AA

Faktencheck: Falschinfos zu Lebensmitteln mit Insekten

Auch zwei Wochen nach der EU-Verordnung zu Insekten in Lebensmitteln kursieren zahlreiche Falschmeldungen im Internet.
Auch zwei Wochen nach der EU-Verordnung zu Insekten in Lebensmitteln kursieren zahlreiche Falschmeldungen im Internet. ©pixabay.com (Symbolbild)
Zwei Wochen nach Inkrafttreten zweier neuer Durchführungsverordnungen der EU-Kommission sorgt das Thema "Insekten in Lebensmittel" weiter für Aufregung. Ein Faktencheck.
Faktencheck: Kennzeichnung von Lebensmittel mit Insekten

Oftmals scheint die Vernunft von negativen Gefühlen überlagert zu werden. Die Befürchtung, dass wir längst ohne unser Wissen Insekten verspeisen, ist auch der Falschbehauptung geschuldet, Insekten wären Weichtiere.

Falschinfos zu Lebensmitteln mit Insekten in Sozialen Medien

Einschätzung: Insekten sind keine Weichtiere, auch nicht im Larvenstadium. Allergenhinweise auf Weichtiere müssen auf EU-Lebensmitteln bereits seit einer Verordnung aus dem Jahr 2006 verpflichtend angegeben werden. Seit Ende 2011 gilt das auch bei unverpackten Speisen und Lebensmitteln, in der Gastronomie seit Ende 2014.

Überprüfung: Der Text, der in den vergangenen Tagen unzählige Male auf Facebook und in Telegram-Gruppen geteilt wurde, soll für manche Menschen ein Horrorszenario beschreiben: Schon jetzt fänden sich demnach etwa in Teigwaren Insekten - nämlich Weichtiere. Insekten sind aber keine Weichtiere, auch nicht in ihrem Stadium als Larven, die gemeinhin auch unpräzise als "Würmer" bezeichnet werden. Selbst echte Würmer zählen nicht zu den Weichtieren, beide gehören lediglich zu der nicht näher verwandten Gruppe der wirbellosen Tiere.

Schnecken und Muscheln gehören zu der Gruppe der Weichtiere

Zu der Gruppe der Weichtiere gehören etwa Schnecken, Muscheln und Tintenfische. Daraus gewonnene Erzeugnisse werden unter anderem "in Würzpasteten, Paella, Suppen, Soßen, Marinaden oder Feinkostsalaten verarbeitet". Sie müssen in Produkten laut Richtlinie 2006/142/EG spätestens seit Weihnachten 2008 als Allergene berücksichtigt werden.

Allergenhinweise auf Lebensmittel in der EU seit Jahren verpflichtend

Solche Allergenhinweise auf Lebensmitteln sind in der EU bereits seit vielen Jahren verpflichtend anzugeben. Wie in der EU-Lebensmittelverordnung 1169/2011/EG (LMIV) erneut festgehalten wurde, fallen auch "Weichtiere und daraus gewonnene Erzeugnisse" darunter. Sie bilden die letzte der 14 Allergen-Gruppen.

Zwölf Allergengruppen galten in der EU als anführungspflichtig

Davor, konkret seit der Richtlinie 2003/89/EG von Ende 2003 als Ergänzung der EU-Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG, galten zwölf Allergengruppen als anführungspflichtig. Die Verpflichtung zur Angabe von Allergenhinweisen wurde mit Artikel 44, Absatz 1a der LMIV auf unverpackte Produkte erweitert. Seit Ende 2014 sind die Hinweise darauf auch in der Gastronomie verpflichtend anzugeben. Die mediale Berichterstattung dazu war damals umfangreich.

Alle Lebensmitteln in der EU müssen gekennzeichnet sein

Somit müssen seither alle in der EU erhältlichen allergenen Lebensmittel und Speisen entsprechend gekennzeichnet sein. Konsumentinnen und Konsumenten mit Allergien können also bereits seit vielen Jahren entscheiden, welche Produkte sie bedenkenlos kaufen und verzehren können und auf welche sie besser verzichten.

Mehr noch: Neben der verpflichtenden Allergeninformation für Lebensmittelproduzenten gibt es laut LMIV auch "freiwillig bereitgestellte Informationen". Darunter fällt beispielsweise die in den Postings erwähnte Angabe, dass ein Lebensmittel Spuren anderer allergieauslösender Stoffe beinhalten kann. Davon machen häufig Betriebe Gebrauch, die verschiedene Produkte mit unterschiedlichen allergenen Inhaltsstoffen herstellen.

EU-Verordnung zu Insekten in Lebensmittlen

Während Weichtiere laut EU-Verordnung als eigene Allergengruppe angeführt werden, sind Insekten erst relativ kurz auf dem EU-Markt. Personen mit Allergien gegen Weichtiere - neben Krebstieren und Hausstaubmilben - könnten allerdings auch mit höherer Wahrscheinlichkeit als andere auf den Verzehr von Insekten allergisch reagieren. Deshalb reicht laut EU-Kommission bis zum Vorliegen konkreterer Forschungsergebnisse zur Allergenität von Insekten in Lebensmitteln der Hinweis auf obenstehende Allergene "in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste". Die APA veröffentlichte rund um die neuen EU-Verordnungen zu Insekten in Lebensmitteln erst kürzlich einen Faktencheck.

Unverpackte Ware im Supermarkt: Keine Allergen-Auskunftspflicht

Dass die Filialleiter des Supermarktes - wie in den Postings behauptet - von den kürzlich in Kraft getretenen Durchführungsverordnungen nichts wussten, kann ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Denn lediglich zu unverpackter Ware im Supermarkt herrscht eine schriftliche Allergen-Auskunftspflicht. Mündliche Weitergabe ist nur durch geschultes Personal erlaubt.

Restaurants zur Allergen-Auskunft auch bei Insekten verpflichtet

Von der Auskunftspflicht betroffen sind neben Restaurants auch "alle Einrichtungen (inkl. Verkaufsfahrzeuge und mobile Stände), die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit Lebensmittel für den unmittelbaren Verzehr durch den Endverbraucher abgeben" (18), also etwa auch der bäuerliche Direktvertrieb. "Zuständig für die innerstaatliche Umsetzung ist in Österreich das Gesundheitsministerium", schreibt dazu die Wirtschaftskammer.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Faktencheck: Falschinfos zu Lebensmitteln mit Insekten
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen