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Festspiele: Begeisterter Applaus für "The Situation"

Stück um Flüchtlinge aus dem Nahen Osten wurde realitätsnah in Szene gesetzt
Stück um Flüchtlinge aus dem Nahen Osten wurde realitätsnah in Szene gesetzt ©Stiplovsek
Bregenz - Die Premiere von "The Situation" von Yael Ronen & Ensemble berührte und begeisterte am Mittwochabend die Besucher im vollbesetzen Kornmarkttheater in Bregenz.
"The Situation" im Kornmarkttheater
Bregenzer Festspiele auf VOL.AT

Das Gastspiel des Maxim Gorki Theaters Berlin knüpfte inhaltlich an “Moses in Ägypten” an und bildete nach vier Jahren Pause die Rückkehr des Sprechtheaters zu den Bregenzer Festspielen. Das Publikum dankte mit stürmischem Applaus.

Die Darsteller spielen Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und schildern in prägnanten wie alltagstauglichen Dialogen ihr Leben in Deutschland, erzählen ihre beklemmenden Geschichten von Gewalt und Flucht und geben auch einen kleinen, fast verschämten Einblick in ihre Träume. Geprägt ist ihr Leben von “The Situation” – dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ebenso wie dem Krieg in Syrien. Der Deutschlehrer Stefan (Dimitrij Schaad) – selbst aus Not aus Kasachstan eingewandert – versucht dem getrennten Ehepaar Noa (Orit Nahmias) und Amir (Yousef Sweid) ebenso die deutsche Sprache näher zu bringen und Lebenshilfe zu geben wie Hamoudi (Hussein Al Shatheli), Laila (Maryam Abu Khaled) und Karim (Karim Daoud).

“Man kann sich an Krieg gewöhnen”

Zentrales Thema bleibt dabei – “The Situation”. Egal ob im persönlichen Konflikt zwischen der jüdischen Israelin Noa und ihrem Mann Amir, einem Palästinenser, der nicht weiß, ob er Hebräisch oder Arabisch sprechen soll. Beides scheint immer falsch zu sein – in Israel wie in Deutschland. Oder bei Laila, einer dunkelhäutigen Palästinenserin, die Karim bei seiner Hoffnung auf ein besseres Leben, dem Rappen, unterstützt. Und schon gar nicht beim Syrer Hamoudi, der dringend zurück in die Heimat möchte, aber nicht kann. “Man kann sich an Krieg gewöhnen, wenn man schlau ist”, weiß er aus eigener Erfahrung.

So wissen die Protagonisten nicht, wer sie sind und wo sich ihr Leben in Zukunft abspielen wird. Auch im Gespräch untereinander blitzt immer wieder Konflikt auf, der am Ende in sarkastischem Humor aufgefangen wird. Etwa wenn Laila zu Stefan sagt: “Wenn ich keinen Staat habe, will ich ein Zimmer von dir”. Hass aber ist zwischen den sympathisch und arglos auftretenden Figuren nicht spürbar. Es verbindet sie die Hoffnung auf eine gute Zukunft und das Ende von “The Situation”. Man müsse sich das mit der Hoffnung so vorstellen, erklärt Noa, der im Stück das Anfangs- und das Schlusswort gehört: “Wer hätte gedacht, dass die Berliner Mauer fällt? Und dass sie gebaut wird?”.

Schlichte Inszenierung ohne große Effekte

Die Autobiografien der Schauspieler fließen in ihre Rollen ein. So weiß jedes Mitglied des Ensembles in seiner Darstellung auf eigene und persönliche Art zu gefallen. Die Charaktere sind vielschichtig, das vermitteln die Darsteller in sehr gelungener Weise in leisen und lauten Momenten. Sie zeigen, was Krieg, Flucht und Fremdenhass beim einzelnen Menschen anrichten. Die Inszenierung von Autorin und Regisseurin Ronen erscheint passend schlicht, ohne große Effekte und Gesten. Im Mittelpunkt stehen die Charaktere. Und so besteht auch das Bühnenbild von Tal Shacham lediglich aus zwei großen Blöcken, die beides zugleich sind – unüberwindbare Mauer oder offene Stufen.

Die Besucher im Kornmarkttheater lachen über den unkomplizierten und offenen (Sprach-)Witz des Stücks, um in nachdenklich machenden Momenten still zu sein. Am Ende des unterhaltsamen Abends überwiegt wohl die von Noa ausgedrückte Hoffnung. Das dankbare Publikum spendet lang anhaltenden und immer wieder aufbrandenden Schlussapplaus.

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