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Entscheidung mit Wehmut

Die vergangene Woche hat Sebastian Helbock besonders gefordert.
Die vergangene Woche hat Sebastian Helbock besonders gefordert. ©VOL.at/Hartinger
Bregenz - Sebastian Helbock agierte bei der Suche nach den vermissten Fischern an vorderster Front.

Sechs Tage haben sie alles gegeben. Waren stundenlang auf dem Wasser und an Land unterwegs. Vergeblich. Es ist ein bitteres Ende, das der Suche nach den beiden jungen Fischern am Bodensee beschieden war. Auch Sebastian Helbock, Landeseinsatzleiter der Wasserrettung, empfindet das so. „Aber“, sagt er, und Wehmut schwingt in der Stimme mit, „irgendwann muss man anerkennen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.“ Jetzt, wo die Gerätschaften wieder verstaut sind, geht es an die Aufarbeitung dieses tragischen Unglücksfalls, der an die 100 Einsatzkräfte rund um den See in Atem hielt.

Eisiges Engagement

Sebastian Helbock stand mittendrin im Geschehen. Kein Tag, an dem er nicht ausrückte. Von morgens bis abends auf den Beinen. Oft mehr als zwölf Stunden. Doch das erzählt er eher zögernd. Beinahe ungern. „Ich war nur ein Rädchen in dem Getriebe.“ Es macht Helbock denn auch keine Mühe, die Organisationen aus Vorarlberg, Deutschland und der Schweiz, insgesamt 23 an der Zahl, aufzulisten, welche die Einsatzmaschine eine Woche am Laufen hielten. Jede habe ihren Teil beigetragen, jede das Ziel verfolgt, so gut es geht zu helfen. Manche der Helfer nahmen dafür sogar Urlaub.
Sebastian Helbock zollt allen höchsten Respekt. Bei ­Eiseskälte stundenlang auf den Alu-Booten auszuharren, zeuge von bewundernswertem Engagement. Selbst kleinsten Hinweisen wurde nachgegangen. Geradezu akribisch gestaltete sich die Suche danach. So konnten tatsächlich zahlreiche persönliche Gegenstände der Vermissten gefunden werden. Jedes Teil mit einem Stück Hoffnung verbunden.

Keine Zeit zum Nachdenken

Zum Nachdenken kommen Retter in solchen Situationen allerdings kaum. „Hier geht es um die Konzentration auf die Fakten und darum, die Mannschaften optimal in Einsatz und sicher wieder nach Hause zu bringen“, erklärt Sebastian Helbock. Mitgefühl mit den Angehörigen, das dennoch immer wieder aufkeimt, muss ausgeblendet werden. Doch gänzlich verdrängen lässt es sich nicht. Es kommt nach getaner Arbeit. „Da kann man nicht einfach abschalten“, sagt Helbock. Abschalten, ausblenden, ausklinken: Der Fall ist für einige noch längst nicht erledigt. Wasserrettung und Seepolizei wollen während der routinemäßigen Patrouillenfahrten weiter Ausschau nach den verschollenen Familien­vätern halten.

Den Respekt bewahren

Rund 200 Alarmeinsätze verzeichnet die Wasserrettung jedes Jahr. Etwa 40 davon sind dramatischer Natur. Die Begeisterung für das Element Wasser schmälern sie bei Sebastian Helbock nicht. „Abseits solcher Einsätze hält das Wasser auch schöne Dinge bereit“, weiß einer, der seit bald 20 Jahren bei der Wasserrettung ist. Man dürfe nur nie den Respekt vor dem Wasser verlieren. Er selbst hat bei der Wasserrettung unter anderem die Tauchausbildung bis hin zum Tauchlehrer absolviert, war zehn Jahre ehrenamtlich Abschnittsleiter für den Bereich Unterland und ist seit März 2010 hauptberuflich Geschäftsführer des Landesverbandes.
Steht ein Einsatz an, sind Bürozeiten für Sebastian Helbock jedoch ohne Belang. Dann mischt er sich unter seinesgleichen, egal wie lange es dauert. Denn: „Da müssen alle an einem Strang ziehen.“ Gestern gehörte er allerdings seiner Lebensgefährtin und Sohn Kilian (3). Unbeschwerte Stunden nach einer Woche voller emotionaler Höhen und Tiefen. „Wir werden uns auch noch bei allen bedanken, die geholfen haben“, sagt Helbock. Das ist ihm ein besonderes Bedürfnis.

 

Zur Person

DI Sebastian Helbock
Geboren: 20. August 1979
Wohnort: Dornbirn
Familienstand: Lebensgemeinschaft, 1 Sohn (3)
Beruf: Geschäftsführer des Landesverbandes der Wasserrettung
Hobbys: Tauchen, Wildwasser, Skifahren

(VN)

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