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In Fußach gingen zuletzt die Wogen hoch. ©VOL.AT/Gemeinde, Hartinger, Canva

"Emotionaler und aufgeheizter" Beschluss in Fußach: Ist ein Mitstimmender befangen?

Die Finanzaffäre in Fußach hat immer noch Nachwehen in der Gemeindepolitik. In der Sitzung der Gemeindevertretung im Dezember gingen bei einer Abstimmung die Wogen hoch. Die Opposition sieht eine potenziellen Interessenskonflikt. Geht der Wahlkampf in die finale Phase oder sind dies gerechtfertigte Bedenken?

Die Oppositionsparteien sprechen von einer emotionalen und aufgeheizten Atmosphäre beim 8. Tagesordnungspunkt in der Sitzung vom 18. Dezember 2024.

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Weniger idyllisch, als es hier wirkt, war die Gemeindevertretungssitzung im Dezember. ©NEUE/Klaus Hartinger

Mehrstimmig beschlossen

Dort wurde mehrstimmig die Aufhebung der Schadensersatzansprüche gegen die Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal beschlossen. 15 Stimmen gab es dafür und acht dagegen. Die mit absoluter Mehrheit regierende Fraktion Zukunft Fussach stimmte dafür. Die Oppositionsparteien Fussacher Wählergemeinschaft (FWG) und Für Fußach (FF) haben gegen die Aufhebung von eventuellen Schadenersatzansprüchen gestimmt.

Dadurch besteht nun für die Gemeinde keine Möglichkeit mehr, im Falle von möglichen Ansprüchen in Folge von Wertpapiergeschäften gegen die Bank vorzugehen. Daran übt die Opposition scharfe Kritik. Sie hätte bevorzugt, dass vorab ein rechtsverbindliches Gerichtsurteil abgewartet wird. Die Gemeinde habe dadurch jegliche Einflussnahme vergeben, lautet die Kritik.

In Fußach folgt eine Schlagzeile der nächsten. ©VN/Roland Paulitsch

Der konkrete Sachverhalt

Doch worum geht es? Die Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal war die depotführende Bank bei risikoreichen Wertpapiergeschäften im Zuge der Finanzaffäre in Fußach. Darüber berichtete VOL.AT bereits im Zusammenhang mit dem Gerichtsprozess gegen den Ex-Bürgermeister Ernst Blum und den pensionierten Finanzleiter. Diese wurden vergangenes Jahr wegen Untreue und Amtsmissbrauchs verurteilt. Der ehemalige Finanzleiter ging in Berufung und das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Aus dem Prüfbericht des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2021 geht hervor, dass beide den Verstoß gegen das Spekulationsverbotsgesetz und das Risiko eines Verlusts öffentlicher Gelder bewusst in Kauf nahmen. Das gesetzlich vorgeschriebene Vier-Augen-Prinzip und gemeindeeigene Vorgaben wurden im untersuchten Zeitraum bei Wertpapiergeschäften demnach nicht eingehalten, heißt es im Prüfbericht. Der Landes-Rechnungshof regte dazu an, die Rolle der depotführenden Bank zu prüfen und eventuelle Schadenersatzansprüche gegen Beteiligte zu untersuchen.

Die Gemeinde wird keine Ansprüche an die Raiffeisenbank mehr verfolgen. ©NEUE/Klaus Hartinger

Raiffeisenbank bittet um Verzicht

Der Empfehlung wird nun nicht mehr nachgegangen. Die Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal ist mit dem Ersuchen an die Gemeinde Fußach herangetreten, auf die bisher abgegebenen Verjährungsverzichte zu verzichten.

Dabei wird auf ein Gutachten des Rechtsanwaltes Sepp Manhart als Entscheidungsgrundlage verwiesen, welches auch VOL.AT vorliegt. Darin wird empfohlen, die Ansprüche gegen die Raiffeisenbank nicht weiterzuverfolgen. Als Grund wird angeführt, dass "Erfolgsaussichten einer Anspruchsverfolgung (...) außer Verhältnis zu den voraussichtlichen Kosten" stehen. Eine ebenfalls involvierte niederländische Bank hat bereits Entschädigung geleistet. Die Raiffeisenbank selbst will sich auf VOL.AT-Anfrage nicht zum Fall äußern und beruft sich auf das Bankgeheimnis.

Detail sorgt für Unmut

Ein kleines Detail ist in Bezug auf den Beschluss der Gemeindevertretung besonders interessant. Es hat eine Person mit abgestimmt, die sowohl im Gemeindevorstand als auch im Aufsichtsrat der Raiffeisenbank ist. Konkret geht es dabei um Gerald Mathis. Dabei kommt bei Beteiligten die Frage der Befangenheit auf.

Befangen: Ja oder nein?

Von Seiten des Bürgermeisters Thomas Fitz wird im Namen von Gerald Mathis klargestellt: "Eine Befangenheit von Gerald Mathis lag nicht vor." Dabei beziehen sie sich auf Paragraf 28 des Gemeindegesetzes, welcher zwei Formen der Befangenheit vorsieht. Im folgenden Fall sieht er keine Befangenheit als Angehöriger oder Bevollmächtigter einer Partei. Dabei verweist er darauf, dass bei anderen Gründen ein Gemeindevertreter einen Antrag zur Abstimmung über die Befangenheit stellen hätte können. Dies erfolgte nicht.

Bgm Fußach
Bürgermeister Thomas Fitz sieht keine Befangenheit. ©Alexandra Serra

Nicht das Züglein an der Waage

"Da eine mögliche Befangenheit in der Gemeindevertretungssitzung nicht thematisiert wurde, ist der Beschluss am 18. Dezember 2024 korrekt gefasst worden", so Fitz. Er ergänzt: "Auch wenn eine Befangenheit von Gerald Mathis vorgelegen hätte, ist der Beschluss trotzdem gültig, da eine Enthaltung von ihm bei der Abstimmung am Abstimmungsergebnis nichts geändert hätte." Die Befangenheit hätte rechtlich nur dann eine Relevanz, wenn die Stimme das Ergebnis verändert hätte.

Bitterer Beigeschmack

Trotzdem hat die Stimme von Mathis einen faden Beigeschmack. Auch wenn es rechtlich kein Muss gewesen wäre: Politisch hätte er mit dem Enthalten der Stimme der Opposition weniger Angriffsfläche geboten.

Fußach gasthaus
Fitz und Mathis beim nächsten Projekt. ©Gemeinde

Neues gemeinsames Projekt

Auch die Tatsache, dass die Raiffeisenbank und die Gemeinde jetzt gemeinsam ein neues Gasthaus in Fußach planen, hätte dann vielleicht einen weniger bitteren Beigeschmack. In Fußach fehlt nämlich schon länger ein Wirtshaus, das als sozialer Mittelpunkt dient. Dies soll sich nun ändern.

Eine Absichtserklärung der Raiffeisenbank Bodensee-Leiblachtal zur Gründung einer gemeinsamen Errichtergesellschaft mit der Gemeinde Fussach macht dies laut Gemeindeverwaltung möglich. In einem VN-Bericht der vergangenen Woche betonte Thomas Fitz: „Dass wir dieses Vorhaben gemeinsam mit starken Partnern umsetzen können, ist ein wichtiger Impuls für unser gesellschaftliches Miteinander." Als treibende Kräfte des Projekts werden die Gemeindevorstände Stefan Niederer und Gerald Mathis genannt.

(VOL.AT)

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