Ausgelöst werden soll der popinduzierte Orgasmus durch “ein echtes Album, das frischer und heller ist als das erste, wirkliche Geschichten erzählt und viel Musik bietet”, sagten die Musiker im APA-Gespräch. Morgen, Freitag, tritt “Sunrise Avenue” beim Nova Rock-Festival im burgenländischen Nickelsdorf auf.
Die Aufnahmen zum zweiten Album sind, der Legende nach, besonders schwer. Insbesondere, wenn man an einen heute noch gespielten Hit wie “Fairytale Gone Bad” anknüpfen soll. Nicht so jedoch für “Sunrise Avenue”: “PopGasm” war “nicht schwer aufzunehmen, nachdem die Typen mit der Krawatte mal weg waren und wir Ruhe hatten.” Die geschniegelt gekleideten Herrschaften waren die Vertreter der Plattenfirma, die mit zahlreichen guten Tipps aufwarteten. “Es kommen zehn verschiedene Typen im Studio vorbei, und der eine sagt: ‘Wenn ihr diesen einen Sound weglasst, dann verkauft ihr zehn Millionen Alben.’ Und eine Woche später kommt der nächste und sagt: ‘Wow, ich liebe diesen einen Sound – mehr davon!’ Wem soll man da zuhören? Also haben wir einfach die Studio-Tür von innen zugesperrt”, schilderten Sänger Samu Haber und Gitarrist Riku Rajamaa.
Eigentlich sei die Aufmerksamkeit der Plattenfirma aber willkommen gewesen, betonten die Musiker. “Denn man kann sich glücklich schätzen, dass sie so viel auf uns setzen und alle paar Augenblicke in Panik ausbrechen. Wenn wir ihnen egal wären, wäre es viel schlechter. Bereits 2007 sollten wir mit den Aufnahmen anfangen, aber wir wollten noch touren.” Und auch jetzt hatte die Band eigentlich nur ein Ziel: “Wir wollen einfach nur, dass das Album fertig ist und wir es live spielen können.” Denn “Sunrise Avenue” ist “eine Live-Band”. Und dort haben sie ihren Erfolg auch am meisten genossen: “Wenn man das erste Mal auf der großen Bühne beim Nova Rock spielt, braucht man eine Zeit, um diesen Erfolg zu verdauen”, sagt Haber.
Dass die Fans das neue Album mögen und der Band beim morgigen Auftritt im Burgenland den “Popgasm” nicht etwa vortäuschen müssen, davon sind “Sunrise Avenue” überzeugt: “Wir mögen das Album wirklich sehr.” Mit dem Erfolg der ersten Single, “The Whole Story”, ist die Band zufrieden – wenn auch Haber einschränkt: “Der Song wird nie so etwas sein wie ‘Fairytale Gone bad’. Aber er funktioniert gut.”
Mit dem ersten Album, “On The Way To Wonderland”, haben die Finnen ihre Ziele weit übertroffen. “Unser Ziel für das erste Album war ‘Gold’ in Finnland und ein paar Auftritte außerhalb, um ein paar Türen aufzustoßen. Das haben wir geschafft”, so Haber mit einem Schmunzeln. “Fairytale Gone Bad” war in den Top Ten u.a. in Finnland, der Schweiz, Österreich, Griechenland und Rumänien. Wenn es mit “PopGasm” “nicht wieder so gut klappt, müssen wir halt wieder ins Studio”, sagt der Sänger. Die englischen Texte, die man für internationale Erfolge braucht, kosten Haber viel Mühe – und sind doch manchmal “auf Donald-Duck-Niveau”, wie der Sänger lachend sagt. “Ich wollte für das neue Album mehr Tiefe in den Texten, kein Mittelschul-Englisch. Aber sie sollten trotzdem einfach zu verstehen sein.”
Sorgen um den Erfolg macht sich die Band keine großen. Die Veränderungen im Musikbusiness, wo immer weniger CDs verkauft werden und Live-Spielen immer wichtiger ist, kommen “Sunrise Avenue” entgegen, so Haber. “Wer gut live spielt, wird überleben – und das sind die wirklichen Bands. Ein-Hit-Bands können kein Konzertpublikum unterhalten.” Die Einbußen bei den Plattenfirmen seien zum Teil selbst verschuldet, sagt der Sänger: “Es ist ihre eigene Schuld, dass sie am Anfang so gegen digitalen Vertrieb waren, und so an diesem Plastikding CD festgehalten haben.” Haber ist sich sicher, dass die CD bald Geschichte sein wird – und er wird sie nicht vermissen. “Niemand braucht mehr die CD. Ist das wirklich der beste Weg, jemandem 14 Songs zu geben?”, so Haber, während er kritisch ein Exemplar von “PopGasm” beäugt. Jedoch “wäre es nett, wenn die Leute das Album kaufen würden, egal in welcher Form. Und da haben wir bisher Glück gehabt.”