Emojis mit doppelter Bedeutung: Was Eltern über die geheime Bildsprache wissen sollten

Was für Erwachsene nach harmlosen Symbolen aussieht, ist in der Welt vieler Jugendlicher längst zu einer eigenen Kommunikationsform geworden: Emojis. Sie sind fester Bestandteil von Chats, sozialen Medien und Kurzvideos – und können weit mehr ausdrücken als Emotionen oder Alltagssituationen. In bestimmten Kombinationen dienen sie als Code für Drogen, sexuelle Inhalte oder Mobbing. Fachleute raten zu Achtsamkeit – ohne vorschnelle Schlussfolgerungen.
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf einer Internetrecherche von VOL.AT zu gängigen Emoji-Bedeutungen in sozialen Netzwerken, ergänzt durch Angaben von Plattformen wie saferinternet.at, aktuellen Jugendstudien sowie Analysen zur Netflix-Serie Adolescence. Die Emoji-Interpretationen spiegeln typische Kontexte aus digitalen Jugendkulturen wider und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit – sie sind stets im jeweiligen Chat- und Gruppenverlauf zu bewerten.

Adolescence und Emojis in der Manosphäre
Die Netflix-Serie Adolescence hat diese Thematik für ein breites Publikum sichtbar gemacht. Sie zeigt, wie ein Jugendlicher durch digitale Ausgrenzung, Online-Communities und versteckte Emoji-Codes in eine radikale Ideologie abgleitet – mit tödlichen Folgen. Saferinternet.at sieht darin eine reale Problemlage: „Adolescence greift viele Risiken der digitalen Welt von Jugendlichen auf und hinterlässt ein Gefühl der Hilflosigkeit. Erwachsenen Bezugspersonen wird vor Augen geführt, wie wenig sie über das Onlineverhalten von Kindern und Jugendlichen wissen.“
In der Netflix-Serie Adolescence spielen drei Emojis eine zentrale Rolle. Sie stammen aus der sogenannten Manosphäre, einer frauenfeindlichen Online-Subkultur:

- Dynamit
→ Symbolisiert einen Incel („involuntary celibate“), also einen Mann, der unfreiwillig ohne romantische oder sexuelle Beziehung lebt und daraus Wut und Frauenhass entwickelt. Das Dynamit steht sinnbildlich für unterdrückte Aggression und potenzielle Gewalt. - Rote Pille
→ Steht für die „Red Pill“-Ideologie, abgeleitet aus dem Film Matrix. In Incel- und Manosphäre-Foren gilt sie als Zeichen dafür, die „wahre“ (meist antifeministische) Sicht auf Gesellschaft und Geschlechterrollen „erkannt“ zu haben. - Kidneybohne
→ Wird als Insider-Code und Gruppensymbol innerhalb der Incel-Community verwendet. Die Bohne hat keine offensichtliche Bedeutung, dient aber als Zeichen der Zugehörigkeit zu dieser frauenfeindlichen Online-Szene.
Drogen: Symbole mit versteckter Wirkung

Emojis werden zunehmend verwendet, um über Drogen zu sprechen – getarnt in scheinbar harmlosen Bildern. Diese Codes sind nicht immer eindeutig, aber in bestimmten Online-Gruppen längst etabliert:
- Brokkoli
→ steht für Cannabis, da die Pflanze optisch daran erinnert. - ❄️ Schneeflocke / ☃️ Schneemann
→ Hinweis auf Kokain – wegen des englischen Slangbegriffs „Snow“. - Tablette / Bonbon / ❌ Kreuz
→ Symbol für Ecstasy (MDMA), das oft bunt und pillenförmig verkauft wird. - Pilz
→ steht für halluzinogene Pilze („Magic Mushrooms“), leicht erkennbar durch das klassische Pilzbild. - Rakete / Benommenes Gesicht
→ Ausdruck für einen Drogenrausch oder „High“-Zustand. - Schraube / Krone / Geld / ⚡ Blitz
→ Hinweis auf Drogenverkauf, Werbung oder Dealer-Kontakt. - Ausatmender Emoji / Spirale/Wirbel
→ wird verwendet für Vapen oder das Rauchen eines Joints.
Saferinternet.at stellt klar: „Emojis sind nicht per se gefährlich. In den meisten Fällen sind sie harmlos – ihre Bedeutung ergibt sich aus dem Kontext.“ Ein Beispiel: Die Schneeflocke kann schlicht Freude über Schnee bedeuten – oder, in einem anderen Zusammenhang, auf Kokain verweisen.
Sexualisierte Emojis: Doppeldeutig und weit verbreitet

In der digitalen Jugendsprache sind viele Emojis eindeutig zweideutig. Sie werden zur sexuellen Anspielung, zur Provokation oder im Rahmen von Sexting genutzt:
- Aubergine
→ steht wegen ihrer Form für das männliche Genital. - Pfirsich
→ symbolisiert das Gesäß, ebenfalls aufgrund der Form. - Wassertropfen
→ wird für Ejakulation oder sexuelle Erregung verwendet. - Zunge / Kussmund / Lutscher
→ Anspielung auf Oralsex oder sexuelles Interesse. - Kamera / Fotoapparat / Augen
→ deuten auf den Austausch von intimen Bildern oder „Nudes“ hin. - Ampel grün / grüner Würfel
→ Signal für „Zustimmung“ oder „Los geht’s“ im sexuellen Kontext.
Mobbing und Bedrohung: Zwischen Ironie und Einschüchterung

Auch bei digitaler Ausgrenzung oder Cybermobbing werden Emojis gezielt eingesetzt – etwa zur passiven Drohung oder emotionalen Manipulation. Diese Symbole wirken im Gruppenkontext oft harmlos – können aber gezielt eingesetzt werden, um andere einzuschüchtern oder unter Druck zu setzen.
- Schlange
→ steht für Verrat oder eine „falsche Person“. - Augen
→ Ausdruck von Kontrolle oder Einschüchterung: „Ich sehe, was du tust.“ - ✂️ Schere / Faust
→ können als Drohung mit Gewalt oder Verletzung verstanden werden. - Totenkopf
→ bedeutet oft „Du bist erledigt“ oder „Game over“. - Basecap / Bumerang / Eiswürfel
→ stehen für Lüge, Abwertung oder Spott.
Was Eltern laut Saferinternet.at tun können
Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen, empfiehlt Saferinternet.at konkrete Schritte – ohne Kontrolle, aber mit echtem Interesse:
- Offene Gespräche über Apps, Inhalte und Symbole – ohne Bewertung
- Nachfragen: Wenn Emojis oder Begriffe unklar sind, direkt das Kind fragen
- Verhaltensänderungen ernst nehmen: z. B. Rückzug, Stimmungsschwankungen, schulische Probleme
- Apps selbst ausprobieren, um die Nutzung besser zu verstehen
- Regeln gemeinsam aufstellen – für Medienzeit und Verhalten online
- Hilfsangebote aufzeigen, z. B. Rat auf Draht (147) oder Onlineberatung
- Fortbildungen wahrnehmen, etwa über Webinare von Saferinternet.at
„Jugendliche kommunizieren anders als Erwachsene. Wer die Sprache nicht versteht, übersieht mitunter ernsthafte Probleme“, so Saferinternet.at.
Fazit: Beobachten statt verurteilen
Die meisten Emojis sind harmlos, viele Bedeutungen ändern sich je nach Trend. Dennoch gilt: Wer mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt bleibt, sie ernst nimmt und offen spricht, erkennt problematische Entwicklungen früher – ohne Angst oder Verbote, sondern mit Verständnis.
Weitere Informationen & Unterstützung
- www.saferinternet.at
- www.elternseite.at
- Rat auf Draht – anonym & kostenlos unter 147
(VOL.AT)