"Es hat sich verdoppelt" – Tausendfüßler-Plage in Feldkirch: Anrainer beklagen massive Belastung

Schaut man an die Hauswände in der Mutterstraße, sieht man lauter kleine schwarze Striche. Beim genauen Hinsehen sieht man, dass sie sich bewegen, regelrecht hin und her wuseln. Es handelt sich um Tausendfüßler. Auch auf dem Boden krabbeln sie, in manchen Ecken liegen zahlreiche tote Gliederfüßer. Für die Anrainer ein lästiges Problem, wie ein VOL.AT-Lokalaugenschein zeigt.

Frank Blau: "Sie sind überall"
Einer der Anrainer ist Frank Blau. Er stammt aus den USA und wohnt mit seiner Freundin in einem Wohnblock. "Wir haben sie am Anfang gar nicht so bemerkt, weil wir im Frühsommer eingezogen sind, als es schön warm und trocken war", erklärt Blau. Als es zu regnen begonnen habe, seien sie aufgetaucht. "Nicht nur auf unserer Terrasse, die eigentlich ein schöner Ort zum Sitzen ist, sondern auch draußen", schildert er. "Sie sind überall." Bei Gesprächen stellte sich heraus, dass andere Anrainer das Problem schon seit längerer Zeit haben. "Sie kommen auch ins Haus. Sie sterben dort recht schnell, weil es für sie nichts zu fressen gibt." Es sei allerdings eklig, wenn man auf sie trete: "Sie riechen schlecht."

"Sie kommen immer wieder"
Das Problem: Die Tiere sind hartnäckig. "Nichts scheint sie wirklich zu töten", gibt Frank Blau zu verstehen. "Es schreckt sie vielleicht ein bisschen ab, aber ich habe ehrlich gesagt keinen großen Unterschied gesehen." Ausprobiert haben er und seine Freundin schon einiges: Kieselgur in Pulverform, Pfefferminzöl und Teebaumöl. "Wir haben auch versucht, sie einfach zu verbrennen", meint er. "Aber sie kommen immer wieder." Seine Vermutung ist, dass die Tierchen vom Hang her kommen, an dem die Mutterstraße liegt. "Wenn nichts unternommen wird, werden sie sich weiter ausbreiten", ist er sicher. Dann könnten sie nicht nur für die Anrainer, sondern auch für die Betreiber eines nahen Hotels zum Ärgernis werden.


Andrea Petermann: "Es hat sich verdoppelt"
Ein paar Häuser weiter lebt Andrea Petermann. "Wir haben schon letztes Jahr das erste Mal das Auftreten festgestellt", erklärt sie VOL.AT. "Und heuer ist es noch einmal, es hat sich verdoppelt, ist noch schlimmer geworden." Sie wisse eigentlich nicht mehr, was sie tun solle, betont sie. "Am liebsten würden wir das Haus verlassen, ausziehen, ein halbes Jahr und dann wieder zurückfahren, wenn sie weg sind." Es sei nicht mehr lebenswert, im Haus zu wohnen: "So wie sie sich verbreiten, vermehren, in das Haus kommen und uns belästigen."

Auch Schäden am Haus sind bereits entstanden. Die Tausendfüßler kriechen an der Wand hoch. "Wenn wir sie sehen, dann zerdrücken wir sie oder werfen sie wieder nach unten", gibt sie zu verstehen. "Sie haben eine Blausäure. Wenn man draufdrückt, kommt sie raus und es gibt Schäden an der Wand." Diese könne man nicht beheben, weil man wisse, dass die Tiere wiederkommen.

"Wir haben echt alles Mögliche probiert"
Franks Freundin, Zuzi Tulip, arbeitet mit Andrea zusammen. "Ich habe das Problem zu Hause und auch, wenn ich arbeiten komme, was mich sehr frustriert", meint sie. Es sehe nicht nur schlecht aus, auch der Geruch der zerdrückten Tiere sei unangenehm. "Wir haben echt alles Mögliche probiert", gibt sie zu verstehen. "Nichts funktioniert." Sie sei gespannt, ob jemand ein wirkliches Mittel gegen die hartnäckigen Lästlinge finde.

"Es sind alle in der Umgebung betroffen"
Die regelrechte Plage wurde der Stadt bereits gemeldet, wie Andrea bestätigt. "Sie haben alles abgeflämmt, nur mit Einmalaktionen hilft es nicht so gut." Auch die Straße werde jetzt oft gereinigt. Man müsse allerdings weiterdenken, meint sie. "Es sind alle in der Umgebung betroffen", betont sie. "Wir wissen nicht, kommen sie vom Wald her. Es war aber auch noch nie jemand da, der sich drum kümmert, der mal richtig nachforscht." Es sei lobenswert, dass die Straße gereinigt werde und man in dieser Hinsicht gehört werde. "Aber ich erwarte noch ein bisschen mehr, dass sie uns nicht komplett alleine lassen", so Andrea Petermann.

"Man muss das Problem am Schopf packen"
"Es ist auch gar nicht angenehm, Leute einzuladen, zu sich nach Hause und ein Fest zu machen", gibt Zuzi Tulip zu verstehen. Die Tausendfüßler würden auf der Terrassendecke krabbeln und sich dann fallen lassen. "Da eckeln sich die Leute ganz extrem." Andrea ergänzt: "Wir passen aber auch auf, dass wir sie nicht verschleppen." Jedes Mal, wenn sie das Haus verlasse, checke sie ihre Tasche. Sie wisse von anderen Anrainern, dass bei der Grünmüllentsorgung die Tiere mitkommen. So würden sie in der städtischen Anlage landen. "Ich weiß auch schon, dass sie sich dort weitervermehren. Man muss das Problem am Schopf packen und es nicht einfach weiterwandern lassen."

Stadt: Reinigungsmaßnahmen eingeleitet
Die Stadt Feldkirch verweist auf Anfrage darauf, dass sie in dieser Angelegenheit nicht zuständig sei. Zwar verstehe man den Ärger der Anrainer, könne aber keine direkten Maßnahmen setzen, so eine Mitarbeiterin der Kommunikationsabteilung. Die Straßenreinigung fahre betroffene Bereiche häufiger an, bestätigt die Stadt. Betroffene Anrainer werden für fachliche Einschätzungen auf die inatura als Fachexperten verwiesen.

Fachberatung: Keine Gefahr, keine schnelle Lösung
Laut Elisabeth Ritter von der inatura-Fachberatung handelt es sich um eine eingeschleppte Art, die ursprünglich aus Asien stammt. Bereits 2016 berichtete VOL.AT über die Erstentdeckung im Ländle. Man schleppe die Tausendfüßler teilweise mit der Erde in den Garten. Oft sei der Befall daher nur kleinflächig. "Wie aus dem Nichts traten sie an verschiedenen Orten auf", meint Ritter. "Seither gibt es immer wieder Meldungen." Die Tiere leben normalerweise im Boden, können aber bei Regen oder Hagel in großer Zahl an die Oberfläche kommen. Gerade im Herbst komme es zudem zu Wanderbewegungen. "Sie haben praktisch bei uns keine Feinde und sind flexibel bei der Nahrung", schildert die Biologin. Die Belastung für Betroffene sei ernst zu nehmen: "Es ist wirklich eine Belastung für die Leute, wenn sie zu Tausenden die Fassaden hochkrabbeln."

Was gegen die Tausendfüßler helfen kann
"Den einen Trick gibt es nicht, es muss jeder selbst dranbleiben und absammeln, absammeln, absammeln", betont Ritter. "Man darf immer hoffen, dass sie wieder verschwinden." Man könne die Tiere mit mehreren kleinen Maßnahmen bekämpfen. So kann es etwa sein, dass sich die Tiere im Hochbeet vermehren – dann könne man die Brutstätte oder Quelle in Angriff nehmen. "Was mir viele empfohlen haben, ist doppelseitiges Klebeband", erklärt Ritter. "Das funktioniert echt gut. Da bleiben sie zuhauf kleben." Man könne auch vermeiden, dass sie ins Haus kommen. Kieselgur könne helfen. "Man kann auch Bereiche mit Schneckenzaun absperren. Sie rutschen ab, glatte Flächen können sie nicht rauflaufen." Ins Haus kämen sie nur, weil sie sich dorthin verirren.

"Dauerhaft können sie sich nicht an der Oberfläche halten"
Auch ein Schädlingsbekämpfer sei nicht die Lösung. "Es sind keine Schädlinge", gibt Ritter zu verstehen. Er könne auch nicht mehr tun, als die Tiere abzusaugen. "Er kann nicht den ganzen Garten rundherum vergiften." Sie habe nach dem Kontakt mit Betroffenen eines bemerkt: Die Tiere verschwinden nach einiger Zeit wieder. Die Plage sei nicht immer von wochenlanger Dauer. "Dauerhaft können sie sich nie an der Oberfläche halten, weil sie austrocknen und keine Überdauerungsmöglichkeit haben."

(VOL.AT)