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EU-Kommission kündigt halbe Mrd. Euro Hilfen für Bauern an

Überall in Europa gab es Milchbauern-Proteste
Überall in Europa gab es Milchbauern-Proteste
Die EU-Kommission hat während heftiger Bauernproteste in Brüssel ein Hilfsprogramm im Wert von einer halben Milliarde Euro für die Branche angekündigt. "Dieses Paket wird es erlauben, sofort 500 Millionen Euro an EU-Geldern zugunsten der Landwirte zu verwenden", teilte die Behörde am Montagnachmittag in Brüssel mit.
Chaos bei Demo in Brüssel
Milchbauern mit Großdemo

Zur gleichen Zeit beriet die Kommission mit den EU-Agrarministern über Maßnahmen gegen die gesunkenen Erzeugerpreise für Milch und andere Agrarprodukte. Das Paket habe drei Ansatzpunkte, erklärte die EU-Kommission: Finanzielle Engpässe von Bauern, eine Stabilisierung der Märkte und die Lieferkette.

Die EU-Regierungen sollen der Erklärung zufolge Spielraum haben, wie genau sie das Geld einsetzen. Ob und wie sie das Paket der Kommission selbst noch formell freigeben müssen, war zunächst unklar. Ebenso war noch offen, inwieweit ohnehin anstehende Zahlungen nur vorgezogen werden sollten.

Bestehende Interventionspreise werden nicht angehoben

Die EU-Kommission will im Rahmen ihres Hilfsprogrammes für Milchbauern die bestehenden Interventionspreise nicht anheben. Dies verlautete am Montag aus EU-Kommissionskreisen in Brüssel. Ein Grund dafür sei, dass das Überangebot bei derartigen Markteingriffen nicht zurückgehen würde, hieß es.

Von den 500 Mio. Euro sollen 400 Mio. aus der sogenannten Überschuss-Superabgabe für zielgerichtete Hilfsmaßnahmen für Bauern finanziert werden. Weitere 100 Mio. sollen zur Unterstützung für Marktmaßnahmen wie Promotion zur Erschließung neuer Exportmärkte verwendet werden, hieß es in Kommissionskreisen. Aus diesem Topf sollen auch Produzenten von Schweinefleisch, die wegen der aktuellen Marktsituation in Schwierigkeiten sind, unterstützt werden.

Nach Angaben der EU-Kommission zielen die Maßnahmen auf drei Bereiche ab: Bauern in Zahlungsschwierigkeiten sollen unterstützt werden, die Märkte sollen unterstützt werden und das Funktionieren der Lieferkette sichergestellt werden.

Milchpreise europaweit im Keller

Die Milchbauern hatten zuvor verlangt, aus der 900 Mio. Euro schweren Superabgabe, welche die Bauern wegen Überlieferung der Quote im Vorjahr im September an die EU zahlen müssen, Anreize für weniger Produktion zu finanzieren. Die Milchpreise sind derzeit europaweit im Keller. In Österreich sind sie um 25 Prozent in einem halben Jahr gefallen. Der heimische Erzeuger-Milchpreis für einen Liter konventionelle Milch liegt aktuell bei rund 30 Cent. Wegen des hohen Anteils an Biomilch ist die Lage in Österreich aber weniger dramatisch als in anderen EU-Ländern.

Traktoren-Demo sorgte für Verkehrschaos in Brüssel

Auf dem Weg ins Brüsseler EU-Viertel hatten am Montagvormittag Milchbauern mit ihren Traktoren erhebliche Verkehrsbehinderungen auf belgischen Autobahnen und Nationalstraßen verursacht. Der belgischen Nachrichtenagentur Belga zufolge wurden am Montag in der Früh Staus mit einer Gesamtlänge von rund 140 Kilometern registriert. Allein auf der Autobahn A3/E40 waren nach Polizeiangaben 200 Traktoren unterwegs.

Auch österreichische Bauern bei Großdemo in Brüssel

Über 6.000 Landwirte wollten in Brüssel bei einem Sondertreffen der EU-Agrarminister für Hilfen demonstrieren. Sie leiden seit längerem unter einem starken Preisverfall für ihre Produkte. Auch österreichische Bauern nahmen an der Großdemonstration mit über 2.000 Traktoren teil. Wie Stefan Scheipl von der österreichischen IG Milch der APA sagte, ist eine Abordnung des Verbandes von sieben Leuten mit dem Zug nach Brüssel gekommen.

Die Zahl der österreichischen Milchbauern hat sich laut Scheipl seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 von 80.000 auf heute unter 30.000 reduziert. Gegenwärtig gehe es in Richtung “20.000 abwärts”, sagte der Verbandsvertreter. Mit Weltmarktpreisen könnten europäische Milchbauern nicht mithalten. In Österreich liege der Preis pro Liter Milch derzeit bei 32 Cent pro Liter, sagte Scheipl. Er ist damit noch höher als in vielen anderen europäischen Ländern. Trotz Vorteilen wie Bio- und Heumilch hätten die heimischen Bauern aber auch mit steigenden Produktionskosten zu kämpfen.

Teils chaotische Szenen bei Demo der Landwirte

Bei den Protesten in Brüssel ist es am Montag vereinzelt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Landwirte warfen am Nachmittag Flaschen und Pflastersteine auf die Polizisten, meldete die belgische Nachrichtenagentur Belga. Die Beamten setzten daraufhin Tränengas ein. Löschfahrzeuge waren im Einsatz, um brennende Heuhaufen zu löschen und Gruppen radikaler Landwirte zu zerstreuen.

©Heftige Proteste von Landwirten in Brüssel. (Bild: AP)

Dutzende italienische Milchbauern beteiligten sich unterdessen auf der Südtiroler Seite des Brenners an einer Demonstration gegen die ihrer Ansicht nach mangelnden europäischen Regeln über die Herkunft importierter Lebensmittelprodukte. Auf einem Rastplatz auf der A22 wurden Lkw angehalten, die transportierten Waren wurden kontrolliert.

“Wir wollen einen strukturellen Wandel der Milchproduktion”, forderte Erwin Schöpges von der belgischen Milcherzeuger-Interessengemeinschaft. Scharfe Kritik übten die EMB-Vertreter an den zuständigen Politikern in Deutschland und in der EU. EU-Agrarkommissar Phil Hogan sei “fehl am Platz”, er wolle, dass Milchbauern keinen Lohn mehr für ihre Arbeit bekommen, sagte Schöpges. Der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) blockiere, sei “sich seiner Verantwortung nicht bewusst” und “ist dabei, die europäischen Milchbauern zu ruinieren”.

Das EMB vertritt laut Schaber Milchbauern aus 16 europäischen Ländern und zählt über 100.000 Mitglieder. Aus Österreich ist die IG Milch im Rahmen des EMB und bei den Protesten am Montag vertreten. Die Konsumenten und Bürger sieht der Verband im Gegensatz zum “Agro-Business” auf seiner Seite. Eine Preiserhöhung um 10 bis 15 Cent pro Liter würde die Verbraucher nur wenig mehr kosten. Dafür könnten öffentliche Subventionen eingespart werden, sagte Schöpges.

(APA)

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