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Experten: Normalität gibt es nur durch Impfung

In nächster Zukunft gibt es keine Alternative.
In nächster Zukunft gibt es keine Alternative. ©APA/dpa-Zentralbild/Hendrik Schmidt
Laut Herwig Kollaritsch und Ursula Kunze wird es keine Normalität ohne die Impfung geben. In nächster Zukunft wird es keine Alternative geben.

Zur "alten Normalität" ohne Lockdowns, Bewegungseinschränkungen und Distanzregeln führt kein Weg an Impfungen gegen das SARS-CoV-2 Virus vorbei. Das erklärten Herwig Kollaritsch und Ursula Kunze von der Medizinischen Universität (MedUni) Wien Mittwochnachmittag vor Journalisten. Die angebotenen Seren hätten ihre Sicherheit bei mittlerweile 42 Millionen immunisierten Personen weltweit bewiesen, nachdem sie in klinischen Tests so streng geprüft wurden, wie wenige Vakzine zuvor.

Impfungen in nächster Zukunft alternativlos

Dass die völlig neue Technologie (mit mRNA) der in Österreich verfügbaren Impfstoffe und deren schnelle Entwicklung die Menschen verunsichern, sei nachvollziehbar, so Kollaritsch, der am Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Meduni Wien arbeitet, bei einem vom Verein zur Förderung der Impfaufklärung organisierten Pressegespräch. Die Impfungen seien aber sicher und in nächster Zukunft alternativenlos, wenn die aktuellen massiven Einschnitte ins persönliche Leben ein Ende finden sollen. "Wir haben jetzt die Impfung, die uns da rausholen kann, das kann keine andere Maßnahme", so Kunze, die am Institut für Sozialmedizin der MedUni forscht: Die einzige Alternative, die jedoch keiner will, seien andauernde Lockdowns mit massiven Kollateralschäden.

"Impfungen sind eigentlich das Einzige in der Schulmedizin, das 'Bio' ist", meinte Kollaritsch. Die neuen mRNA-Technologien und alle bisher verfügbaren Methoden arbeiten auf die gleiche Weise: Sie regen das menschliche Immunsystem an, Antikörper gegen Krankheitserreger zu produzieren. "Das Ganze läuft im Gegensatz zu einer Infektion unter kontrollierten Bedingungen ab", so der Mediziner. Sie regen die erwünschte Immunreaktion an, ohne wie der jeweilige Erreger die unerwünschte Krankheit auszulösen. "Bei den mRNA-Seren injiziert man nur einen kleinen Teil der Erbinformation des Virus und unser Organismus bastelt sich quasi den Impfstoff selbst und macht gleich eine Immunantwort darauf", sagte er. Weil diese Impfstoffe so sehr auf natürliche Art wirken, seien sie hocheffektiv.

Impfstoff kann menschliches Erbgut nicht verändern

"Es kann auch nicht passieren, dass der Impfstoff das menschliche Erbgut verändert, wie immer wieder gemutmaßt wird", erklärte Kunze: Das injizierte Virus-Erbgut-Stück kann nicht in den Zellkern zum menschlichem Erbgut gelangen. "Die mRNA erreicht im Körper gerade einmal ihre Wirkung, dass ein Eiweißstoff gebildet wird, der die menschliche Immunantwort auslöst, dann wird sie blitzartig abgebaut", so Kollaritsch.

Wenige andere Impfstoffe seien so umfangreich getestet worden, wie jene gegen das Coronavirus, sagte er: Die FSME-Impfung (die in Österreich sehr oft Zecken-Impfung genannt wird und vor einer von Zecken übertragenen, viralen Gehirnhautentzündung schützt) wurde nicht einmal bei einem Zehntel so viel Probanden wie die Corona-Vakzine getestet.

Corona-Erkrankungen mit vielen Langzeit-Nebenwirkungen

Auch von vielen Leuten in den Raum gestellte, sehr spät auftretende Nebenwirkungen gäbe es bei Impfungen eigentlich nicht. Mögliche Probleme treten in der Regel sehr rasch auf und haben höchstens lange wirkende Nebenwirkungen. Bei der ersten verfügbaren Pockenimpfung gab es beispielsweise Epilepsie als Folge einer Impf-Enzephalitis (Gehirnentzündung). Solch ein Serum würde aber heute nie und nimmer zugelassen, sagte er.

Im Gegensatz zur Impfung hat die Covid-19 Erkrankung sehr wohl Langzeit-Nebenwirkungen, so Kunze: "Viele Patienten haben nach der Infektion Langzeitprobleme wie Organschäden, Kopfschmerzen und Atembeschwerden, selbst wenn sie einen milden Verlauf hatten", sagte sie: "Niemand von ihnen verlässt das Krankenhaus und kann dann am Schneeberg eine ausgelassene Wanderung machen".

Auch Allergiker gegen Pollen, Gräser und Co. können bedenkenlos geimpft werden - nur wenn jemand bei einer vorhergegangenen Impfung eine Reaktion gegen einen Inhaltsstoff des Serums zeigte, sei dies problematisch, erklärte Kunze. Die Seren wären auch bei Personen mit chronischen Grunderkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislaufbeschwerden und Autoimmunkrankheiten sehr sorgfältig getestet worden und die Leute haben sie wunderbar vertragen, berichtete sie.

Für Schwangere gäbe es keine Zulassungen, weil jene nicht in die Impfstudien inkludiert waren. "Alle trotzdem aufgetretene Schwangerschaften bei den Probandinnen verliefen aber problemlos", so die Medizinerin. Deshalb könne man in Einzelfällen überlegen, auch schwangere Frauen zu impfen, wenn diese zum Beispiel eine gefährliche Grunderkrankung haben und stark exponiert sind.

Bereits Erkrankte müssen nicht gleich geimpft werden

Wenn jemand eine Corona-Krankheit mit Symptomen durchgemacht hat, trägt er im Regelfall sechs Monate oder länger Antikörper und muss nicht unbedingt gleich geimpft werden, erklärte Kollaritsch: . "Er kann aus Solidarität zurückstehen und sich erst später impfen lassen, es ist aber auch kein Schaden, wenn er gleich geimpft wird, denn das kann die vorhandene Immunität massiv verstärken".

Kollaritsch bekräftigte auch eine Aussage aus einem "Standard"-Interview vom Mittwoch: Er sei skeptisch, dass der Impfplan exakt eingehalten werden kann und bis Ende März 1,7 Millionen Menschen über 65 Jahren in Österreich geimpft sind. Die logistische Herausforderung, dies zu bewerkstelligen, wäre einfach zu groß. Trotz der Lieferverträge mit den Herstellern wisse man nie exakt, wann die Chargen ankommen, und muss die Logistik immer anpassen, je nachdem wie viel jedes Mal hereinkommt, sagte er. Bis dahin sind nur mehr zwei Monate Zeit, und er bejahte auch, dass der Impfplan zu unrealistisch erstellt, und die Logistik nicht genau genug geplant wurden. "Man sollte aber niemandem Vorwürfe machen, wenn die Impfungen eine Woche früher oder später passieren, ich kann versichern, dass alle Beteiligten mit enormer Kraft arbeiten", betonte er.

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(APA/Red)

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