei Testungen von Lehrern und Schülern ließe sich diese Zahl noch einmal mehr als halbieren (29). Die Forscher haben dazu einen interaktiven Schulsimulator (https://vis.csh.ac.at/covid-schools) entwickelt, mit dem man einzelne Maßnahmen dazu- oder wegschalten kann.

Zahlen seien Best-Case-Szenarien

Einschränkung: Alle diese Zahlen seien Best-Case-Szenarien, so Klimek: Dafür müssten also tatsächlich alle Schüler oder Lehrer an den Tests teilnehmen bzw. bei einem Schichtbetrieb mit Halbierung der Klassen die jeweils andere Hälfte nicht zur Betreuung an die Schulen kommen. Auf der anderen Seite habe man umgekehrt noch mit dem herkömmlichen Mund-Nasen-Schutz gerechnet - beim Einsatz von FFP2-Masken würde eine stärkere Reduktion der Infektionen herbeigeführt, so Klimek.

Die Studienautoren folgern daraus, dass an den Volksschulen unter Umständen schon geringere und andere Präventionsmaßnahmen ausreichend sind. "Für Volksschulen kann mit Lüften und einmal wöchentlicher Antigen-Testung mit 100-prozentiger Beteiligung eine hinreichende Reduktion der Wahrscheinlichkeit von großen Ausbrüchen selbst bei hohem Transmissionsrisiko in der Bevölkerung erzielt werden", heißt es in der Studie. Da im Volksschulbereich der Ausgangsfall meist eine Lehrperson ist, empfehle man daher ein mindestens ein- bis zweimaliges Screening der Lehrer. Größere Cluster seien dann zwar nicht auszuschließen, aber viel seltener, so Klimek.

Bei älteren Schülern brauche es dagegen noch zusätzliche Maßnahmen. "Für die Reduktion der Wahrscheinlichkeit größerer Ausbrüche bei älteren Schülerinnen und Schülern (Gymnasium, Oberstufe) vor dem Hintergrund eines hohen Transmissionsrisikos in der Bevölkerung bedarf es einer Kombination aller erwähnten Maßnahmen: Antigen-Screening, Lüften, MNS-Masken im Unterricht und Staffelung des Unterrichts."

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(APA/Red)

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