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Elsner bleibt trotz Zweifel an BAWAG-Urteil in U-Haft

Für Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, als einziger der neun Angeklagten im BAWAG-Prozess hinter Gittern, wird sich durch die kritische Stellungnahme der Generalprokuratur zum erstinstanzlichen BAWAG-Urteil nichts ändern.
Prozess droht zu platzen
Elsner ortet "Skandal"
Die Staatsanwaltschaft Wien sieht nach den jüngsten Entwicklungen keinen Grund, von sich aus in der Frage der U-Haft des seit fast vier Jahren wegen Fluchtgefahr einsitzenden Elsner tätig zu werden. Elsner selber hat sich heute zur Causa geäußert: Durch die Stellungnahme der Generalprokuratur werde der Prozess endgültig zum “Skandal”, meinte er: “Die Zeit der Aufklärung hat begonnen”.

Die Staatsanwaltschaft Wien will von sich aus den Haftantrag nicht zurückziehen. “Aus unserer Sicht ist noch keine Unverhältnismäßigkeit gegeben”, meinte Behördenleiterin Maria-Luise Nittel am Mittwoch auf APA-Anfrage. Elsners Verteidiger Jürgen Stephan Mertens kündigte einen weiteren Enthaftungsantrag an. In der kommenden Woche könnte der Entscheid des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) über die Verweigerung des von Elsner beantragten Hausarrests mit elektronischer Überwachung (Fußfessel) kommen.

Der heute 75-jährige Elsner befindet sich seit Februar 2007 in U-Haft. Im Juli 2008 wurde er in erster Instanz wegen Untreue, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Bilanzfälschung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt, wobei die Generalprokuratur nun das schriftliche Urteil der BAWAG-Richterin und nunmehrigen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) “zerzaust” und zahlreiche Feststellungsmängel gerügt hat. Selbst wenn der Oberste Gerichtshof (OGH) den Schuldspruch in wesentlichen Teilen bestätigen sollte, wäre den Empfehlungen der Generalprokuratur zufolge die über den Ex-BAWAG-Generaldirektor verhängte Strafe neu zu bemessen. Die in der U-Haft verbrachte Zeit hat ihm dabei zur Gänze auf das Strafausmaß angerechnet zu werden.

Die Generalprokuratur empfiehlt dem OGH zwar die Schuldsprüche über Elsner zum Vorwurf des schweren gewerbsmäßigen Betrugs (betreffend einer BAWAG-Pensionsabfindung von 6,8 Mio. Euro) und der Bilanzfälschung zu kassieren, bei der nach Ansicht der Prokuratur Verjährung vorliegen könnte. Zum Untreue-Komplex sind nach Einschätzung der Generalprokuratur aber 14 von 18 Fakten und damit eine Schadenssumme von 1,4 Mrd. Euro “wasserdicht”. Der OGH wird sich ab 22. Dezember mit Elsners Rechtsmittel auseinandersetzen.

“Die Strafe wird auf jeden Fall erheblich und stark nach unten zu reduzieren sein, da nach Ansicht der Generalprokuratur der Herrn Elsner vorgeworfene schwere Betrug wegzufallen hat und bei der Bilanzfälschung womöglich Verjährung vorliegt”, meinte Elsners Verteidiger Mertens gegenüber der APA. Er forderte daher, die Anklagebehörde möge im Hinblick auf die zu erwartende Strafminderung unverzüglich von ihrem Haftantrag zurücktreten, womit der zuständige Haftrichter Christian Böhm, der bisher Elsners Enthaftung aus gesundheitlichen Gründen kategorisch abgelehnt und diesen auch die elektronische Fußfessel verwehrt hatte, ex lege Elsners Freilassung verfügen müsste. Sonst werde er spätestens in der kommenden Woche einen weiteren Enthaftungsantrag einbringen “und damit die Staatsanwaltschaft zwingen, sich mit der längst unverhältnismäßigen Inhaftierung auseinanderzusetzen”, kündigte Mertens an.

Elsner sieht sich durch die Generalprokuratur in seiner Kritik am Verfahren bestätigt. “Die Stellungnahme der Generalprokuratur spricht für sich selbst. Damit wird der Prozess endgültig zum Skandal. Wie bekannt ist, war es immer meine Meinung, dass das Urteil so nicht halten kann. Die Zeit der Aufklärung hat begonnen”, heißt es in dem Statement, das Elsners Verteidiger nach einer Besprechung mit seinem Mandanten an die Öffentlichkeit brachte.

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