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Falscher Notarzt: Viereinhalb Jahre Haft

Der Schauspieler, der sich fälschlicherweise als Notarzt ausgegeben hatte und für die fahrlässige Tötung einer Patientin angeklagt worden war, wurde am Dienstag in Wien schließlich verurteilt.
Prozess um falschen Notarzt
Prozess gegen Schwindler-Arzt
Vorwurf der fahrlässigen Tötung

Der “falsche Notarzt” ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er war im vergangenen Sommer in Wien hauptsächlich für den Arbeitersamariterbund tätig und soll den Tod einer 68-jährigen Patientin verursacht und eine 63-jährige Frau ins Koma befördert haben. Grund: Er habe jegliche erforderliche medizinischen Maßnahmen unterlassen.

Der Schuldspruch im vollen Umfang der Anklage – fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen, fahrlässige Körperverletzung, Kurpfuscherei, Betrug und Urkundenfälschung – ist bereits rechtskräftig. Der 38-jährige Schwindler, der sich in der Verhandlung lediglich zum Betrug und zur Kurpfuscherei schuldig bekannt hatte, akzeptierte überraschenderweise das Strafausmaß, das nur knapp unter der Höchststrafe von fünf Jahren lag.

Scharfe Kritik an Samariterbund

In der Urteilsbegründung übte Richter Stefan Apostol heftige Kritik an den Dienstgebern, die den falschen Notarzt auf Honorarbasis beschäftigt hatten, ohne seine behauptete Qualifikation näher zu überprüfen. Apostol ortete beim Samariterbund “ein massives Mitverschulden”, da dieser nur ein Zeugnis über den Besuch eines Notarzt-Kurses verlangte hatte und der 38-jährige Schwindler auf Basis dieses Papiers 55 Einsätze absolvierte, wovon einer gemäß den gerichtlichen Feststellungen eine 68 Jahre alte Frau das Leben kostete und in einem zweiten Fall eine 63-Jährige seither im Koma liegt.

“Dass es tatsächlich so einfach ist, in Österreich als Notarzt tätig zu werden, ohne ein Zertifikat vorlegen zu müssen, ist bestürzend. Zwischen der Kursbestätigung und einem tatsächlichen Notarzt-Dekret ist nicht unterschieden worden”, gab der Richter zu bedenken. Weder der Samariterbund noch die anderen Institutionen, für die der gebürtige Deutsche als vermeintlicher Notfallmediziner tätig war – das Landesklinikum Mostviertel, die Polizeisportvereinigung Linz und die Österreichische Cartsportvereinigung -, hätten die Berufsberechtigung des 38-Jährigen kontrolliert, bevor sie ihn in den Dienst stellten. Apostol machte deutlich, dass das seiner Ansicht nach zivilrechtliche Schadenersatzansprüche zur Folge haben könnte.

Eine “Berufsverbrecherkarriere”

Dem Angeklagten bescheinigte Richter Stefan Apostol in seiner ausführlichen Urteilsbegründung im Hinblick auf dessen 19 Vorstrafen in seiner deutschen Heimat eine “Berufsverbrecherkarriere” und eine “nicht nachvollziehbare, äußerst bedenkliche Persönlichkeitsstruktur”. “Sie sind eigentlich eine gescheiterte Persönlichkeit. Sie können nichts. Sie können nur gut alle täuschen. Dabei legen sie eine Präpotenz und Überheblichkeit an den Tag, die eigentlich nicht zu ertragen ist”, stellte Apostol wörtlich fest.

Erst nach Schluss der Verhandlung outete sich der Richter als ausgebildeter Rettungssanitäter, der als solcher selbst über ein gewisses medizinisches Fachwissen verfügt. Was der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung an angeblichen notfallmedizinischen Kenntnissen dargeboten habe, würde jeder Sanitäter in Ausbildung übertreffen, meinte der Richter. Der 38-Jährige habe in “arroganter Selbstüberschätzung” während des Verfahrens eine “völlige Gleichgültigkeit gegenüber dem, was passiert ist” an den Tag gelegt: “Das war eine Arroganz, als wären Sie der beste Arzt aller Zeiten. Das, was Sie begangen haben, wird durch den Strafrahmen nicht auch nur annähernd aufgewogen. Sie haben Notarzt gespielt und mit dem Leben anderer gespielt.”

Apostol machte auch deutlich, dass er durchaus darüber nachgedacht habe, ein Unzuständigkeitsurteil zu fällen: “Es hätte nicht viel gefehlt, dass ich mich hier nicht für zuständig erkläre und Sie ein Mordverfahren vor Geschworenen bekommen.”

(apa)

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