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Euro-Angst bringt Franken-Rekordhoch

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Bregenz - Der Schweizer Franken profitiert als "sicherer Hafen" – Vorteile für den heimischen Einzelhandel.

Noch nie zuvor waren Schweizer Franken im Vergleich zum Euro so teuer. Es ist offenbar die Angst vor einem Crash der Euro-Zone, die die Schweizer Währung auf Rekordniveau steigen lässt. Manche Bankexperten sehen im Franken bereits die neue D-Mark. Wie wird es weitergehen. Die VN sprachen darüber mit Roland Rupprechter, MBA, Leiter Asset- und Portfolio-Management in der Hypo-Landesbank Vorarlberg.

Warum ist der Schweizer Franken so hoch?

Rupprechter: Zuletzt geriet die Gemeinschaftswährung vor allem wegen der sich wieder verstärkenden Sorgen um die langfristige Zahlungsfähigkeit einzelner Euro-Peripheriestaaten wieder unter Druck. In diesem Umfeld profitiert der Franken von seinem Status als „sicherer Hafen“. Auch die jüngst ausgewiesenen überraschend guten Schweizer Konjunkturdaten wirkten sich positiv auf den Frankenkurs aus.

Wie reagiert die Schweizer Notenbank auf den hohen Franken?

Rupprechter: Aufgrund des hohen Franken und der Sorge um die künftige konjunkturelle Entwicklung reduzierte die Notenbank bei ihrem jüngsten Treffen vor einer Woche ihre Inflationserwartung für die mittlere Frist nach unten. Damit hat sich die Notenbank für eine Beibehaltung der lockeren Zinspolitik entschieden, um einer weiteren Franken-Aufwertung keinen Vorschub zu leisten. Neuerliche Devisenmarkt-Interventionen sind meines Erachtens nicht zu erwarten.

Wer profitiert vom hohen Franken?

Rupprechter: Der starke Franken beschert den heimischen Einzelhändlern deutliche Umsatzzuwächse. Auch der heimische Tourismus spürt eine deutliche Geschäftsbelebung mit Schweizer Touristen. Ihre Kaufkraft ist in den letzten zweieinhalb Jahren durch den erstarkten Schweizer Franken um über 20 Prozent gestiegen. Gewinner sind auch Exportunternehmen aus Vorarlberg, die vorwiegend im Euro-Raum produzieren, denn ihre Waren sind für den Schweizer Markt billiger geworden. Die Exportwirtschaft gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit. Profiteure sind auch Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten und ihren Lohn in Franken beziehen, den Lebensunterhalt aber in Vorarlberg in Euro bestreiten.

Wer ist von der Frankenstärke negativ betroffen?

Rupprechter: Die Franken- Stärke ist negativ für heimische Unternehmen, die Produkte aus der Schweiz importieren. Ebenfalls negativ betroffen sind Produktionsbetriebe, die Halbfertigprodukte aus der Schweiz importieren und deren Endprodukte im Inland verkaufen. Für heimische Konsumenten, die gerne in der Schweiz einkaufen, verteuern sich die Produkte aus der Schweiz. Betroffen ist auch die Schweizer Tourismusindustrie, da eine Reise in die Schweiz für Vorarlberger Touristen teurer wird. Entweder sinkt die Zahl der heimischen Touristen oder die Tourismusanbieter müssen die Preise senken, womit die Margen sinken.

Was bedeutet der starke Franken für Kreditnehmer?

Rupprechter: Für die Kreditnehmer wirkt sich der aktuell steigende Franken unangenehm aus. Die Buchschuld ist höher geworden. Dem steht positiv gegenüber, dass die Schweizer Nationalbank entgegen vieler Prognosen die Zinsen beim ihrem Treffen am 16. Dezember nicht erhöht hat. Wir empfehlen bei der nächsten Franken-Schwäche bzw. Euro-Erholung mindestens die Hälfte des Franken- Kredites in Euro zu konvertieren.

Wie wirkt sich der hohe Franken für Anleger aus?

Rupprechter: Sehr positiv für Anleger aus dem EU-Raum, die Investitionen in Franken getätigt haben. Dank dem erstarkten Franken erzielen diese Buchgewinne. Verlierer hingegen sind Schweizer Anleger, die einen großen Teil ihres Portfolios in Euro-Anlagen halten. Der Sinkflug des Euro schlägt sich unmittelbar in Buchverlusten nieder.

Wie geht es mit dem Franken-Kurs weiter?

Rupprechter: Wir halten an unserer EUR/CHF-Wechselkursprognose von 1,38 auf Jahressicht fest und erwarten somit perspektivisch einen schwächeren Franken gegenüber dem Euro. Diese Erwartung ist verknüpft mit unserer Einschätzung, dass von politischer Seite eine Verschärfung der Euro-Staatsschuldenkrise vermieden werden kann.

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