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EU-Klimapaket: AK, ÖGB und WKÖ bringen Kritik vor

"Der Klimawandel macht an den EU-Grenzen nicht Halt", meinte Harald Mahrer.
"Der Klimawandel macht an den EU-Grenzen nicht Halt", meinte Harald Mahrer. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Die Präsentation des EU-Klimaprogramms "Fit for 55" hat in Österreich Reaktionen hervorgerufen.
Gewessler sagt Umsetzung zu

So gut wie niemand hatte nichts zu den neuen Zielen zu sagen. Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) forderten, dass der Weg zur Klimaneutralität sozial gerecht sein müsse. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) drängte auf weltweiten Druck der EU für mehr Klimaschutz, nicht nur in Europa.

AK möchte Treibstoffe außen vor lassen

AK und ÖGB stellten sich gegen die Einbeziehung von Heiz- und Treibstoffen in einen Emissionshandel. Die AK unterstützt die "ehrgeizige europäische Klimapolitik". Zentral sei allerdings, "dass die Teilhabe an einer klimaneutralen Zukunft für alle möglich sein muss", so AK-Präsidentin Renate Anderl. "Mit der Umsetzung der Klimaziele bis 2030 und 2050 verändert sich das Wirtschaftssystem, sowohl die Produktion als auch der Konsum, grundlegend", sagte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian. "Daher sehen wir die aktive Gestaltung dieser Transformation im Sinn der Arbeitnehmer als eine vordringliche politische Herausforderung." Entscheidende Fragen lägen weiterhin bei den Mitgliedsstaaten, erklärten Anderl und Katzian: "Hier hätten sich AK und ÖGB mehr Mut seitens der Kommission gewünscht." Vor allem bei sozialen Ausgleichsmaßnahmen finden sich aus Sicht der Arbeitnehmervertreter oft nur Empfehlungen der Kommission.

WKÖ-Mahrer: "Der Klimawandel macht an den EU-Grenzen nicht Halt

"Die Europäische Kommission hat für 2030 zwar ein sehr ambitioniertes Klimaziel beschlossen. Die heute präsentierten Vorschläge zur Erreichung dieses 55-Prozent-Ziels sind allerdings ungleich weniger ambitioniert", hieß es von WKÖ-Präsident Harald Mahrer. Man hätte den Fokus mehr auch auf außerhalb der EU legen und weltweit gültige Klimaschutzmaßnahmen aufbauen sollen. "Der Klimawandel macht an den EU-Grenzen nicht Halt. Daher darf es der Klimaschutz auch nicht tun", so Mahrer. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf meinte, dass Klimazölle hiesige Jobs erst dann vor einer Abwanderung schützen könnten, wenn sie auch auf relevanten Exportmärkten der EU gültig würden. Die WKÖ spricht sich für einen globalen CO2-Mindestpreis aus.

WKÖ: Wirtschaft soll sich für Technologien entscheiden

Im Hinblick auf Wasserstoff müsse "die EU als Energieunion Initiator, Promoter und Financier sein," forderte Mahrer. Was die CO2-Ziele für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge betreffe, sei es wichtig, "alle Methoden der Emissionsreduktion und -vermeidung als Optionen zuzulassen, neben alternativen Antrieben also auch strom- oder biomassebasierte Treibstoffe". Synthetisches Methan, Biotreibstoffe, Wasserstoff und E-Fuels würden gemeinsam mit E-Mobilität zur Klimaneutralität beitragen. Der Wirtschaft müsse die Auswahl der Technologien überlassen werden, viele Unternehmen würden auch bereits in einen entsprechenden Weg gehen, hieß es von der Wirtschaftskammer.

Strombranche zu EU-Klimapaket

Für die österreichische Strombranche gibt es mit dem Paket nicht nur ein verbindliches Klimaziel, sondern auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für seine Erreichung: "Die Weichen für den Umbau des Energiesystems sind damit gestellt", so der Präsident der Interessenvertretung Oesterreichs Energie, Verbund-Chef Michael Strugl. "Allerdings muss es nun auch gelingen, Synergien zu schaffen, um alle Sektoren wirklich 'fit for 55' zu machen." Dafür brauche es eine konsistente und aufeinander abgestimmte Ausarbeitung einzelnen EU-Rechtsakte. Damit könne künftig eine engere Zusammenarbeit einzelner Energiesektoren sichergestellt und die notwendigen Synergien geschaffen werden, um E-Mobilität, Wasserstoff für die Industrie und umweltfreundliche Heizsysteme voranzutreiben, betonte Oesterreichs Energie am Mittwoch laut Aussendung.

IG Windkraft-Geschäftsführer wünscht sich Weichenstellungen

Eine CO2-Bepreisung sei notwendig, aber ohne Mehrfachbelastungen, so Strugl. Es müssten alle Sektoren beitragen. Es sei ein europäischer Ansatz zur CO2-Bepreisung erforderlich. "Ziele für die Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten sollten aber nicht nur anhand des BIP festgelegt werden, sondern auch im Hinblick auf die geringsten CO2-Vermeidungskosten." Österreich habe im Stromsystem einen Erneubaren-Anteil von rund 75 Prozent und damit einen der höchsten in der EU, betont Oesterreichs Energie.

IG Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl betonte, dass "diese neue europäische Wirtschaftsstrategie" jetzt auch für Österreich das klare Signal für eine rasche Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft sein müsse. Er hofft nach dem Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) nun auf rasche weitere klimapolitische Weichenstellungen, wie ein wirksames Klimaschutzgesetz oder die ökosoziale Steuerreform.

ÖAMTC ortet positiven Aspekt

Der ÖAMTC will Klimaschutz nicht zu Lasten der Konsumenten gehen sehen. "Es steht außer Frage, dass die Emissionen reduziert werden müssen - und dass der Straßenverkehr seinen Beitrag dazu leisten wird", so Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. "Mit der E-Mobilität allein wird sich das allerdings nicht ausgehen - es braucht sämtliche Technologien, um das Ziel der CO2-Neutralität zu erreichen."

Positiv wertet der Autofahrerclub, dass es den Kfz-Herstellern überlassen bleiben soll, ob sie die CO2-Emissionen der Autos oder der Kraftstoffe reduzieren. Doch angesichts der von der Kommission geplanten CO2-Bepreisung etwa für den Verkehr, warnt der Club vor neuen Kosten für Autofahrer. "Allein über die Mineralölsteuer zahlen Autofahrer derzeit schon zwischen 162 und 226 Euro Steuern pro Tonne CO2 beim Tanken von Diesel und Benzin. Im Gegensatz dazu kommt die Industrie, der größte CO2-Emittent Österreichs, deutlich günstiger davon und kann sich mit Emissions-Zertifikaten für rund 50 Euro je Tonne freikaufen", kritisiert Wiesinger.

ÖVP-Staatssekretär sieht Anreize als notwendig an

Besonders betroffen vom neuen EU-Maßnahmenpaket ist auch die chemische Industrie. Alle Green Deal-Lösungen wie Sonnenkollektoren, Batterien, Windturbinen und Wasserstoff bis hin zu Gebäudeisolierungen werden unter teilweise energieintensiven Bedingungen mit Stoffen und Innovationen aus der chemischen Industrie beliefert. Es sei zu befürchten, dass Verschärfungen der EU-Vorgaben zu Produktionsverlagerungen in Länder mit niedrigen Umweltstandards außerhalb der EU führen. "Ohne Lösungen der chemischen Industrie sind die Klimaziele der EU nicht erreichbar. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen daher so ausgestaltet werden, dass der Innovations- und Produktionsstandort Europa gestärkt wird und unsere Unternehmen ihr volles Potenzial für den Klimaschutz ausschöpfen können", sagte Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs.

Der ÖVP-Staatssekretär im Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler, Magnus Brunner, wollte in einer Reaktion "nichts von Verboten und Belastungen" wissen: "Viel mehr müssen wir Anreize schaffen und innovative Zukunftstechnologien wie Wasserstoff forcieren."

(APA/Red)

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