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Erstmals seit 40 Jahren: Großbritannien bei EU-Wahl höchstwahrscheinlich nicht mehr dabei

Großbritannien wird bei der EU-Wahl höchstwahrscheinlich nicht mehr teilnehmen.
Großbritannien wird bei der EU-Wahl höchstwahrscheinlich nicht mehr teilnehmen. ©pixabay.com (Sujet)
Seit 40 Jahren wird heuer die EU-Wahl mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne die Briten stattfinden. Denn am 29. März soll der Austritt aus der EU erfolgen.

Zum ersten Mal seit 40 Jahren finden die Wahlen zum Europäischen Parlament heuer ohne die Briten statt – zumindest höchstwahrscheinlich. Denn der Austritt des Landes aus der EU soll am 29. März erfolgen. Ganz sicher ist er aber auch 18 Tage vor dem Stichtag noch nicht.

EU-Wahl 2014: EU-skeptische Partei stärkste Kraft

Das Vereinigte Königreich ist für gewöhnlich mit 73 Abgeordneten im EU-Parlament vertreten. Bei den Wahlen vor fünf Jahren wurde die EU-skeptische UK Independence Party (UKIP) mit 27 Prozent der Stimmen stärkste Kraft und entsandte in der Folge 24 Abgeordnete nach Straßburg bzw. Brüssel. Auf dem zweiten Platz landete Labour mit rund 25 Prozent und 20 Sitzen, gefolgt von den auch damals schon in London regierenden Konservativen, die bei der Wahl deutlich verloren und auf 23 Prozent und 19 Sitze kamen.

Der Wahlsieg von UKIP sandte 2014 Schockwellen durch das politische London – war es doch höchst ungewöhnlich, dass weder Labour noch die Konservativen einen nationalen Urnengang gewannen. “Ich verspreche Ihnen: Das war noch nicht alles”, kündigte Parteichef Nigel Farage an. Die Europawahl sei ein Wendepunkt in der EU-Politik Großbritanniens. Premierminister David Cameron wertete das Ergebnis als Signal für Reformbedarf in Europa und erneuerte sein Versprechen, im Fall seiner Wiederwahl 2015 bis 2017 ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft seines Landes abhalten zu lassen.

EU-Wahl: Großbritannien nimmt (höchstwahrscheinlich) nicht mehr teil

Mittlerweile hat sich die Sitzaufteilung bei den britischen EU-Parlamentariern – auch infolge innerparteilicher Turbulenzen bei UKIP – ein wenig verändert. Im Februar wurde die von der ehemaligen UKIP-Politikerin Catherine Blaiklock angeführte und von Ex-UKIP-Chef Farage unterstützte “Brexit Party” von der britischen Wahlkommission offiziell anerkannt. Ihr gehören aktuell laut Homepage des Europaparlaments acht britische EU-Abgeordnete an, darunter auch Farage, der angekündigt hat, im Falle einer weiteren EU-Wahl im Vereinigten Königreich auch selbst wieder antreten zu wollen.

Denn sollte das Land dann noch Mitglied der EU sein, so müsste es Ende Mai eigentlich auch Wahlen zum Europäischen Parlament organisieren – daran hat zuletzt EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier bei einem Besuch in Wien keinen Zweifel gelassen. “Wenn sich die Briten zum Zeitpunkt der Europawahl zwischen dem 23. und 26. Mai noch in der Union befinden, haben sie die Rechte und Pflichten”, bekräftigte Barnier später auch gegenüber der deutschen Zeitung “Die Welt”.

Aus Sicht von EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani könnte das britische Austrittsdatum “höchstens um einige Wochen verschoben werden – von Ende März auf maximal Anfang Juli”, wenn das neu gewählte Europäische Parlament zusammentritt. Die Briten müssten in jedem Fall aber einen Grund für die Verschiebung wie etwa Neuwahlen oder ein neues Referendum nennen, sagte Tajani in einem am Wochenende veröffentlichten Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Kurz: Teilnahme würde “mehr als nur absurd erscheinen”

Für viele Politiker in anderen EU-Ländern, aber auch in Großbritannien selbst ist eine Beteiligung der Briten an der Wahl Ende Mai freilich ohnehin kaum vorstellbar – vor allem, wenn das Land am Austritt festhalten sollte. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) etwa sagte anlässlich des Wien-Besuchs von Chefunterhändler Barnier, dass die “Teilnahme eines Landes, das die Europäische Union verlassen möchte, an Wahlen zum Europäischen Parlament” wohl “mehr als nur absurd erscheinen” würde.

Der britische Handelsminister Liam Fox hält eine längere Verschiebung des Brexit für unmöglich, wie er jüngst in einem BBC-Interview eben unter Verweis auf die EU-Wahl sagte. Die EU wolle im nächsten Europäischen Parlament bestimmt keine große Gruppe unzufriedener britischer Abgeordneter sitzen haben. Fox bezeichnete es aber auch als “durchaus möglich”, dass die Briten die EU doch noch wie geplant am 29. März verlassen, was er selbst sich auch wünscht.

Klarheit darüber, wie es nun weitergeht, sollen diese Woche mehrere Abstimmungen im Londoner Unterhaus bringen. Zunächst sollen die Parlamentarier am Dienstag über das mit der EU ausverhandelte Austrittsabkommen abstimmen. Sollte es erneut scheitern, gibt es ein Votum über ein ungeregeltes Verlassen der Europäischen Union (“No Deal”). Wenn die Abgeordneten auch dieses Szenario ablehnen, wird darüber entschieden, ob sich London um eine Verschiebung des Brexit-Datums bemühen soll.

(APA/Red)

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