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Erste Leitlinie für Covid-19-Therapie bereitgestellt

Medikamentöse Behandlungen werden nur bei schweren Fällen durchgeführt.
Medikamentöse Behandlungen werden nur bei schweren Fällen durchgeführt. ©APA
Erstmals ist eine Behandlungsleitlinie bei Covid-19-Patienten für österreichische Mediziner bereitgestellt worden. Die medikamentösen Therapieansätze werden jedoch nur bei schweren Verläufen eingesetzt.

Für die österreichischen Intensivmediziner gibt es eine erste antivirale Behandlungsleitlinie bei Covid-19-Patienten. Erstellt wurde sie nach dem Stand des Wissens von einem Autorenteam der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). Eine antivirale medikamentöse Therapie ist erst mit einem schweren Erkrankungsverlauf bei Spitalspatienten angebracht.

Einzelne Medikamente bisher noch nicht geprüft

Das "Hypen" von einzelnen Arzneimitteln, die derzeit in der Covid-19-Therapie auf der Basis sehr vorläufiger Studienergebnisse eingesetzt werden, ist unangebracht. Für alle gilt im Grunde, dass derzeit nur sehr vorläufige Ergebnisse zu den erwartbaren Erfolgen, zur optimalen Anwendung, Dosierung etc. existieren. Schon gar nicht besitzen einzelne Klinikärzte etc. quasi "Geheimwissen" oder "bessere" Therapien. Oft handelt es sich bei den verfügbaren Daten um Resultate aus Anwendungsbeobachtungen. Es gibt kaum klinische Studien. Deshalb schreibt das Autorenteam: "In der Folge sind zurzeit diskutierte Therapieoptionen aufgeführt. Work in Progress. Das Evidenzlevel (Aussagekraft; Anm.) ist als sehr gering zu betrachten."

Bei anstaltspflichtigen Patienten mit moderater Covid-19-Erkrankung soll demnach keine antivirale Therapie erfolgen. Die unterstützenden Maßnahmen: Die Flüssigkeitsgabe sollte restriktiv erfolgen, eine Sauerstoffgabe per Maske bei Bedarf. Bei der Flüssigkeitszufuhr ist man vorsichtig, weil zu viel an Flüssigkeitszufuhr ein Lungenödem fördern kann. Hinzu kommen Zink und Vitamin C in Tablettenform.

Altes Malaria-Medikament als Hoffnung

Im Falle eines schweren Verlaufs der Erkrankung bei Spitalspatienten besteht als Möglichkeit eine zusätzliche antivirale Therapie. Hier werden in der Leitlinie zwei Varianten genannt: Hydroxychloroquin (altes Malariamittel; Anm.) mit einer Dosierung von je 400 Milligramm in zwei Dosen am ersten Tag sowie anschließend an bis zu fünf Tagen je 200 Milligramm zweimal am Tag.

Eine Alternative ist ein seit langem bekanntes HIV/Aids-Medikament mit den Wirkstoffen Lopinavir/Ritonavir (400/100 Milligramm) zweimal am Tag (Tagesschema 1-0-1) plus Chloroquin wie angeführt. Die Beatmung sollte per nasaler High-Flow-Therapie oder nicht-invasiver Masken-/Helm-Sauerstoffzufuhr erfolgen.

Remdesivir oder Favipiravir im Prüfstand

Bei Kranken, die intensivmedizinisch versorgt werden müssen, bleiben die unterstützenden Maßnahmen gleich. Als Behandlungsmöglichkeiten bzw. Medikament werden in der Leitlinie genannt: Remdesivir, das über ein spezielles Programm verwendet wird. Remdesivir ist ein sogenanntes Nukleosidanalog. Der Wirkstoff wird in der SARS-CoV-2-Virusvermehrung in Zellen als falscher Baustein in die entstehende RNA-Erbsubstanz eingebaut und führt zum Abbruch der RNA-Synthese. Das Prinzip ist seit den ersten Anti-HIV/Aids-Medikamenten bekannt.

Die zweite Möglichkeit kann der Wirkstoff Favipiravir darstellen. Es handelt sich ebenfalls um einen Hemmstoff der RNA-Polymerase des SARS-CoV-2 sowie anderer Viren (z.B. Influenza). Dieses Medikament wird am ersten Tag mit einer Dosierung von zweimal je 1.600 Milligramm empfohlen, dann zweimal pro Tag je 600 Milligramm (fünf bis 22 Tage). Dieses Arzneimittel dürfte als erstes weltweit über Daten aus einer klinischen Vergleichsstudie in China verfügen. Nach einer Woche Behandlung zeigte sich eine Besserung bei rund 70 Prozent der Patienten. Die Ergebnisse sind aber noch nicht in einem etablierten medizinischen Fachjournal veröffentlicht worden.

Die dritte Variante ist das HIV/Aids-Kombimedikament mit den Wirkstoffen Lopinavir/Ritonavir plus Chloroquin.

Studie mit Tocilizumab

Erst unter "eventuell" und "sehr niedrige Evidenz" wird der monoklonale Antikörper Tocilizumab genannt, der seit Jahren in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (chronische Polyarthritis) verwendet wird. Das Biotech-Medikament hemmt die Rezeptoren für den zentralen entzündungsfördernden Immunbotenstoff Interleukin-6 (IL-6). Am ehesten dürfte dieses Arzneimittel bei "hohem inflammatorischen Status" eingesetzt werden. Darunter verstehen die Wissenschafter und Ärzte einen sogenannten "Zytokinsturm" im Rahmen einer außer Rand und Band geratenen entzündlichen Immunreaktion, die den ganzen Organismus betrifft. Weil das Medikament durch die IL-6-Rezeptorblockade auch immunschwächend ist, darf zusätzlich zu SARS-CoV-2 keine bakterielle Infektion vorliegen. Mit Tocilizumab soll Anfang April eine internationale Wirksamkeitsstudie mit 330 Patienten beginnen.

(PA/Red)

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