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Filmpremiere würdigte Wiener Bürgerinitiative

©servitengasse1938.at
Anrainer hatten Schicksale ihrer jüdischen Vormieter recherchiert. Dieser Prozess war von zwei Filmemachern begleitet worden.

Wien (APA) – Kurz vor dem jüdischen Versöhnungstag Jom Kippur am 22. September wurde am Donnerstagabend das Erinnerungsprojekt einer Wiener Bürgerinitiative gewürdigt. Die Gruppe „Servitengasse 1938“ hat seit 2004 die Schicksale der jüdischen Bewohner ihrer Gasse recherchiert, wobei dieser Prozess von den zwei Filmemachern Tobias Dörr und Henri Steinmetz begleitet wurde. Deren Dokumentation „Unter dem Alsergrund“ feierte nun bei einer Open-Air-Aufführung auf dem Servitenplatz Österreichpremiere.

Rund 350 Menschen hatten sich auf dem kleinen Kirchplatz eingefunden, um bei Winterkälte die Genese der mittlerweile 40-köpfige Anrainergruppe nachzuverfolgen. Deren Nukleus bestand aus den Nachforschungen einer rührigen Bewohnerin über die Vormieter ihrer eigenen Wohnung, bevor die Recherche weitere Kreise über das gesamte Haus bis hin zur gesamten Gasse zog. Dabei wurden die Einzelschicksale der Vertriebenen, Emigrierten und Ermordeten nachgezeichnet und Überlebende ausfindig gemacht.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, zeigte sich dabei von der Arbeit der Bürgerinitiative überzeugt. „Wer die Vergangenheit nicht aufarbeitet, der schafft in der Regel auch nicht die Zukunft“, mahnte er. Einzelschicksale könne man dabei leichter aufarbeiten, als nur von abstrakten Millionen Toten zu sprechen. Deshalb sei sowohl das Filmdokument als auch die Projektgruppe selbst gelebte Erinnerung, kein lebloser Gedenkstein.

Ganz ohne diese fixen Erinnerungsmonumente kommt allerdings auch „Servitengasse 1938“ nicht aus. 2005 wurde eine Gedenktafel vor dem ersten recherchierten Wohnhaus errichtet, auf der die Namen aller früheren jüdischen Bewohner verzeichnet sind. Im März 2008 soll ein Gedenksymbol für alle Servitengassen-Opfer des Nationalsozialismus folgen.

„Es hat etwas sehr Heilsames“, würdigte Sabine Gruber von der unterstützend beteiligten Agenda 21 die Erinnerungsarbeit, die aus der Kooperation der interessierten Laien mit Wissenschaftern entstanden sei. Sie hoffe auf einen Schneeballeffekt für weitere ähnliche Projekte. Diesen könnte auch die schriftliche Dokumentation der Forschungsarbeiten befördern, die in den kommenden Wochen unter dem Titel “1938. Adresse: Servitengasse“ im Verlag Mandelbaum erscheinen wird.

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