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EU-Wahlkämpfe bei der SPÖ

Die SPÖ zieht mit Andreas Schieder als Spitzenkandidat in den EU-Wahlkampf.
Die SPÖ zieht mit Andreas Schieder als Spitzenkandidat in den EU-Wahlkampf. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Bei der SPÖ gestalte sich die EU-Wahlen immer wieder als Berg- und Talfahrten. Heuer geht die Partei mit Andreas Schieder in den Wahlkampf. Auftakt ist am Samstag.

Die SPÖ und die EU-Wahlen, das ist eine Art Berg- und Talfahrt. Erfolge wechselten sich mit klatschenden Niederlagen ab. Nicht jeder Quereinsteiger erwies sich als Goldgriff, alte Europaveteranen reüssierten mal mehr, mal weniger. Am 26. Mai versucht die SPÖ, mit Andreas Schieder an der Spitze ein drittes Mal Platz eins in der Wählergunst zu erobern – und startet am Samstag ihren Wahlkampf.

SPÖ hat nicht den Ruf einer Europapartei

Ganz friktionsfrei war das Verhältnis der SPÖ zur Europäischen Gemeinschaft, wie sie früher hieß, lange nicht. Die EG galt als Hort des Kapitalismus, ein Beitritt schien bis in die 1980er-Jahre nicht opportun. Lieber setzte man auf das Freihandelsabkommen EFTA. Vor allem, aber nicht nur die Gewerkschaft beäugte Brüssel skeptisch.

Die Wende leitete Franz Vranitzky ein, der sich als Kanzler mit dem Koalitionspartner ÖVP auf den Europazug setzte und nicht nur in der eigenen Partei sondern auch in der Bevölkerung eine Mehrheit für den Beitritt zur EG herbeiführte. Bei den Verhandlungen dazu spielte neben Außenminister Alois Mock auch eine Sozialdemokratin eine wichtige Rolle, die damalige EU-Staatssekretärin und spätere Siemens-Managerin Brigitte Ederer.

Dennoch gelang es der SPÖ anders als der ÖVP nie, den Ruf einer Europapartei aufzubauen. Dazu trug wohl auch bei, dass stets die Volkspartei den EU-Kommissar Österreichs stellte. Dies hing nicht nur mit dem jeweiligen Verhandlungsgeschick der ÖVP zusammen sondern auch damit, dass den Sozialdemokraten in der Großen Koalition stets andere Posten wichtiger waren, etwa die Besetzung des ORF-Generaldirektors.

Europawahlen eng mit Hannes Swoboda verbunden

Was die Europawahlen anging, sind diese sozialdemokratisch gesehen eng mit Hannes Swoboda verbunden. Als am 13. Oktober 1996 Österreichs Bevölkerung erstmals Mandate im EU-Parlament vergab, stand der intellektuelle Wiener Planungsstadtrat an der Spitze der roten Liste. Für Platz eins reichte es zur großen roten Enttäuschung nicht. Die Quereinsteiger-Riege der ÖVP um ORF-Journalistin Ursula Stenzel und Kaiserenkel Karl Habsburg hängte die SPÖ knapp ab. 29,7 zu 29,2 Prozent lautete das Verdikt des Wählers, der auch die FPÖ nur knapp hinter die beiden ehemaligen Großparteien platzierte.

Drei Jahre später versuchte die SPÖ die ÖVP zu kopieren und ging mit einem prominenten Neuling ins Rennen, Hans-Peter Martin, streitbarer Bestseller-Autor. Der holte zwar tatsächlich einen Zugewinn (auf 31,7 Prozent) und Platz eins, war aber bald im Bösen weg, nachdem die SPÖ Swoboda wieder zum Fraktionschef machte. Diese Trennung sollte Langzeitwirkungen haben, trat Martin doch bei den kommenden beiden Urnengängen mit eigener Liste an und fuhr fulminante Ergebnisse ein.

Martin hin oder her, die SPÖ konnte sich 2004 auf 33,3 Prozent steigern, da die FPÖ zusehends implodierte. Platz eins konnte auch gehalten werden – eine späte Genugtuung für Swoboda bei dessen zweitem Spitzenkandidaten-Versuch.

Mit der Herrlichkeit war es freilich fünf Jahre später wieder vorbei. 2009 stürzten die Sozialdemokraten mit einer trostlosen A-Team-Kampagne um Spitzenkandidat Swoboda böse ab und konnten mit 23,7 Prozent der ÖVP (30 Prozent) nicht das Wasser reichen. Swoboda selbst stieg in der folgenden Periode dafür zum Vorsitzenden der europaweiten sozialdemokratischen Fraktion im Parlament auf.

2014: Eugen Freund als Spitzenkandidat

Auch nicht ohne Stolpern lief der bisher letzte Wahlkampf, jener von 2014. Die SPÖ meinte, mit ORF-Journalist Eugen Freund einen publikumswirksamen Spitzenkandidaten gefunden zu haben, der sich und seine Partei dann aber mit abgehobenen Interviews rasch in die Bredouille brachte. Das kleine Plus auf 24,1 Prozent wurde letztlich sogar als Schadensminimierung erleichtert entgegengenommen, umso mehr als die ÖVP deutlich verlor, freilich Platz eins mit 27 Prozent locker hielt.

Nun soll es ein komplett neues Team richten. Schieder als langjähriger Klubobmann und außenpolitischer Sprecher der Partei einschlägig profiliert, führt eine Liste voller Newcomer an. Einzig Evelyn Regner wird in der kommenden roten Fraktion schon Europaparlamentserfahrung haben.

EU-Wahl 2019: SPÖ-Programm mit Reichen- und Umweltfokus

Die SPÖ setzt bei ihrem Programm für die EU-Wahl ganz auf den Kampf gegen die Reichen, die Stärkung der Arbeitnehmer-Rechte und die Bewahrung der Umwelt. Zudem soll Rechtsextremismus zurückgedrängt werden.

Sich selbst schildern die Sozialdemokraten bei dem Urnengang als dritten Weg aus – neben “Europa-Zerstörern” wie Ungarns Premier Viktor Orban und Italiens Innenminister Matteo Salvini und Konservativen, die für die großen Konzerne da seien, und in Staaten wie Österreich selbst Öl ins Feuer des Nationalismus gießen würden. Die Sozialdemokratie sei hingegen das starke Bollwerk gegen den Rechtsruck in Europa und trete für ein Europa des Zusammenhalts, der sozialen Gerechtigkeit und der Fairness ein, heißt es im Wahlprogramm.

Gar nicht gefällt der SPÖ, dass US-Riesen wie Google und Apple zu wenige Steuern zahlen. Daher will man als gerechten Beitrag der Konzerne eine echte Digitalsteuer und eine Finanztransaktionssteuer. Digitalkonzerne sollen durch die Einrichtung digitaler Betriebsstätten verpflichtet werden, auch vor Ort erreichbar und besteuerbar zu sein. Weiters will man europaweite Mindeststeuersätze auf Unternehmensgewinne, um schädlichen Steuerwettbewerb einzudämmen.

SPÖ-Programm: Einführung europaweiter Mindestlöhne

Auch zu den Zielen der Sozialdemokraten gehört die Einführung europaweiter Mindestlöhne und Mindeststandards. Mehr Jobs erwartet man sich durch ein Umschulungsprogramm und eine Re-Integration in den Arbeitsmarkt nach Vorbild der (von der aktuellen Regierung sistierten) “Aktion 20.000” in Österreich. Eher allgemein kommt die Forderung, das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern EU-weit zu beseitigen.

Europaweit würde die SPÖ, so sie könnte, auch eine CO2-Steuer einführen. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß halbiert werden. Sofort verbieten will man bienengefährdende Mittel. Der Einsatz von Glyphosat und anderen Pflanzenschutzmitteln, deren negative Auswirkungen auf die Gesundheit nicht ausgeschlossen werden können, soll untersagt werden. Deckeln möchte man die Agrarförderungen.

Extra verankert werden soll ein Privatisierungsverbot für Trinkwasser. Grundsätzlich wünscht man sich einen Privatisierungsstopp in Europa. Der soziale Wohnbau soll von den EU-Wettbewerbsregeln ausgenommen werden.

Vormarsch rechter Parteien sorgt für Besorgnis

Besorgt zeigt sich die SPÖ, was den Vormarsch weit rechts stehender Parteien angeht. Als Gegenmaßnahme will sie etwa ein europäisches Verbotsgesetz gegen Rechtsextremismus. Bei Grundrechtsverstößen soll es einen Förderstopp der EU geben. Zudem wünscht man sich ein Frühwarnsystem für Rechtsstaatlichkeit.

Abgestimmt wird das Programm Samstagmittag zum Abschluss des roten Themenrats (Bundesparteirats) in Wien.

Steckbrief von SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder

Steckbrief von Andreas Schieder, der am 26. Mai 2019 als Spitzenkandidat für die SPÖ bei der Wahl zum Europaparlament antritt:

  • Geboren am 16. April 1969 in Wien
  • Wohnort: Wien
  • Erlernter Beruf: Ökonom
  • Familienstand: Lebensgefährtin (Wiens Ex-Sozialstadträtin Sonja Wehsely), ein Sohn
  • Lieblingsmusik: Rolling Stones
  • Lieblingsbuch: “Unter Leuten” von Juli Zeh
  • Hobbys: Wandern, Skifahren, Radfahren, Lesen
  • Politischer Werdegang:
    • Abgeordneter zum Wiener Landtag 1997-2006
    • Bezirksparteivorsitzender der SPÖ Wien 14., Penzing seit 2002
    • Mitglied im Ausschuss der Regionen der EU 2002-2006
    • Mitglied der österreichischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2007-2008
    • Abgeordneter zum Nationalrat 2006-2008
    • Obmann des Außenpolitischen Ausschusses im Nationalrat 2007-2008
    • SPÖ-Klubobmann 2013-2018
    • Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Juli-Dezember 2008
    • Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen 2008 – 2013
  • Beruflicher Werdegang:
    • Studium der Volkswirtschaft an der Universität Wien (Mag. rer. soc. oec.) 1990-2002
    • Internationaler Sekretär, Sozialistische Jugend Österreich 1992-1996
    • Elternkarenz 1995-1996
    • Wirtschaftspolitische Abteilung, Arbeiterkammer Wien (karenziert) 2002-2007
    • Internationaler Sekretär, SPÖ 2007-2008

(APA/Red)

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