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Fall Kührer - Alle drei Verdächtigen enthaftet

Im Fall der verschwundenen Julia Kührer sind heute auch die 27-jährige Frau und ihr um ein Jahr jüngerer Ex-Freund auf freien Fuß gesetzt worden. Für den zuständigen Korneuburger Haftrichter waren die Indizien nicht ausreichend, um weiter vom von der Staatsanwaltschaft angenommenen dringenden Tatverdacht in Richtung Freiheitsentziehung auszugehen. Der 21-jährige Bruder der Frau war bereits am Dienstagabend enthaftet worden.
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Fall Julia Kührer

Dem Haftrichter reichten das Beweismaterial und die Ergebnisse der am Montag an den Adressen der drei Verdächtigen durchgeführten Hausdurchsuchungen nicht aus, um die U-Haft zu verhängen. “Es fehlt der dringende Tatverdacht in Richtung Freiheitsentziehung”, erläuterte Gerichtssprecherin Christa Zemanek im Gespräch mit der APA.

Seine Mandantin habe mit dem Mädchen “keinen näheren Kontakt gehabt”, widersprach der Verteidiger der 27-Jährigen, Normann Hofstätter, der Staatsanwaltschaft, die von einer “Nahebeziehung” ausging. “Sie hat mit dem Verschwinden nichts zu tun.”

Der Umstand, dass bei der 27-Jährigen Drogen sichergestellt worden sind, wurde in der Haftverhandlung zwar thematisiert. Einerseits soll es sich dabei aber um geringe Mengen gehandelt haben, “vor allem aber ist klar, dass das nicht einen Zusammenhang mit dem Verschwinden Julias indiziert”, betonte Hofstätter.

Bei der Hausdurchsuchung war nach Julias Schulsachen, Büchern, Kleidung und ihrem Mobiltelefon gesucht worden. Offensichtlich wurden keine Gegenstände entdeckt, die den Verbleib des Mädchens erhellen hätten können.

Sein Mandant habe mit dem Verbleib Julia Kührers “absolut nichts zu tun”, betonte auch der Verteidiger des noch am Dienstag auf freien Fuß gesetzten 21-Jährigen. Der zum fraglichen Zeitpunkt Minderjährige habe Julia nicht gekannt und diese “höchstens einmal zufällig auf einem Zeltfest gesehen. Mehr an Kontakt hat es nicht gegeben”, sagte Roland Friis.

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg war hingegen davon ausgegangen, dass die drei jungen Leute “am Verschwinden der Julia Kührer beteiligt waren”. Das ist der Anordnung zur Vornahme der am Montag abgeschlossenen Hausdurchsuchung an den Adressen der drei Verdächtigen zu entnehmen, die der APA vorliegt.

Zentrale Bedeutung misst die Anklagebehörde einem Telefonat bei, das der Ex-Partner der 27-Jährigen am 1. Mai 2010 mit dieser führte und das auf Basis einer gerichtlich bewilligten Rufdatenüberwachung von der Sonderermittlergruppe “Zielfahndung Vermisste” abgehört wurde. Der 26-Jährige dürfte im Vorfeld in Erfahrung gebracht haben, dass Julias Ex-Freund neuerlich vernommen worden war. Nun “warnte” der 26-Jährige fernmündlich seine Ex-Freundin, der Bursch habe “alle verpfiffen”.

Auch die Ergebnisse einer Rufdatenerfassung machten die Ermittler stutzig: Demnach war Julia Kührer mit ihrem Mobiltelefon eine dreiviertel Stunde, nachdem sie zum letzten Mal am Hauptplatz in Pulkau gesehen wurde, in unmittelbarer Nähe zum Wohnsitz der Großeltern des 26-Jährigen eingeloggt. Für die Ermittler ergaben sich daraus offensichtlich ausreichende Indizien gegen das Trio. Unter anderem auch, weil der 26-Jährige am 27. Juni 2006 um 14.03 Uhr mit seinem Mobiltelefon in Sigmundsherberg eingeloggt war und sich damit nur wenige Kilometer von jener Bushaltestelle entfernt aufhielt, an der sich Julia Kührer am 27. Juni 2006 um 13.45 Uhr befand. Deren Handy wiederum wurde dann gegen 14.30 Uhr am Sendestandort Horn registriert, wo in unmittelbarer Nachbarschaft die Großeltern des 26-Jährigen leben.

Die Anklagebehörde unterstellte dem Trio die Intention, “die Wahrheitsfindung wesentlich zu erschweren oder gar unmöglich zu machen”. Es sei “im Zusammenhalt mit den bisherigen Erhebungsergebnissen zu schließen”, dass sie “an der Freiheitsentziehung der Julia Kührer beteiligt waren bzw. sind.”

Im Bundeskriminalamt (BK) war man davon ausgegangen, durch die Einvernahmen der drei jungen Leute viele Informationen gewonnen zu haben. Die Verdächtigen waren am Montag ab mittags bis 22.00 Uhr befragt worden, am Dienstag wurden die Einvernahmen um 8.00 Uhr fortgesetzt und dauerten – mit Pausen – bis 20.00 Uhr. Die 27-Jährige habe sich “nicht sehr kooperativ gezeigt, wenig gesagt und war sehr zurückhaltend in ihren Aussagen”, berichtete BK-Sprecher Alexander Marakovits.

“Jedes Puzzleteil muss zusammengesetzt werden. Und es ist nicht so, dass es keine heißen Spuren gibt”, betonte er am Vormittag. Bei den Hausdurchsuchungen seien Daten von Mobiltelefonen und Computern sichergestellt worden. Weiters wurden laut Marakovits synthetische Drogen und Tabletten mit der Wirkung von K.O.-Tropfen entdeckt, sowie eine Gaspistole.

Die damals 16 Jahre alte Schülerin Julia Kührer ist seit dem 27. Juni 2006 abgängig. Seit März geht das Bundeskriminalamt dem Fall im Rahmen eines Cold Case Managements wieder intensiv nach. Im Zuge der neu aufgerollten Erhebungen stellte sich heraus, dass das Mädchen an jenem Tag nach der Heimfahrt mit dem Schulbus noch um 13.30 Uhr am Hauptplatz in Pulkau mit drei Jugendlichen gesehen worden war, die aus einem silbernen Auto gestiegen waren.

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