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"Es braucht Klarheit und eine Perspektive"

Verena Eugster
Verena Eugster ©Sams
Junge Zeitung trifft Junge Wirtschaft. Die JWV-Vorstandsvorsitzende und Unternehmerin Verena Eugster über Herausforderungen, Förderungen und Chancen nach rund einem Jahr Pandemie.

Von Mario Oberhauser/Wann&Wo

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WANN & WO: Knapp zwölf Monate Corona-Krise: Wie geht es der
„Jungen Wirtschaft“?

Verena Eugster: In der ersten Lockdownphase haben sich viele Unternehmen extrem angepasst und sind generell mit der Situation sehr gut umgegangen. Es war sogar eine Aufbruchsstimmung zu verspüren, viele gaben sich kämpferisch und waren innovativ. Mit Herbst und vor allem gegen Ende des Jahres habe ich gemerkt, dass das Verlangen nach einer Perspektive, einem Anker groß war. Mit Beginn 2021 haben sich viele die Fragen gestellt: Wo ist jetzt das Ende des Tunnels? Was ist nun der Plan? Es braucht jetzt mehr Klarheit und eine
Perspektive!

WANN & WO: Was sind die Wünsche bzw. die Forderungen, speziell an die Bundesregierung?

Verena Eugster: Eine faire und sinnvolle Verwendung der Fördergelder. An alle denken, nicht nur an einzelne oder an jene, welche die stärkste Lobby haben. Manche Branchen sind kurz vorm „Sterben“, für die ist es fünf vor zwölf.Andere können von den zur Verfügung gestellten Mitteln gut leben. Förderungen sind gut und wichtig, aber bitte kein Gießkannenprinzip. Gottseidank wird hier auch nachgebessert, wie die vergangene Woche beschlossene Förderung der indirekt betroffenen Unternehmen beweist.

WANN & WO: Andere Branchen, denen es jetzt gut geht, etwa Handwerk und Gewerbe, fragen sich, ob überhaupt noch etwas an Fördergeldern da ist, wenn ihnen etwas passieren sollte?

Verena Eugster: Aus meiner Sicht zu Recht. Das habe ich auch mit dem sinnvollen Einsatz von Fördergeldern gemeint. Aber das muss letztendlich Wien entscheiden.

WANN & WO: Mehreren Branchen geht es nach wie vor schlecht. Es gibt bei euch bestimmt auch Anrufer, die verzweifelt sind?

Verena Eugster: Bei mir hat sich ein junger Familienvater gemeldet, der Einzelunternehmer ist und gerade gebaut hat. Seine Frau befindet sich in Karenz. Dieser sagt: ,Ich bin am Ende, wirtschaftlich überlebe ich nur noch wenige Tage‘. Das sind schon krasse Beispiele.

WANN & WO: Welche Lösungs­vorschläge hat die Junge Wirtschaft Vorarlberg?

Verena Eugster: Wir haben immer das Testen, vor allem auch in Betrieben, das Impfen und die Corona-Tracking-App befürwortet. Zudem arbeiten wir mit einer Universität an Lösungsvorschlägen für die aktuelle wirtschaftliche Lage und die zukünftige. Es braucht auch einen Plan für die kommenden Generationen. Das Strategiepapier wird in den nächsten Wochen vorgestellt.

WANN & WO: Es gibt eine Digital-Event-Serie mit dem Titel #fucklockdown. Was hat es damit auf sich?

Verena Eugster: Wir hatten im Jänner ein digitales Vorstands-Meeting, in dem es auch um den Lockdown gegangen ist und die Sehnsucht, Menschen auch analog zu treffen. Irgendwann fiel der Begriff „Fuck Lockdown“. Daraus ist die Idee entstanden, einen wiederkehrenden digitalen Austausch für unsere Mit­­glieder zu veranstalten, bei welchen jeder ansprechen kann, was ihn nervt und welche Projekte anstehen.

WANN & WO: Zu dir als Unternehmerin. Eure Agentur, spezialisiert auf Events, wurde durch die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung hart getroffen. Wie meistert ihr die Krise?

Verena Eugster: Unser Thema vor der Pandemie waren natürlich Großevents mit vielen Menschen. Unser Vorteil ist, dass wir uns über die Jahre mit unseren Veranstaltungen (z.B. „Frauenlauf“,
„Bludenz läuft“) große Communities aufgebaut haben. Mit diesem Rückenwind wurden von uns die ersten virtuellen Laufevents Österreichs kreiert. Angefangen haben wir mit „Vorarlberg läuft“, dann folgte „Österreich läuft“. Wir konnten auch neue Märkte erschließen, etwa mit „Deutschland läuft weiter“ oder „Frauenlauf Germany“ in Köln oder Hamburg. Insgesamt haben wir allein im vergangenen Jahr 18 virtuelle Großveranstalt­ungen durchgeführt, auch die Partner waren glücklicherweise mit im Boot. Alle Teilnehmer erhalten auch ein Goodie-Bag mit Medaille nach Hause geschickt. Wir haben bis jetzt rund 30.000 Pakete versendet und sind so quasi auch zum Logistikunternehmen geworden. Das Feedback war und ist enorm. Auch bekannte Influencer (Anm. @running.sandra, @_sicht_weise) haben mitgemacht. Das hat uns Auftrieb gegeben. Virtuelle Lauf­events wird es aus meiner Sicht auch nach der Pandemie geben.

WANN & WO: Wie erlebt Verena Eugster persönlich die Pandemie?

Verena Eugster: Mir fehlen die Menschen, der analoge Austausch. Wenn man mit Herzblut Veranstalterin ist, lebt man neben dem wirtschaftlichen Aspekt vor allem auch von den Emotionen. Mir fehlt ein wenig der Anker. Es wirkt so, als würde es niemals enden. Dennoch: Wir richten den Blick nach vorne. Ich habe mir angewöhnt, mich von den Jammerern fernzuhalten.

Kurz gefragt ...

Vorarlberg in einem Jahr? Ich weiß, wo ich gern sein würde. In der engsten Bar der Stadt und dann bestelle ich mir einen Gin-Tonic. Bundesregierung? Hat am Anfang der Pandemie einen guten Job gemacht. Jetzt verstehe ich den „Zick-Zack“-Kurs nicht.
Vorarlberg? Eine der lebenswertesten Regionen der Welt. Eventszene? Eine Szene, die hungert und es kaum mehr erwarten kann, dass es wieder los geht.
Unternehmerin sein? Ist für mich zu 100 Prozent Erfüllung. Man kann umsetzen, für was man brennt. Mit allen „Ups and Downs“.
Lockdown? #fucklockdown und hoffentlich keinen vierten Lockdown mehr.

Zur Person

Verena Eugster Alter, Wohnort: 34, Dornbirn (aus Langenegg)
Funktion: u.a. Vorstandsvorsitzende der Jungen Wirtschaft Vorarlberg mit rund 600 Mitgliedern, gemeinsam mit ihrer Schwester Patricia Zupan CEO der W3/W2 Marketing GmbH Event und Digitalagentur
Hobbys: Laufen und generell das Draußensein

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(Red.)

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