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Festwochen-Schau im Musikverein

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Mozarts "Rondo alla turca", seine "Entführung aus dem Serail" oder auch Beethovens "Ruinen von Athen": Sie alle sind Beispiel dafür, wie beliebt die Auseinandersetzung mit der türkischen Welt über Jahrhunderte in der europäischen Musik war.

Unter dem Motto “Alla Turca” zeigt die Musikvereins-Ausstellung im Rahmen der Festwochenkonzerte bis 27. Juni in 173 Objekten das musikalische Bild vom “Türken” in Oper und Alltag: vom wohligen Schauer, den der fremdländische Kriegsgegner Mitte des 17. Jahrhunderts auslöste, über den Boom der “Türkenopern” bis zur Aneignung des “Lieblich-Exotischen” als Knabenfigur und Kaffeeservice-Motiv Ende des 19. Jahrhunderts.

Zuerst war es die kriegerische Musik, die die von den Türkenfeldzügen bedrohten Österreicher im 17. Jahrhundert faszinierte: In den martialischen Klängen ortete man das Geheimnis der Stärke der türkischen Krieger, und so fanden die vielfältigen Schlagwerkzeuge der Janitscharenmusik Einzug in die europäische Militärmusik. Wie wichtig damals die Musik in kriegerischen Belangen war, zeigen Beutelisten, auf denen genau aufgeführt wurde, wie viele Instrumente erobert wurden. Auch die ersten Stücke, die 1815 in die Sammlung der Musikfreunde gelangten, waren türkische Instrumente, schilderte Archivdirektor Otto Biba im Gespräch mit der APA. Nun seien türkische Musikwissenschafter froh, dass es derart gut erhaltene Exemplare gebe, wie sie in der Ausstellung zu sehen sind.

Dabei wurde von Mozart, Beethoven, Eduard Strauß und Co. nicht nur die türkische Musik für mitteleuropäische Ohren angepasst und somit eher “alla turca” als genuin türkisch zum Klingen gebracht. Auch wurde freihändig mit allerlei Vorurteilen zwischen schwülstiger Harems-Erotik, “1.001 Nacht” und Kriegsmärchen umgegangen und die “Türkei” relativ umfassend als Begriff für das Exotische gesehen, die genaue Verortung war nebensächlich. Über die Fläche des türkischen Reiches von Marokko bis Persien reicht in den zahlreichen Türkenopern der Handlungsort, und vom kriegerischen Bösen über (nach der Aufklärung) den gütigen Türken bis zur leicht schusseligen Karikatur in den “Türkenoperetten” wandelt sich über die Jahre das Bild, das gezeichnet wird.

Dabei änderte sich dieses Bild auch rasant je nach politischer Wetterlage, schildert Biba: Als 1787 der letzte Türkenkrieg unter Joseph II. begann, verschwanden alle Opern, die den nunmehrigen “Feind” zum Thema hatten, von den Bühnen. Das freute Salieri: Denn dieser hatte seine Adaption des “Entführung aus dem Serail”-Stoffes in Persien verortet, und so war das Werk nicht von der (Selbst-)Zensur betroffen und hatte mehr Publikum.

In der Schau zeigen Gemälde mit Ansichten von Wien, wie selbstverständlich sich türkische Kaufleute und Gesandte schon im 19. Jahrhundert ins Wiener Stadtbild fügten. Zahlreiche Theaterzettel beweisen die ungebrochene Freude des Publikums an den exotischen Stoffen, und Kaffee-Geschirr, Bucheinbände und Papierproben beleuchten die wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem türkischen Raum. Wirtschaftliche Bedeutung hatten die Exotismen auch für die Musiker: Mozart hat seinen berühmten Türkischen Marsch anlässlich des Besuches eines marokkanischen Gesandten geschrieben – was dem wirtschaftlichen Erfolg gedient hat, wie auch gut bezahlte Konzertreisen u.a. Liszt bis nach Konstantinopel führten. Überhaupt bleib der Austausch natürlich nicht einseitig: Auch in der Türkei wuchs das Interesse an europäischer Musik, der Bruder von Donizetti wurde am Hof des damaligen Sultans engagiert.

Die Schau, die fast zur Gänze aus dem Archiv bestritten wird und Ölbilder, Zeichnungen Porzellan, Manuskripte, Musikdrucke und Instrumente umfasst, endet mit zwei Knaben-Püppchen mit rotem Käppi und Musikinstrument, die die lieblich-positiv gefärbte Stimmung Ende des 19. Jahrhunderts gegenüber dem Exotischen zeigten. Und wohl für viele mit dem Gedanken, ob sich die heutige Gesellschaft an der vergleichsweisen Offenheit der früheren nicht wieder ein Vorbild nehmen könnte.

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