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Es ist still geworden um das E-Book

Dass das Auf und Ab in der öffentlichen Wahrnehmung aber nur wenig mit der tatsächlichen Situation auf dem Markt zu tun hat, sondern mehr mit dem unregelmäßigen Erscheinen neuer E-Book-Lesegeräte

Das betonte der Geschäftsführer des größten deutschsprachigen eBook-Anbieters ciando, Werner-Christian Guggemos, im Gespräch mit der APA. “Die tatsächliche Entwicklung stellt sich sehr viel kontinuierlicher dar – es ist nicht ein Boom, sondern ein stiller Siegeszug.”

Mit einem stetigen Wachstum von 40 bis 50 Prozent jährlich sieht Guggemos im E-Book-Sektor noch eine große Zukunft. Vor allem gegenüber dem englischsprachigen oder japanischen Markt gibt es noch einiges aufzuholen, allein in der Anzahl der verfügbaren Texte. So bietet der Marktführer ciando derzeit etwa 25.000 Titel an, im englischsprachigen Raum sind es fast 30 mal so viele. Neben Privatkunden, die direkt beim Anbieter kaufen, sind mittlerweile auch viele Buchhandlungen und Bibliotheken in das E-Book-Geschäft eingestiegen. Zahlen und Erhebungen gibt es bisher dennoch so gut wie nicht. Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels plant für das kommende Jahr eine spezifische Umfrage, die Fäden der Buchhandelsportale, die E-Books online anbieten, laufen jedoch meist beim deutschen ciando zusammen.

So kommen alle E-Books, die bei bol.at, lion.cc oder auch thalia.at angeboten werden, über Umwege aus dem Hause ciando. Dort können sowohl die 200 kooperierenden Verlage ihre Texte in E-Books umwandeln lassen, als auch einzelne, verlagsunabhängige Autoren speziell für das digitale Format geschaffene Werke anbieten. “Diese Anfragen werden immer mehr”, erzählte Guggenmos, “etwa zweimal täglich kommen Texte vom blutigen Amateur bis zum etablierten Autor, der im elektronischen Format spezielle Möglichkeiten entdeckt hat.” Gegenüber den von Buchverlagen übernommenen Neuerscheinungen machen diese “Nur-E-Books” jedoch nur einen Anteil von etwa fünf Prozent des Sortiments aus. Den “Mehrwert des E-Books” generiert ciando bei “herkömmlichen” Texten selbst – Links, Lesezeichenstrukturen, Anpassung von Schrift und Farbe oder die Möglichkeit, im Text einen Kommentar als “virutelles Post-it” zu hinterlassen.

Dass der “E-Book Boom” zunächst prophezeit und dann wieder für tot erklärt wurde, betrachtet Guggemos vor allem als Hinweis auf die Werbemaßnahmen der Gerätehersteller. “Ob sich das E-Book auch in Sparten wie der Belletristik durchsetzt, die eher im Fokus der Aufmerksamkeit stehen, wird davon abhängen, ob man ein Endgerät findet, dass man gerne benutzt, das einfach sexy ist.” Die Geschichte von iPod oder iPhone zeige deutlich, das einzelne, attraktive Geräte viele Hemmungen bei der alltäglichen Nutzung neuer Technik abzubauen imstande sind. Erst mit neuen Zielgruppen würden sich dem E-Book auch neue Genres erschließen.

“Das ist wie ein langer Güterzug, der langsam ins Rollen kommt”, verglich Guggemos die Entwicklung einzelner Sparten. “Die vorderen Waggons wie Wirtschaft, Computer und Technik wurden von Anfang an beschleunigt”, was sich aus der Benutzerschicht erklärt. So sind die meisten E-Book-Leser zwischen 25 und 45 Jahren alt, zum überwiegenden Teil männlich und nutzen die elektronischen Bücher für berufliche Zwecke. Neben Fachbüchern haben Ratgeber und geisteswissenschaftliche Literatur nachgezogen, Belletristik gehört aber jedenfalls “zu den hintersten Waggons”, wie Guggemos einräumte. Wenn E-Books künftig auch den Freizeitlesenden erreichen wollen, dann wird sich ihre Benutzbarkeit auf Freizeitgeräten verbessern müssen.

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