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EU-Wahl: SPÖ offiziell in Wahlkampf gestartet

Mensch statt Konzern ist das Motto beim Wahlkampf-Auftakt.
Mensch statt Konzern ist das Motto beim Wahlkampf-Auftakt. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Samstag ist die SPÖ offiziell in den Wahlkampf gestartet. Bei einem so genannten Themenrat stand alles unter dem Motto "Mensch statt Konzern".

Die SPÖ ist am Samstag offiziell in ihren Wahlkampf gestartet. Dazu dient ein so genannter Themenrat, mehr oder weniger ein kleiner Parteitag mit dem Motto “Mensch statt Konzern”. Aufgeboten hatten die Sozialdemokraten Samstagvormittag in der Ankerfabrik in Wien-Favoriten das, was in Zeiten ohne Regierungsbeteiligung an Prominenz verblieben ist.

SPÖ: EU-Wahlkampf gestartet

Angeführt wurde die Gästeschar von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sowie vom europaweiten sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans. Auch den Spitzen der österreichischen Liste Andreas Schieder und Evelyn Regner wurde ein feierlicher Einzug gewährt. Von den Landeshauptmännern der SPÖ fehlt der Burgenländer Hans Peter Doskozil, der bei einem Landespartei-Termin im Bezirk Oberpullendorf (mit der Verabschiedung von Norbert Darabos) weilte.

Stimmung machte gleich zu Beginn Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda – und das, indem er die Teilergebnisse der für die Sozialdemokraten erfolgreich verlaufenen Arbeiterkammer-Wahl deklamierte, was in erstaunlich ausführlichen Standing Ovations für Kammerpräsidentin Renate Anderl endete. Die bei dem Urnengang erfolgreiche Mobilisierung möge Vorsatz für die EU-Wahl sein, warb Drozda.

Wiener Bürgermeister hob Bedeutung der Wahl hervor

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hob in seinem Eingangsstatement hervor, dass es eine entscheidende Wahl sei, die zeigen werde, wie es in Europa weitergehe – ob mit einem Europa der Konzerne, einem Europa, das sogar Rechtsextreme einschließe, oder mit einem Europa, das den Menschen in den Mittelpunkt stelle. Ein besonderes Lob gab es für den roten Spitzenkandidaten, einst sein Kontrahent ums Bürgermeisteramt, der sich schon von Jugend an mit Europa auseinandergesetzt habe. Wenn jemand Europa- mit nationaler oder auch kommunaler Politik verbinden könne, dann habe dieser den Namen Schieder.

Der Themenrat ist einzig dem Wahlprogramm und der Vorstellung der Kandidaten gewidmet. Gewählt worden waren die schon beim vorgezogenen Bundesparteitag vergangenen Dezember im Wels.

Rendi-Wagner mit scharfen Attacken gegen Koalition

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat beim sozialdemokratischen Themenrat zur EU-Wahl scharfe Attacken gegen die Regierungsparteien geritten. Der FPÖ attestierte sie, sich von Rechtsradikalen gar nicht distanzieren zu wollen. ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnete sie als “Türöffner für Rechtsextreme”

Die EU-Wahl schilderte Rendi-Wagner vor den 800 Gästen des Rats als Richtungsentscheidung. Die Frage sei, ob sich jene Kräfte durchsetzen, die Europa schwächen wollen oder jene, die es stärken wollen. Die SPÖ sieht sie dafür gut vorbereitet, umso mehr, als man aus der AK-Wahl nicht Rückenwind sondern sogar einen Rückensturm mitgenommen habe.

Ähnlich wie beim EU-Beitritt Österreichs hofft die SPÖ-Vorsitzende, dass es gelingen wird, die Menschen mitzunehmen und sie an der Hand in eine bessere Zukunft zu führen. Das gemeinsame Europa müsse erhalten werden, weil es keine Alternative zu einer friedlichen und sozialen Zukunft “auf unserem Kontinent” gebe.

Rendi-Wagner äußerte Bedauern bezüglich des Brexits

Großes Bedauern äußerte Rendi-Wagner bezüglich des bevorstehenden Brexits. Dieser zeige, dass jene Scherben, die Nationalisten hinterließen, von anderen weggeräumt werden müssten – und das werde Jahrzehnte dauern.

Der FPÖ hielt die SPÖ-Chefin vor, selbst lange einen “Öxit” angepeilt zu haben. Zudem handle es sich um jene Partei, die es nach dem schrecklichen Attentat in Neuseeland weiter nicht schaffe, sich von rechtsradikalem Terror zu distanzieren: “Weil sie es vielleicht gar nicht können oder wollen.”

Verantwortlich dafür, dass solche Politiker in der Regierung sitzen können, sei freilich VP-Chef Kurz. Dabei sollte ein Bundeskanzler Brückenbauer in Europa sein, “aber kein Türöffner für Rechtsextreme, Nationalisten und Rechtsradikale”.

Schieder will Feuer löschen

SPÖ-EU-Wahl-Spitzenkandidat Andreas Schieder hat in seiner Rede am Themenrat zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen und davor gewarnt, dass nationale Kräfte die EU von innen zerstören wollten. Dabei gelte es für die SPÖ, die Wut der Bürger in die richtige Richtung zu lenken und ein Europa zu bauen, wo der Mensch im Mittelpunkt stehe.

Den größten Teil von Schieders Rede nahm aber das Thema Nationalismus und Rechtsextremismus ein. “Die Kellernazis kommen wieder aus den Löchern”, konstatierte der Spitzenkandidat gleich zu Beginn und sieht diese bereits “im Erdgeschoß unserer Gesellschaft angekommen”.

Auch Schieder mit scharfer Kritik an Regierung unterwegs

Die FPÖ hält er mit einschlägigen Gruppen für “tief verwoben”. Die ÖVP mit ihrer Kritik daran sei extrem unglaubwürdig, findet Schieder: “Weil sie könnte ja diese Koalition mit der FPÖ beenden, wenn das ernst gemeint wäre.”

Bei den Freiheitlichen vermutet Schieder, dass diese ihren Plan eines EU-Austritts noch nicht aufgegeben haben. Nur wegen des Brexit-Chaos habe man jetzt etwas Kreide gefressen. Tatsächlich stecke aber unter dem Schafspelz noch immer der gleiche Wolf.

Das Ziel der Rechten sei jedenfalls, Europa von innen zu zerstören, wie das Marine Le Pen schon vor Jahren klar gesagt habe. Inzwischen versaufe die Fraktion um die FPÖ noch eine halbe Million für Champagner, was nur noch “eine Verhöhnung der kleinen Menschen” darstelle.

Die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Othmar Karas erinnert Schieder an Max Frisch’ “Biedermann und Brandstifter”. Gelöscht werde ein Brand aber mit einem Feuerlöscher – “und der ist bekanntlich rot”.

Steuergerechtigkeit ist großes Thema

Weiteres größeres Thema in der Spitzenkandidaten-Rede war die Steuergerechtigkeit. So zahle das Floridsdorfer Gasthaus “Zum frohen Schaffen” das Zehnfache von Starbucks. So etwas könne nur beantwortet werden, indem man die Macht der großen Konzerne zerschlage. Den vielleicht allergrößten Applaus erhielt Schieder freilich, als er gegen Privatisierungen von kommunalen Dienstleistungen wetterte: “Hände weg vom Wasser und den Gemeindewohnungen.”

Der europaweite Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, der Niederländer Frans Timmermans, versicherte in seinem Redebeitrag, dass unter ihm als Kommissionspräsident Konzerne wieder Steuern zahlen würden. Gleichzeitig warb er für europäischen Mindestlohn und Mindestsicherung. An gleicher Stelle für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu bezahlen sei das beste Mittel gegen Hass.

Grundsätzlich betonte er, es sei eben die Aufgabe seiner Bewegung die Verbreitung von Hass in der Gesellschaft aufzuhalten. Er lasse sich dabei auch den Begriff Patriotismus nicht wegnehmen. Selbst sei er niederländischer Patriot, aber eben auch europäischer Patriot. Nationalismus führe dagegen immer zum Verhängnis: “Wir Sozialdemokraten werden unsere Nachbarn nie zu Feinden machen.”

Aufforderung: Gebrauch von Wahlrecht machen

Eindringlich warb er dafür, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, indem er die Bedeutung der Union hervorhob. Denn Klimawandel zu stoppen sei alleine nicht möglich und auch mit den USA und China zu verhandeln sei als geeintes Europa leichter.

ÖVP findet SP-Kritik unglaubwürdig

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer weist die Kritik der SPÖ an der Koalition mit der FPÖ als unglaubwürdig zurück. SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte Kanzler Sebastian Kurz als Türöffner für Rechtsextreme bezeichnet. Nehammer erwidert, dass die SPÖ im Burgenland und in Linz mit der FPÖ koaliert: “Nach der Logik von Rendi-Wagner wäre sie selbst eine Türöffnerin für die von ihr kritisierte Politik.”

(APA/Red)

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