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Europa: Tausende Entführungsfälle

Der Fall Kampusch ist in Europa kein Einzelfall: Laut EU-Kommission werden pro Jahr tausende Kinder entführt und sexuell ausgebeutet.

In Italien seien im Vorjahr 1.850 Minderjährige spurlos verschwunden, in Belgien 1.022 Kinder und Jugendliche. In Großbritannien registrierte die Polizei in den Jahren 2002 und 2003 insgesamt 846 Fälle von Kindesentführungen. Einige Opfer tauchten – ähnlich wie Natascha Kampusch – erst nach Jahren wieder auf.

Der international wohl bekannteste und erschütterndste Fall von Kindesentführung und Misshandlung, der schließlich in brutalen Morden gipfelte, ist jener des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux. Der heute 49-Jährige hatte ab dem Frühjahr 1996 sechs Mädchen im Keller seines Hauses in Charleroi gefangen gehalten – vier überlebten die Tortur nicht.

Nur eine Woche nach der Verurteilung von Marc Dutroux zu lebenslanger Haft im Juni 2004 erschütterte Belgien ein neuer Kindermörderskandal. Michel Fourniret hatte gestanden, zwischen 1987 und 2001 in Belgien und Frankreich insgesamt sechs Mädchen getötet zu haben. Den Ermittlungen zufolge könnten dem damals 62-jährigen Franzosen allerdings „um die zehn“ Menschen zum Opfer gefallen sein, darunter auch Erwachsene. Im Jänner 2006 wurde Fourniret an Frankreich ausgeliefert. Auch das Bundeskriminalamt hatte überprüfen lassen, ob es beim Verschwinden Natascha Kampuschs einen Zusammenhang mit den Taten Fournirets gäbe.

Etwa einen Monat zuvor, im Mai 2004, wurden zwei russische Mädchen aus der Gewalt ihres Peinigers befreit. Ein 53-jähriger Russe soll sie drei Jahre in ein Kellerverlies gesperrt und immer wieder vergewaltigt haben. Eines der beiden Mädchen hat in dieser Zeit zwei Kinder geboren, das andere Mädchen war zum Zeitpunkt der Befreiung im achten Monat schwanger. Beide galten seit dem 2. Oktober 2000 als vermisst. Damals waren sie 14 und 17 Jahre alt. Die Polizei hatte sie bereits für tot gehalten.

Im Dezember 1999 hatte die Polizei in New York ein Ehepaar und deren minderjährigen Sohn festgenommen, weil diese ein zwölfjähriges Mädchen entführt und mehr als ein Jahr als Sex-Sklavin gefangen gehalten haben. Die Familie lockte die Zwölfjährige Ende März 1998 in ihr Haus im Stadtteil Bronx, fesselte und versteckte sie im Keller, wo sie monatelang missbraucht wurde.

In einigen Fällen wurden die Opfer – oft erst nach Jahren – freigelassen, oder es gelang ihnen freizukommen. Natascha Kampusch ist also kein Einzelfall – Eine Chronologie:

1997: Nach einem Hausbrand in Philadelphia (USA) gehen die Behörden davon aus, dass ein damals zehn Tage altes Mädchen in den Flammen ums Leben gekommen ist. Sechs Jahre später entdeckt die Mutter ihre totgeglaubte Tochter bei einem Kindergeburtstag. Das Mädchen war von der Brandstifterin entführt worden.

1991: In Dessau in Sachsen-Anhalt verschwindet der drei Monate alte Wilbert. Erst zwei Jahre später können die Eltern ihr einziges Kind wieder in die Arme schließen. Der Bub hatte zwei Jahre ganz normal bei einer fremden Familie in Duisburg gelebt.

8. Dezember 1990: Unbekannte entführen die 14 Monate alte Crystal Anzaldi aus San Diego (Kalifornien). Sieben Jahre später wird das Mädchen nach einer Anzeige wegen Kindesmisshandlung bei einer 35-Jährigen in Puerto Rico gefunden.

27. Februar 1981: Ein zwölfjähriges Mädchen aus Kalifornien wird von einem Arbeiter entführt. Er soll das Kind in seinem Haus mehrfach sexuell missbraucht haben, bevor er es fünf Monate später zu den Eltern zurückschickt.

14. Februar 1980: Der fünfjährige Timothy White wird in den USA entführt. Wenige Wochen später bringt ihn der 14-jährige Steven Stayner zur Polizei. Dabei stellt sich heraus, dass beide Jungen von einem 48-Jährigen gekidnappt worden sind – Steven bereits 1972.

1978: Ein vier Monate altes Mädchen wird aus einem Kinderheim im US-Bundesstaat Indiana entführt und von seinen „neuen Eltern“ – einem Baptisten-Priester und seiner Frau – 20 Jahre lang gequält und missbraucht. Erst 1997 entdecken Ärzte zufällig die schweren Misshandlungen und alarmieren die Polizei.

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